BR-KLASSIK

Inhalt

Zum Tode des Jazzpianisten Ellis Marsalis Papa Jazz

Ellis Marsalis gilt als einer der bedeutendsten Jazzvermittler und Pädagogen unserer Zeit. Und nicht zuletzt war er ein großartiger Pianist. Am 1. April ist Marsalis ein weiteres Opfer des Corona-Virus geworden. Er starb im Alter von 85 Jahren an einer Lungenentzündung.

Der Jazzpianist Ellis Marsalis | Bildquelle: Wikimedia Commons

Bildquelle: Wikimedia Commons

Zum Anhören

Gespräch mit Ulrich Habersetzer zum Tod von Ellis Marsalis

"Wellen der Traurigkeit" überschwemmen diese Tage, so beschrieb es der Jazzpianist Aaron Parks auf seiner Facebook-Seite. Die Nachrichten über verstorbene Jazzer reißen nicht ab, und im Grunde kommen täglich neue dazu. Ellis Marsalis reiht sich in diese niederschmetternde Liste ein, neben Trompeter Wallace Roney, Saxophonist Manu Diubango, Pianist Mike Longo und anderen.

Wahrhaftige Liebe zur Musik

Ellis Louis Marsalis Jr. wurde am 14. November 1934 in New Orleans geboren und fühlte sich zeitlebens der Musik und der Tradition seiner Heimatstadt verbunden. Er lernte zunächst Klarinette, studierte dann klassisches Klavier. In den 50er und 60er Jahren arbeitete er mit unterschiedlichen Jazzern wie Saxophonist Cannonball Adderley und dessen Bruder, dem Kornettisten Nat Adderley, sowie Schlagzeuger Ed Blackwell und anderen. Allerdings war es keine sehr erfolgreiche Zeit für ihn. Es gibt Berichte, dass die Marsalis-Familie damals sehr arm gewesen sein soll. Aber Ellis verlor nie die Liebe zur Musik. Wynton Marsalis beschreibt seinen Vater Ellis so: "Es war beeindruckend für mich, seine Hingabe zur Musik in diesen vielen Zeiten zu sehen, in denen er wenige Auftritte hatte. Auch als er überhaupt keine Arbeit hatte und kein Geld durch Musik verdiente, hatte er so eine wahrhaftige Liebe zur Musik."

YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.

Ellis Marsalis at the New Orleans Jazz & Heritage Center | Bildquelle: wwozneworleans (via YouTube)

Ellis Marsalis at the New Orleans Jazz & Heritage Center

Bindeglied zwischen Tradition und Freiheit

In den 70er Jahren fokussierte sich Ellis Marsalis aufs Unterrichten und er lehrte am New Orleans Center for Creative Arts. Er ermunterte seine Studenten, immer Neues zu entdecken auf der Basis der Jazztradition. Für viele war er Bindeglied zwischen dem traditionellen New Orleans Jazz und einer neuen, auch freien Wahrnehmung dieser Musik. Seine Lehrtätigkeit weitete sich aus und er unterrichtete auch an der University of New Orleans und an der Xavier University of Louisiana.

Ein strenger Lehrer

Der Jazzpianist Ellis Marsalis beim New Orleans Jazz and Heritage Festival im April 2019 | Bildquelle: picture alliance/AP/Invision Ellis Marsalis beim New Orleans Jazz and Heritage Festival im April 2019 | Bildquelle: picture alliance/AP/Invision Zu seinen Schülern gehörten unzählige Jazzmusiker, von den viele Karriere machten, Trompeter Terrance Blanchard, Saxophonist Donald Harrison oder der Star-Entertainer Harry Connick junior. In einer Bühnenansage bei einem Konzert mit der Marsalis Family beschrieb Connick, wie er jedes Mal zum Unterricht ins Haus Marsalis kam. Ellis Marsalis selbst war ein strenger Lehrer, und eigentlich nur Mutter Dolores begrüßte ihn immer freundlich. Natürlich war da ein Augenzwinkern dabei, denn seine Ansage beendete er mit den Worten: "Jeder, der Ellis Marsalis kennt, weiß, es gibt keinen großartigeren Jazzpädagogen und Jazzpianisten auf der Welt."

Ein Haus für Musik – benannt nach Ellis Marsalis

Diese Ansage machte Harry Connick junior beim Konzert der Marsalis Family am 15. Juni 2009 im "John F. Kennedy Center for Performing Arts" in Washington. Dort wurde auch die Gründung des "Ellis Marsalis Center for Music" bekannt geben. Nachdem der Hurrikan Katrina 2005 große Teile von New Orleans und besonders der Bereiche, in denen Jazzclubs und Musikschulen angesiedelt waren, zerstört hatte, beschloss die Marsalis-Familie, zusammen mit Freunden ein Musikzentrum zu bauen. Ein Ort sollte entstehen, an dem Kinder und Jugendliche Musik lernen und erleben können, mit Unterrichtsräumen, Konzertbühnen und Aufnahmestudios. 2011 öffnete das "Ellis Marsalis Center for Music" seine Tore und ist seither ein lebendiger und prägender Ort für Musik in New Orleans.

Wynton Marsalis spielt mit seinem Vater Ellis

YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.

Ellis Marsalis & Wynton Marsalis / Mozartin (1990) | Bildquelle: paris0820 (via YouTube)

Ellis Marsalis & Wynton Marsalis / Mozartin (1990)

Erfolgreiche Söhne

Der Jazzsaxophonist Branford Marsalis | Bildquelle: © Isabel Schiffler / picture alliance Der Saxophonist Branford Marsalis | Bildquelle: © Isabel Schiffler / picture alliance Ellis Marsalis hatte sechs Söhne – und vier davon wurden Jazzmusiker! Den Lärm im Hause Marsalis kann man sich vorstellen; Marsalis' Ehefrau Dolores muss eine Engelsgeduld besessen haben. Jedenfalls erlebte Ellis‘ Karriere als Pianist durch seine musizierenden Söhne einen Aufschwung, und er wurde international bekannt. In den 80er Jahren ging es für Trompeter Wynton und Saxophonist Branford Marsalis steil bergauf. Beide hatten bei Schlagzeuger Art Blakey in dessen Langzeit-Talentschmiede "Jazz Messengers" gespielt und sorgten danach zunächst im gemeinsamen Quintett für Aufssehen, wurden dann aber jeder für sich Bandleader. Beide und auch die Brüder Jason, der Schlagzeuger, und Delfeayo, der Posaunist, nahmen auch zusammen mit ihrem Vater auf. Wynton schrieb zum Zusammenspiel mit seinem Vater aber im Booklettext des Albums "Standardtime Vol. 3 – The Resolution of Romance": "Ich wollte immer ein Album mit ihm machen, aber ich fühlte mich nie gut genug vorbereitet, da ich nicht gut genug über Akkordverbindungen improvisieren konnte und mein Sound nicht gut genug war, um meinem Vater die Art der Würdigung zukommen zu lassen, die ich wollte."

Er prägte den Jazz

Der große Jazzvermittler und Pianist Ellis Marsalis hat mit seinen eleganten, hintersinnigen und trotzdem selbstbewussten Tönen den Jazz auf immer geprägt und dieses Wissen großzügig weitergegeben. Die Jazzwelt wird ihn vermissen.

Sendung: "Leporello" am 2. April 2020 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

    AV-Player