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Fado-Doku beim DOK.fest München 2021 "Silêncio – Vozes de Lisboa"

Wie schon im vergangenen Jahr geht das DOK.fest München auch 2021 als reines Online-Festival über die Bühne. Einer der insgesamt 131 Dokumentarfilme widmet sich heuer dem Fado, der melancholisch-sehnsuchtsvollen Musik, die in Portugals Hauptstadt Lissabon zuhause ist.

Szene aus dem Dokumentarfilm "Silêncio – Voices of Lisbon" | Bildquelle: DOK.fest Munich

Bildquelle: DOK.fest Munich

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"Lissabon, du Stadt des Fado, der unsere Vergangenheit und unsere Zukunft ist" – das singt ein Straßenmusiker im Film, quasi als musikalisches Credo von Portugals Hauptstadt. Eines der ältesten und traditionsreichsten Viertel dieser Stadt ist Alfama. Doch so stark auch das Erbe des Fado in den Straßen von Alfama weiterlebt, so sehr wird dieser Stadtteil von der Gentrifizierung heimgesucht. Genau davon handelt "Silêncio – Voices of Lisbon" (Originaltitel "Silêncio – Vozes de Lisboa"), ein Film von Judit Kalmár und Céline Coste Carlisle: In ihrer Dokumentation begleiten die beiden Filmemacherinnen zwei Fado-Sängerinnen durch das historische Viertel.

Von Alfama in die Vorstadt

Eine von ihnen ist die 80-jährige Sängerin Ivone Diaz. Sie ist in Alfama geboren und mit dem Fado aufgewachsen. Inzwischen lebt sie in einer Vorstadt, weil sie sich die teure Miete in Alfama nicht mehr leisten kann. Die Kamera begleitet sie durch die Gassen an Orte ihrer Vergangenheit. Zwischendrin wird der Blick frei aufs Meer und auf riesige Kreuzfahrtschiffe, die für den Tourismus in Lissabon sorgen. Halb so alt wie Ivone Diaz ist die zweite Protagonistin des Films: Marta Miranda. Auch für sie stehen die Zeichen schlecht. Denn ihr Lokal "Tasca Beat", in dem sie mit ihrem Trio regelmäßige Fado-Abende gibt, soll dichtgemacht werden.

Informationen

Das DOK.fest München findet vom 5. bis 23. Mai 2021 als Online-Filmfestival statt. Den kompletten Spielplan sowie alle Informationen zu den Filmen und Tickets finden Sie auf der Website des Dokumentarfilmfestivals.

Kleinkunst und Massenattraktion

Der Fado, einst als melancholisch-poetische Kleinkunst in den Musikbars von Lissabon entstanden, ist durch Stars wie Misia oder Mariza zu einer Massenattraktion geworden. Die Dokumentation der Regisseurinnen Judit Kalmár und Céline Coste Carlisle zeigt, wie sich Alfama über die Jahre mehr und mehr verändert hat. Hinter zahlreichen Türen befinden sich mittlerweile Touristen-Appartements, zu erkennen an den kleinen Kästen für die Eingabe der anonymen Zugangscodes. Auf dem weiteren Weg durch das Viertel begegnen einem aber auch Alteingesessene, die erzählen, wie sie es bislang geschafft haben, ihre Wohnung zu behalten.

Point of no Return

Viele Bewohnerinnen und Bewohner von Portugals Hauptstadt befürchten, dass es aus dieser Misere inzwischen kaum mehr ein Zurück gibt. Interessant wären dabei aber auch die Meinungen von Verantwortlichen aus der Stadtverwaltung und eine Erklärung, warum gegen den Ausverkauf von Alfama nichts unternommen wurde. Doch diese Gegenseite bleibt der Film schuldig. Trotzdem ist "Silêncio – Voices of Lisbon" eine beeindruckende Dokumentation über den Fado. Den alten Straßen und Etablissements dieser einzigartigen Kultur möchte man zusammen mit den Sängerinnen Yvone Diaz und Marta Miranda eine bessere Zukunft wünschen.

Sendung: "Allegro" am 5. Mai 2021 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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