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Zum Tod von Saxophonist Jimmy Heath und Trompeter Claudio Roditi Geschmeidige Riesen

Manchmal treffen traurige Ereignisse aufeinander. Am vergangenen Wochenende verlor die internationale Jazzfamilie gleich zwei großartige Akteure: Saxophonist Jimmy Heath und Trompeter Claudio Roditi.

Trompeter Claudio Roditi | Bildquelle: Bayerisches Jazzinstitut

Bildquelle: Bayerisches Jazzinstitut

Beide waren sie bedeutende Figuren des Jazz. Beide wurden sie unter Musikerinnen und Musikern höchst geschätzt, ein Starruhm blieb ihnen aber verwehrt.

Jimmy Heath und Claudio Roditi waren Musiker mit einem ganz weiten Horizont, die aber immer stilsicher und geschmackvoll ihre Töne wählten. Ihr Einfluss als Lehrer und Mentoren ist immens, das sieht man an den Reaktionen in den Sozialen Medien in diesen Tagen. Der US-Kontrabassist Christian McBride schrieb auf Facebook:
„Zwei der hellsten Lichter in unserer Jazzwelt haben uns verlassen, Mr. Jimmy Heath und Mr. Claudio Roditi. Ich kann keine Worte finden, um auszudrücken, was die beiden für uns alle bedeutet haben. Danke, dass Ihr die Welt mit Eurer Musik und Energie gesegnet habt.“

Ein bescheidender Gigant

Saxophonist Jimmy Heath | Bildquelle: picture-alliance/dpa Saxophonist Jimmy Heath | Bildquelle: picture-alliance/dpa Jimmy Heath kam am 25. Oktober 1926 in Philadelphia zur Welt, im selben Jahr wie Saxophonist John Coltrane und Trompeter Miles Davis. Schon in den 40er Jahren war James Edward Heath als Altsaxophonist in der Szene seiner Heimatstadt Philadelphia aktiv. Er wechselte aufs Tenorsaxophon und ging 1948 mit seinem älteren Bruder Percy Heath, dem späteren Bassisten des Modern Jazz Quartets, auf Europa-Tournee. Später wurde der Saxophonist Mitglied in der Bigband des Trompeters Dizzy Gillespie.

Jimmy Heath war immer am Jazzgeschehen dran, sein ungemein geschmackvolles, stets swingendes Spiel machten ihn zu einer festen Größe. Groß ist dabei ein Wort, dass sich bei Jimmy Heath nicht auf seine Körpergröße bezieht - er maß nur 1,60 Meter -, aber durchaus auf seinen Einfluss. Im Jahr 2010 erschien Heath’s Autobiographie mit dem vielsagenden Titel „I walked with giants“. Er bezeichnete sich darin als Weggefährte der Riesen, aber er gehörte unzweifelhaft auch zu diesen Giganten des Jazz.

Am 19. Januar 2020 starb der Saxophonist und Komponist Jimmy Heath in Loganville, Georgia. Heath wurde 93 Jahre alt.

Bereits am 17. Januar 2020 verstarb der brasilianische Trompeter Claudio Roditi nach langer schwerer Krankheit im Alter von 73 Jahren.
Am 28. Mai 1946 wurde er in Rio De Janeiro geboren. Sein Vater Alberto gab ihm die erste Trompete, die Claudio aber in Rage kaputt machte, weil er sich ärgerte, dass er nicht spielen konnte. Am nächsten Tag schon soll ihm sein Vater eine neue gegeben haben und mit ihm in Konzerte der Jazzstars gegangen sein, die in den späten fünfziger Jahren in Brasilien zu hören waren, etwa Cab Calloway mit seiner Band. All das schrieb Claudio Roditis Frau Kristen Park in einem sehr bewegenden Nachruf, den sie kurz nach dem Tod des Trompeters veröffentlichte.

Genzenlos begesitert für Musik

Im Jahr 1966 nahm Roditi bei einem Jazzwettbewerb in Wien teil, organisiert von Pianist Friedrich Gulda. In diesem legendären Jahrgang belegte Franco Ambrosetti den 1. Platz, Randy Brecker den 2. Platz und Claudio Roditi den 3. Platz. Das sorgte für eine gewisse internationale Bekanntheit. 1970 kam der Trompeter in die USA und studierte am Berklee College in Boston. 1976 ging er nach New York, spielte lange Jahre mit Saxophonist Paquito D’Rivera und war auch Mitglied des legendären „United Nation Orchestra“ von Dizzy Gillespie. Seit 1987 arbeitete Roditi intensiv mit dem deutschen Pianisten Klaus Ignatzek zusammen.

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Zoomin' (Claudio Roditi)

Claudio Roditi hatte aber auch einen ganz starken Bezug zu Bayern, genauer gesagt zu Unterbiberg im Münchner Südosten. Dort lebt Franz Joseph Himpsl, Kopf der Unterbiberger Hofmusik, die seit ziemlich genau 25 Jahren Bayerische Volksmusik mit Jazz und allen möglichen anderen Klängen dieser Welt mischen.

Ein Brasilianer wird Bayer

Himpsl nahm Anfang der neunziger Jahre an einem Workshop mit Claudio Roditi teil. Als der brasilianische Trompeter erfuhr, dass Himpsl Bayerische Volksmusik spielte, war er gleich interessiert. Roditi kam in den Münchner Süden und stieg an einem Sonntagmorgen beim Weißwurstfrühstück bei der Volksmusikgruppe im Wirtshaus mit ein und seither war der Kontakt da. Es wurde eine tiefe Freundschaft daraus und gemeinsam legten Himpsl und Roditi mit dem Album „Bajazzo“ im Jahr 1995 einen Grundstein für die neue bayerische Volksmusik.
Etliche Musikerinnen und Musiker in Bayern wurden durch Claudio Roditi beeinflusst. Er war oft im Münchner Raum zu Gast und hatte keine Berührungsängste und überhaupt keine Überheblichkeit. Claudio Roditi war ein bescheidener, ungemein freundlicher und großzügiger Musiker, der es liebte, seine Musik zu teilen. Einer, der fehlen wird. Seine Frau Kristen Park schreibt in ihrem Nachruf:
„Wie sollen wir also ohne ich zurechtkommen? Ich finde einhundert Prozent von Claudio Roditi stecken in jedem seiner Musikstücke. Legen Sie eine CD auf, lehnen Sie sich zurück und hören Sie zu – Er ist da, sein schöner Geist ist direkt hier, und ganz sicher werden Sie lächeln.“

Radio-Tipp:

Jazztime auf BR-KLASSIK am 21. Januar 2020, ab 23.05 Uhr
Geschmeidige Riesen
Zum Tod der beiden prägenden Jazzmusiker Saxophonist Jimmy Heath und Trompeter Claudio Roditi Moderation und Auswahl: Ulrich Habersetzer

radioJazznacht auf Bayern 2 am 23. Feburar 2020, ab 0.05 Uhr
u.a. Erinnerungen an Saxophonlegende Jimmy Heath
Moderation und Auswahl: Marcus A. Woelfle

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