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Ballettfestwoche 2019 Sprung für Sprung ein Highlight

Die Oper hat Verschnaufpause im Nationaltheater. Das Bayerische Staatsballett startet in seinen alljährlichen Marathon, und damit in die schönste Zeit des Jahres für Ballettchef Igor Zelensky, der sich noch viel mehr Ballettabende in einem der "prächtigsten Opernhäuser der Welt" wünscht, wie er sagt. Es gibt zwar heuer keine Festspielpremiere, dafür jede Menge Spitzensolisten aus aller Welt: acht Tage und acht Abende lang also alle Ballett-Highlights der letzten Jahre.

Szenenbild aus Borderlands Choreographie an der Bayerischen Staatsoper | Bildquelle: © Wilfried Hösl

Bildquelle: © Wilfried Hösl

Sylvia Schreiber im Gespräch über die Ballettfestwoche 2019

Den Anfang zur Ballettwoche 2019 macht die Premiere dieser Saison - "Jewels" von George Balanchine: Feinnervige Neoklassik, die stellenweise in ihrem Streben nach perfekter Synchronität an die Funkenmariechen des Mainzer Karneval erinnert. Mit kostbaren, glitzernden Steinen bestickt sind die aufwändig gestalteten Kostüme.

Glitzernde Juwelen

Drei Farben stehen für die drei Teile von "Jewels" und damit auch für drei unterschiedliche Anmutungen: Romantisch, märchenhaft versinnbildlicht in Smaragdgrün, cool-lässig-zackig passt zu Rubinrot und majestätisch strahlt das Finale so blendend-grell wie Diamanten. Ein prächtiger Auftakt also, der allein in der Ausstattung daran erinnert, wo wir sind, nämlich mitten auf der edlen Konsummeile Maximilianstrasse. Wer keine Karten mehr für "Jewels" bekommen hat: StaatsoperTV überträgt den Abend live in alle Welt und damit zu allen klassischen Ballettfans.

Das Bayerische Staatsballett - zu klassisch?

Probenfoto Ballett "Spartakus", Bayerische Staatsoper München | Bildquelle: Wilfried Hösl Szene aus "Spartacus" | Bildquelle: Wilfried Hösl Immer wieder wird Compagniechef Igor Zelensky mit dem Vorwurf konfrontiert, er würde sein Ensemble gar zu klassisch aufstellen. Und tatsächlich spiegelt sich eine Übermacht des Klassischen auch in der diesjährigen Ballettwoche wieder: Zwei Klassiker des Choreografen John Cranko ("Onegin" und "Der widerspenstigen Zähmung"), ein abendfüllendes Ballett von John Neumeier ("Kameliendame") - und dazu das sowjetisch-monumental inszenierte Drama "Spartacus" von Jurij Grigorovich. Aber auch die neueren Ballette, wie beispielsweise "Anna Karenina" von Christian Spuck sind an der klassisch-akademischen Tradition orientiert.

"Macht doch bitte mal was Modernes"

"Was modernes" - das sagt sich so einfach … Eine "Modern Dance Compagnie" stellt andere Anforderungen an die Beweglichkeit als das klassische Ballett - das fängt bei einer Hüfte aus Gummi an, geht über das Streben des Körpers in Richtung Erdmittelpunkt und endet beim Einsatz von stocksteifen Armen, die so gar nicht zu den geschmeidigen Arm-und Handbewegungen des klassischen Balletts passen. "Mal eben modern" ist eben auch eine Frage der physischen Konstitution der Tänzer und deren Muskulatur, so wie ein Dressurpferd anders trainiert wird als das Pferd eines Cowboys.

Rolls Royce oder Ferrari?

Igor Zelensky ab Herbst 2016 Leiter des Bayerischen Staatsballetts | Bildquelle: picture-alliance/dpa Igor Zelensky, Chef des Bayerischen Staatsballetts | Bildquelle: picture-alliance/dpa Ballettchef Igor Zelensky zielt und zieht mit dem Bayerischen Staatsballett in Richtung Oberklasse, das Niveau ist durch die vielen jungen, super ausgebildeten Tänzer enorm gestiegen in den letzten Jahren. Damit steht das Ensemble eher da wie ein Rolls Royce Phantom: gediegen, elegant, traditionsbewusst, schnurrt auf zwölf Zylindern und zappelt nicht herum wie ein kapriziöser Ferrari 812. Und doch meistert die Compagnie eben auch drei kleine zeitgenössische Choreographien von Wayne McGregor, die rein technisch betrachtet die Tänzerkörper malträtieren: "Portrait Wayne McGregor" - heißt der Abend schlicht, eine Produktion aus dem vergangenen Jahr.

McGregor - ein tänzerischer Selfmademan

Wayne McGregor kommt vom Street Dance, hat die klassische Ballettausbildung abgebrochen, Choreografie und Semiotik studiert. Er ist umjubelter "Choreograph in residence" beim Royal Ballett in London. Und auch in München liegen ihm die Tänzer zu Füßen. Igor Zelensky hat den Engländer bewundert, als er selbst noch aktiv getanzt hat:

McGregor hat eine unglaubliche Energie. Alle hören ihm begeistert zu. Mit seiner speziellen Psychologie bringt er die Tänzer dazu, Bewegungen umzusetzen, die erst mal unmöglich erscheinen. Er ist wie eine Art Guru.
Ballettchef Igor Zelensky

Allein das "ach-so-nörglerisch-veranlagte" Münchner Ballettpublikum scheint offensichtlich doch noch nicht reif zu sein für die lautstark eingeforderte Moderne im Ballett. Zwischen all den mehr oder weniger ausverkauften Veranstaltungen der Festwoche sticht das zeitgenössische "Portrait Wayne McGregor" heraus, weil es genau dafür noch Karten gibt.

Ballettfestwoche 2019

Die Ballettfestwoche 2019 geht vom 11. bis 19. April. Alle Informationen zu Vorstellungen und Tickets finden Sie auf der Website der Bayerischen Staatsoper.

Sendung: "Leporello" am 2610. April 2019 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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