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Maskenball-Premiere an der Bayerischen Staatsoper Intrigen rund ums Kingsize-Bett

Verdis "Maskenball" als Debütantenball: Anja Harteros sang ihre erste Amelia, Johannes Erath inszenierte erstmals an der Bayerischen Staatsoper und Zubin Mehta dirigierte zum ersten Mal diese Verdi-Oper szenisch.

Szene aus "Un ballo in maschera" an der Bayerischen Staatsoper | Bildquelle: Wilfried Hösl

Bildquelle: Wilfried Hösl

Maskenball-Premiere an der Bayerischen Staatsoper

Intrigen rund ums Kingsize-Bett

Herrschen und liegen, das hat Tradition, mochten sich Regisseur Johannes Erath und seine Bühnenbildnerin Heike Scheele gedacht haben, als sie als zentrales Bühnenbildelement für Verdis "Maskenball" ein großes Bett ersonnen haben. Natürlich Kingsize, denn es liegt zwar kein König drin, wie noch in der Dramenvorlage von Eugène Scribe, aber doch immerhin der Gouverneur von Boston, zu dem die Figur bei Verdi mutiert ist.

Schon die alten Römer haben ja bei Gelagen Staatspolitik betrieben, und im Barock war das Bett des Herrschers das Zentrum der Macht in jeder Hinsicht. Also liegt auch Gouverneur Riccardo im Bett und herrscht oder versucht es zumindest, denn er ist umzingelt von Verrätern und Putschisten. Da schlägt man sich gerne mal die Decke über den Kopf.

Dekor der 20er Jahre

Zu dieser barocken Haltung allerdings passt die Sachlichkeit und Kühle der 20er Jahre-Ausstattung, in der Erath und Scheele das Drama spielen lassen, eher weniger. Immerhin: die sich bis zur Decke emporschlängelnde Freitreppe kann man auch als Abwärtsspirale für Riccardos Leben interpretieren oder als Schlinge, die sich immer enger um seinen Hals zieht. Aber dafür braucht es schon einigen guten Willen. Ansonsten bleibt es in dieser Inszenierung vornehmlich beim schönen Dekor für die noch schöneren Kostüme von Gesine Völlm, in denen Choristen und Solisten über die Bühne rauschen.

Sängeroper mit Stimmwunder

Noch mehr als eine Ausstattungsoper ist dieser Münchner "Maskenball" eine Sängeroper. Und die Bayerische Staatsoper hat dafür – wie nicht anders zu erwarten – einige großartige Sängerstars aufgeboten. Allen voran Anja Harteros als heimlich und verboten liebende Amelia, die ihren glutvollen  Sopran in kaum mehr als zwei Takten von intim zu raumfüllend wandeln kann.

Das muss sich Piotr Beczala schon mächtig ins Zeug legen, um mit diesem Stimmwunder mitzuhalten. Und er läßt auch keine Gelegenheit aus, sich von seinen Mitakteuren abwenden zu können und direkt ins Publikum zu singen.

Mit noblem Bariton in der Rolles des traditionellen Bösewichts agiert George Petean als Renato und Okka von der Damerau als stimmlich wie darstellerisch mehr verführerische denn unheimliche Hellseherin Ulrica, die gleichwohl aus der Bühnenunterwelt aufsteigen darf wie Erda bei Wagner. Am Schluss lockt sie Riccardo nach dessen Ermordung auf der Wendeltreppe in jenseitige Höhen.

Grandioser Zubin Mehta

Der Star des Abends neben Anja Harteros aber ist Zubin Mehta. Der frühere Münchner GMD begeistert mit diesem späten Maskenball-Debüt auf ganzer Linie. Nicht nur wird er der seltsamen Zwitterstellung des Werks zwischen italienischer und französischer Operntradition mit ungemein flexibler Klanglichkeit gerecht. Er weiß auch wohldosiert die Kulinarik der Musik herauszustellen und dann schlagkräftig Akzente zu setzen, wenn die Dramatik dies erfordert. Eine grandiose Leistung. Dass die musikalische Opulenz dieser Oper in umgekehrtem Verhältnis zu ihrer dramaturgisch-inhaltlichen Relevanz steht, das vermag allerdings auch Zubin Mehta nicht vergessen zu machen.

Weitere Aufführungen

Verdis „Maskenball“ steht im Münchner Nationaltheater noch am 9., 19., 23., und 28. März sowie am 1. April auf dem Spielplan.
Außerdem im Rahmen der Münchner Opernfestspiele am 27. und 30. Juli.

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