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Interview mit Chin-Chao Lin "Regensburg wird meine musikalische Heimatstadt"

Der neue Generalmusikdirektor Chin-Chao Lin trat mit Beginn der Spielzeit 2018/19 sein Amt am Regensburger Theater an. Zum Auftakt gab es die Wiederaufnahme von Mozarts "Don Giovanni", eine seiner Lieblingsopern. Mit diesem Einstand wurde er warmherzig vom Publikum aufgenommen.

Chin-Chao Lin | Bildquelle: Sebastian Stolz

Bildquelle: Sebastian Stolz

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BR-KLASSIK: Sie haben im September schon die Wiederaufnahme von „Don Giovanni“ dirigiert. Heißt das, dass die Produktion schon steht? War das für Sie eine bewusste Wahl, um vielleicht leichter einzusteigen?

Chin-Chao Lin: Naja, wissen Sie, ich habe die Stelle erst ganz spät, im Mai zum Ende der letzten Spielzeit bekommen. Da ist die neue Spielzeit eigentlich festgelegt. Und da war die Frage, mit was ich die neue Spielzeit beginnen könnte. Dann habe ich gesehen, dass die Wiederaufnahme von "Don Giovanni" auf dem Programm steht. Ich dachte, damit möchte ich unbedingt anfangen, weil sie eine meiner Lieblingsopern und ein wunderbares Stück von Mozart ist. 

BR-KLASSIK: Haben Sie sie schon häufiger dirigiert, so dass sie mit dem Werk vertraut sind?

Chin-Chao Lin: Dirigiert nicht. Aber ich habe früher bei meinem alten Professor in Österreich korrepetiert. Wir waren auch gemeinsam auf Tour durch ganz Holland, wo ich als Korrepetitor dabei war. Und am Cembalo habe ich bei den Aufführungen die Rezitative gespielt.

Von allen Lehrern kann man etwas mitnehmen oder sich inspirieren lassen.
Chin-Chao Lin

BR-KLASSIK: Sie haben ja mit vielen wichtigen Lehrern gearbeitet, haben viele Meisterkurse besucht: bei Pierre Boulez, bei Kurt Masur oder Bernard Haitink. Gibt es für Sie einen prägenden Lehrer?

Chin-Chao Lin: Jein. Von allen Lehrern kann man etwas mitnehmen oder sich inspirieren lassen. Einer sagt, das sollte man so machen, der andere sagt genau das Gegenteil. Man sollte als junger Dirigent alles mitnehmen. Und dann kann man es später je nach Situation verwenden.

Vom Korrepetitor zum Dirigenten

BR-KLASSIK: Gab es einen bestimmten Auslöser dafür, wie Sie zum Dirigieren gekommen sind?

Chin-Chao Lin: Ich habe mit Geige und Klavier angefangen. Und wenn ich zum Beispiel ein Geigen-Solokonzert gespielt habe, hat mich immer interessiert, was das Orchester, was die einzelnen Stimmen spielen und welche Begleitfiguren es gibt. Und so begann ich, meine Leidenschaft fürs Dirigieren zu finden.

BR-KLASSIK: Und Sie haben dann in Graz und in Zürich Dirigieren studiert. Aber wo haben Sie so hervorragend Deutsch gelernt?

Chin-Chao Lin: Naja, hervorragend ist es nicht, es könnte besser sein. Aber ich glaube, die Sprache ist einfach wichtig für meinen Beruf als Dirigent. Und ich glaube, man muss mit Leuten kommunizieren können. Natürlich sollte man mit weniger Worten viel Musik machen. Doch meine ich, die Sprache ist wichtig, wenn man mit Menschen sprechen und in Proben kommunizieren muss. Ich spreche nicht perfekt, aber ich spreche gerne.

Ich versuche einfach authentisch zu bleiben.
Chin-Chao Lin

BR-KLASSIK: Sie waren in Meiningen am Staatstheater stellvertretender Generalmusikdirektor. Aber jetzt in Regensburg sind Sie Generalmusikdirektor, zum ersten Mal in dieser Position. Was ist da die wichtigste Aufgabe?

Chin-Chao Lin: Ich weiß es nicht, das werden wir sehen. Ich versuche, einfach authentisch zu bleiben - das ist wichtig, auch in unserem Beruf - und ich bin sehr ehrgeizig, arbeite sehr viel und sehr gerne. Ich habe auch kein Problem damit, meine Schwächen oder Fehler zu erkennen, daran zu arbeiten und mich zu verbessern.

Mehr Symphoniekonzerte mit dem Philharmonische Orchester Regensburg

BR-KLASSIK: Wie sehen Sie denn das Profil für Regensburg? Was haben Sie für eine Vorstellung, was sie dort in den nächsten Jahren machen wollen?

Chin-Chao Lin: Das Theater hat ein Orchester, die Regensburger Philharmonie. Und wenn man über das Theater spricht, heißt es, das Theater sei super und es habe ein tolles Orchester. Ich möchte gerne in Zukunft auch viel symphonisches Repertoire einbringen, damit das Orchester auch mal alleine spielt. Ich sage das nicht, um damit berühmt zu werden. Es soll auch mal anerkannt werden, so dass man sagen kann: "Oh, das Philharmonische Orchester Regensburg ist auch sehr gut."

BR-KLASSIK: Da passt es dann ja ganz hervorragend, dass Ihr "richtiger" Antritt dann mit dem ersten Symphoniekonzert am Montag stattfindet. Und sie haben dann ein Programm gewählt mit der "Semiramide"-Ouvertüre von Gioachino Rossini, dann ein Divertimento von Nino Rota und Symphonie Nr. 4 von Ludwig van Beethoven. Gibt es einen Grund, warum Sie dieses Programm gewählt haben?

Chin-Chao Lin: Ich habe dieses Programm zwar nicht selbst ausgewählt, aber es passt sehr gut zu mir. Es ist sehr heiter, sehr spritzig und sehr freundlich. Wir sind jetzt schon fleißig am Proben und haben jede Menge Spaß dabei.

BR-KLASSIK: Das Publikum haben Sie ja schon kennengelernt. Welchen Eindruck hatten Sie denn jetzt von dem Regensburger Publikum?

Chin-Chao Lin: Wir hatten letzte Woche eine Herbstgala und das Publikum war toll. Die haben mich sofort warmherzig aufgenommen, und ich fühle mich wirklich sehr wohl. Und ich könnte mir wirklich sehr gut vorstellen, dass Regensburg meine musikalische Heimatstadt werden kann.

Mehr Infos zum Theater Regensburg

Sendung: "Leporello" am 4. Oktober 2018 ab 16:05 auf BR-KLASSIK

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