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Zum Tod von Jazz- und Schlagersänger Bill Ramsey "Pigalle", "Mimi" und die Kunst des schmirgelnden Swingens

Er sang Schlager, die weniger glatt waren als die meisten. Und er sang Jazz mit rauer Herzlichkeit und Sinn für Timing und Swing. Der aus den USA stammende deutsche Fernsehstar, Sänger, Radiomoderator und Schauspieler Bill Ramsey ist im Alter von 90 Jahren in Hamburg gestorben.

Bill Ramsey | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Er gehörte zur Unterhaltungswelt aller, die in den 1960-er und -70er Jahren mit dem Deutschen Fernsehen – im Westen – aufwuchsen: ein kernig-rundlicher Mann mit markanten Augenbrauen, rauer Stimme und einem unverkennbaren amerikanischen Akzent. Er sprach äußerst unterhaltsam, und sang sehr kuriose Lieder. Die handelten etwa von der "Zuckerpuppe von der Bauchtanzgruppe" – was heute wohl nicht mehr so ganz politisch korrekt wäre –, von einer "großen Mausefalle" namens "Pigalle" in Paris oder von einer gewissen Mimi, die "ohne Krimi nie ins Bett" ging.

Bill Ramsey – ein Amerikaner im deutschen Sprachpelz

Dieser Amerikaner im deutschen Sprachpelz, der 1984 deutscher Staatsbürger wurde, hatte was: Er klang etwas weniger seifig als andere Schlagersänger, gerade durch den schmirgelnden Unterton seiner Stimme, und er hatte beim Singen eine federnd-rhythmische Qualität, die sonst selten war: Er swingte nämlich. Wer damals nicht viel über Jazz wusste, konnte das vielleicht nicht richtig einordnen – aber es war eine Qualität, die den Liedern etwas Schmissig-Vorwärtstreibendes gab. Bill Ramsey stammte wirklich aus den USA, geboren 1931 in Cincinnati, Ohio, und er kam wirklich vom Jazz.

Liebe, Tanz und tausend Schlager

Bill Ramsey und Stefan Gwildis bei einem Benefizkonzert für die Flutopfer auf der Open-Air-Bühne des Spielbudenplatzes in Hamburg 2013  | Bildquelle: picture alliance/Jazz Archiv/Michi Reimers Bill Ramsey und der Gitarrist Stefan Gwildis bei einem Benefizkonzert 2013 für die Flutopfer in Hamburg | Bildquelle: picture alliance/Jazz Archiv/Michi Reimers

William "Bill" McCreery Ramsey kam in den frühen 1950-er Jahren als amerikanischer Soldat nach Deutschland, sang – wie vorher in Studienzeiten an der Yale-Universität – nebenbei gern in Jazzclubs und später auch bei Festivals. 1955 lief er dem Musikproduzenten Heinz Gietz über den Weg, der ihn für Playback-Aufnahmen zu einem Film mit Caterina Valente und Peter Alexander buchte. Der Film hieß "Liebe, Tanz und 1.000 Schlager". Nicht tausend Schlager, aber zumindest einige Dutzend sang er später unter den Fittichen desselben Musikproduzenten – und Ramsey spielte in rund 30 Filmen mit. Die trugen Titel wie "Unsere tollen Tanten", "Heute gehen wir bummeln" oder auch "Sing, aber spiel nicht mit mir".

Preisgekröntes Jazz-Duo

Ramsey, auch Radio- und Fernsehmoderator (unter anderem bei der Sendung "Talentschuppen"), kam aber mit den Jahren wieder auf den Jazz zurück. Ein Album im Duo mit dem Gitarristen Juraj Galan von 1980, "Live Im Mainzer Unterhaus", erhielt sogar den Preis der deutschen Schallplattenkritik. Immer wieder tourte Ramsey in den letzten Jahrzehnten als Jazzsänger durch Clubs, veröffentlichte Alben mit Jazzsongs und zeigte da, dass seine markante Stimme mit dem gut eingesetzten Reibeisen-Swing sich gerade mit Klassikern aus dem Jazzrepertoire gut machte. Songs wie "Georgia On My Mind" und "Stormy Monday" lagen dem bluesig phrasierenden Lust-Sänger mit dem Schmirgel-Timbre besonders gut. Aber auch das Gespür für feine Linien hatte Ramsey – wie etwa auf dem Album "Here's to life" mit Aufnahmen aus dem Jahr 2005 zusammen mit der Bigband des Hessischen Rundfunks unter der Leitung von Jörg Achim Keller.

Ein Entertainer, der viele mitriss

Was Ramsey allerdings weniger gut beherrschte, war Scat-Gesang, die Kunst des freischwebenden Tanzes von Silben. Ramseys Einlagen in dieser besonderen Jazzkunst wirkten manchmal leicht verwaschen, da der Sänger dabei mit seiner Gesangstechnik, nicht zuletzt bei der Genauigkeit der Intonation, an seine Grenzen stieß, was ihm in einer Kritik des sehr strengen Baldur Bockhoff in der Süddeutschen Zeitung von 1986 die Anmerkung einbrachte, er klinge in einem solchen Kontext "eher dilettantisch". Das traf allerdings nicht zu, so merkte auch Bockhoff an, wenn Ramsey "September Song", "Georgia" oder "As Time Goes By" sang. Das lag diesem Musiker und Unterhaltungskünstler. Da war er in seinem Element und riss viele mit.

Sendung: "Leporello" am 5. Juli 2021 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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