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Zum Tod des Toningenieurs Jan Erik Kongshaug Der Klangmaler

Mehr als 4000 Alben hat Jan Erik Kongshaug aufgenommen, davon rund 700 für das Label ECM. Der Toningenieur hat die Klangvorstellung des Jazz in den letzten 50 Jahren entscheidend geprägt. Nun ist der Norweger im Alter von 75 Jahren gestorben.

ECM-Produzent Manfred Eicher zusammen mit Toningenieur Jan Erik Kongshaug im Studio | Bildquelle: W. Patrick Hinely

Bildquelle: W. Patrick Hinely

Ganz von der linken Seite her hört man ein afrikanisches Daumen-Klavier, eine Mbira, weit rechts einen einzelnen Beckenschlag, andere Schlagzeug-Klänge kommen hinzu. Dann setzt zart das Saxophon ein, leicht links des Zentrums, Gitarrentöne rechts davon.

So plastisch und greifbar fühlt sich dieser Sound an, dass man könnte glauben, die Instrumente stünden direkt vor einem. Aber es ist bald 50 Jahre her, dass Produzent Manfred Eicher und Toningenieur Jan Erik Kongshaug diese Aufnahme verantworteten, im September 1970 im Bendiksen Studio in Oslo. Hinter dem Mischpult Eicher und Kongshaug, vor den Mikrophonen Saxophonist Jan Garbarek und seine damalige Band. Das aus dieser Studiosession entstandene Album "Afric Pepperbird" markiert den Beginn einer langen, kreativen und prägenden Zusammenarbeit.

Jan Erik Kongshaug, hat mit seinem Feingefühl und seinen perfekten Ohren das Klangbild des europäischen und internationalen Jazz entscheidend mitgestaltet. Der legendäre Toningenieur ist am Dienstag, den 05. November 2019, im Alter von 75 Jahren gestorben.

Feinmechaniker mit offenen Ohren

1944 im norwegischen Trondheim geboren, machte Jan Erik Kongshaug zunächst eine Ausbildung als Elektrotechniker, spielte schon als Kind Akkrodeon, später, vor allem Gitarre aber auch Bass. Ab 1967 arbeitete er in einem Tonstudio und 1970 begann die Zusammenarbeit mit dem Label ECM. Unzählige wegweisende Aufnahmen entstanden mit Keith Jarrett, Pat Metheny, Chick Corea, Paul Bley und anderen.
Fast blind verstanden sich Eicher und Kongshaug. Das beschrieb der Toningenieur in einem Interview von 2007 so: "Wir mussten nie viel über technische Dinge sprechen. Ein Blick oder eine Geste genügte und ich wusste, was zu tun war."

Im Jahr 1984 gründete Jan Erik Kongshaug sein "Rainbow Studio" in Oslo, und immer wenn man auf einer Albumhülle, egal welchen Labels, diesen Ort las, konnte man sicher sein, dass der Sound von exzellenter Qualität war.
Als Bandleader selbst trat Kongshaug nur sehr selten in Erscheinung, im Jahr 1998 veröffentlichte etwa das Label ACT ein Album mit Jazzstandards und Kompositionen Kongshaugs unter dem Titel "The other world", darauf ist er als Gitarrist mit seinem Quartett zu hören.

Ein Künstler am Mischpult

In den Sozialen Netzwerken wird seit Bekanntwerden von Kongshaugs Tod sehr viel über ihn geschrieben und oft betonen die Musikerinnen und Musiker, wie bescheiden und zurückhaltend der geniale Soundtüftler im Studio war.
Der Berliner Gitarrist Marc Sinan beschreibt etwa eine Szene mit Jan Erik Kongshaug so: "Als ich die Kopfhörer im Studio aufsetzte, hörte ich meinen Sound und so gut habe ich davor und danach nie wieder geklungen. Als ich es sagte, war er sehr beschieden und hob eher die Qualitäten seines Studios hervor, als sein eigenes Talent und seine Erfahrung. Ein echter Künstler auf seinem Gebiet, einer der wenigen."

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