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Maurice Duruflés Requiem Gregorianisch-modernes "Wiegenlied des Todes"

Maurice Duruflés Requiem könnte man wegen seiner Sanftheit als "Wiegenlied des Todes" bezeichnen. Das halbstündige Werk spannt einen Bogen vom Gregorianischen Choral zum 20. Jahrhundert – allein das macht es schon hörenswert. Entstanden ist das Requiem im Jahr 1947. Maurice Duruflé, perfektionistisch veranlagt, befand es für nicht gut genug. Doch der Organist und Improvisator Marcel Dupré ermunterte ihn, es zu veröffentlichen.

Maurice Duruflé | Bildquelle: Wikimedia Commons

Bildquelle: Wikimedia Commons

Keine Dramatik des "Dies Irae": Maurice Duruflé schlägt einen lebensbejahenden, tröstend-kontemplativen Grundton an. Sein Requiem endet mit dem ätherisch anmutenden Satz "in paradisum". Damit drückt er die urchristliche Hoffnung auf ein Weiterleben nach dem Tod und die Ewigkeit des Paradieses aus.

Der Komponist ist ebenso vertraut mit der Tradition des Gregorianischen Chorals und der Kunst der sogenannten "alten Meister" wie mit den Entwicklungen des 20. Jahrhunderts. Das "Kyrie" zum Beispiel ist wie bei Johann Sebastian Bach als raffinierte Doppelfuge angelegt. Wie in Bachs großen Passionen gibt es einen "Gänsehaut"-Effekt, wenn in den Chorgesang hinein plötzlich Trompeten und Posaunen das gregorianische "Kyrie" in langen Notenwerten intonieren.

Die Requiems: Schwesterwerke von Fauré und Duruflé

Der Komponist Gabriel Fauré, Gemälde | Bildquelle: picture alliance/Heritage Images Gabriel Fauré (1845-1924) | Bildquelle: picture alliance/Heritage Images Heute wird dieses gut halbstündige "Requiem" oft in einem Atemzug mit Gabriel Faurés rund 60 Jahre früher entstandenem "Requiem" op. 48 genannt. Beide Werke finden sich gemeinsam auf vielen CD-Einspielungen. Duruflés Werk ist von seiner Tonsprache her das modernere, aber beide gelten aus gutem Grund als "Schwesterwerke". Maurice Duruflé war ein großer Bewunderer von Faurés "Requiem": Bei einer von dessen frühesten Schallplattenaufnahmen spielte er den Orgelpart. Die Orgel ist – wie auch bei Fauré – das zentrale Instrument, von dem aus beide Komponisten ihre Komposition entwickelten.

Musik wie nicht von dieser Welt

Von beiden Werken gibt es je drei Fassungen, davon eine mit Orgel anstelle des Orchesters. Außerdem ist bei beiden ein innig-zartes "Pie Jesu" im Zentrum der Komposition zu hören: eine Musik wie nicht von dieser Welt. Anders allerdings als Fauré schöpft Duruflé thematisch - wie so oft in seinen Kompositionen – aus Quellen des Gregorianischen Chorals.

"Das (...) Requiem basiert gänzlich auf Themen der gregorianischen Totenmesse. Manchmal ist der Notentext vollständig übernommen, der Orchesterpart dient dann nur zu seiner Unterstützung und Kommentierung; ein anderes Mal habe ich mich lediglich inspirieren lassen oder mich völlig entfernt, besonders beim 'Domine Jesu Christe', beim 'Sanctus' und 'Libera me'." Maurice Duruflé

Herausragende Interpretationen

Zu den herausragenden Interpretationen in Matthias Kellers Hörvergleich zählen die Einspielung von Myung-Whun Chung mit einer überirdisch sinnlichen Cecilia Bartoli im "Pie Jesu" (Deutsche Grammophon), die Orgelfassung mit Peter Dijkstra und seinem Ensemble "The Gents" (Channel Classics) und die live entstandene Aufnahme mit dem BR-Chor und dem Münchner Rundfunkorchester unter Leitung von Ivan Ivan Repušić (BR-KLASSIK).

Sendung: "Interpretationen im Vergleich" am 27. April 2021 ab 20:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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