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Türkei attackiert Kunstfreiheit Dresdner Sinfoniker wollen an Konzertprojekt festhalten

Zum Gedenken an den vor 100 Jahren stattgefundenen Völkermord an den Armeniern haben die Dresdner Sinfoniker das Konzertprojekt "Aghet" ins Leben gerufen. Dagegen hat die Türkei nun auf hoher EU-Ebene interveniert.

Intendant der Dresdner Sinfoniker Markus Rindt | Bildquelle: Arno Burgi/dpa

Bildquelle: Arno Burgi/dpa

Markus Rindt, der Intendant der Dresdner Sinfoniker, erklärte am 23. April, der EU-Botschafter der Türkei habe von der Europäischen Union verlangt, dass sie die finanzielle Förderung des Projekts einstelle. Er glaube aber nicht, dass das Projekt in Gefahr sei, sagte Rindt. Die Exekutivagentur für Bildung, Audiovisuelles und Kultur bei der EU-Kommission unterstütze das Projekt, heißt es in den "Dresdner Neuesten Nachrichten". Allerdings habe sie Informationen darüber auf ihrer Internetseite gelöscht.

Nach Austausch bestimmter Formulierungen, die Anstoß erregen könnten, würden diese Informationen wieder zugänglich gemacht, versprach die Agentur. Für Rindt ist der Vorfall jedoch ein Zeichen dafür, dass die türkische Regierung selbst in Europa nicht vor Eingriffen in die Meinungsfreiheit zurückschrecke. Daher sei die von der Kommission vorgenommene Entschärfung nicht hinnehmbar: "Wir können nicht drum herumreden, dass es um Völkermord geht."

Man muss beim Namen nennen, was es war.
Markus Rindt

Das Konzertprojekt "Aghet" - das Wort kommt aus dem Armenischen und bedeutet soviel wie "Katastrophe" - wurde von dem deutsch-türkischen Gitarristen Marc Sinan ins Leben gerufen. "Aghet" hatte im November 2015 in Berlin Premiere. Die Dresdner Sinfoniker werden für das Projekt durch Musiker aus der Türkei, Armenien und dem früheren Jugoslawien verstärkt. Geplant sind zwei Aufführungen Ende April in Dresden; anschließend sollen Gastspiele in Belgrad, Jerewan und auch Istanbul stattfinden. Gerade letzteres Konzert sei ein wichtiges Symbol für gemeinsame Vergangenheitsbewältigung, sagte Rindt. Ziel des Projekts sei nicht Provokation, sondern Versöhnung: "Schade, dass sie das nicht verstanden haben".

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