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Immling Festival 2023 Von Strauss bis Piazzolla

Zum 27. Mal findet das Opernfestival auf Gut Immling in diesem Jahr statt. Und macht den großen Sommerfestivals mittlerweile ernsthaft Konkurrenz. 37 Vorstellungen gibt es heuer. Zur Eröffnung gibt es Richard Strauss' "Salome".

Die zum Theater umgebaute Scheune auf Gut Immling | Bildquelle: Sabine Rogler

Bildquelle: Sabine Rogler

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Wer nicht im Sommer mitsamt der halben Wagner-Welt auf den grünen Hügel in Bayreuth pilgern will oder kann, der hat eine gute Alternative im Chiemgau. Dort gibt es auch einen Hügel, der ist sogar noch grüner und ähnlich künstlerisch ambitioniert: Gut Immling, inmitten grüner Wiesen, mit traumhaften Blick ins Land. Die jährlichen Festspiele dort sind längst kein Geheimtipp mehr, nachdem sie sich in den 27 Jahren ihres Bestehens zu internationaler Größe gemausert habe – mit rund 18.000 Besucherinnen und Besuchern, die in der umgebauten Scheune, zwischen Auerochs und Lama Musiktheater vom Feinsten genießen. Immling spiegelt dieses Jahr Gefühlszustände im Zusammenhang von Macht, Missbrauch und Überlebenskampf.

Salome: ein für Immling ungewohnt düsteres Stück

Begierde, Genuss, Korruption, Wahnsinn und Mystik sind 2023 unter dem Motto "Zwischen Welten – Seelenwanderung um den Globus" in Immling zu erleben. Und diese Reise zu extremen Gefühlszuständen führt von der Oper "Salome", dem frühen Verdi-Gassenhauer "Nabucco", der Tango-Oper "María de Buenos Aires" bis zu Lehárs Operette "Das Land des Lächelns". Mit der "Salome" von Richard Strauss nach dem Text von Oscar Wilde inszeniert Intendant Ludwig Baumann als Eröffnungspremiere ein für Immling ungewöhnlich düsteres Stück.

Es geht um Macht, Missbrauch, Laster, Begierde und eine moralisch zerrüttete Zeit. "Wir spielen's einfach wirklich zeitlos. Wir gehen auf die Menschen. Es handelt sich bei uns um die Thematik dieser menschlichen Tragödie, dieser vier Hauptdarsteller", erklärt Ludwig Baumann. Doch: "Es ist alles sehr dunkel", das sagt auch er. Für Ludwig Baumann ist es auch ein bitterböses Stück das schonungslos die seelischen Abgründe seiner Protagonisten freilegt, eine musikalische und textliche Orgie. Seine Inszenierung sei nicht unbedingt jugendfrei, zumindest so viel verrät er. Aber ansonsten wird der Nachwuchs an Publikum, Musikerinnen und Musiker auf Immling wie immer gezielt gefördert.

Strauss' Partitur ist eine Herausforderung für das Orchester

Dirigieren wird seine Frau Cornelia von Kerssenbrock, die musikalische Leiterin der Immling Festspiele. Und auch musikalisch ist die "Salome" eine enorme Herausforderung und das 70-köpfige Orchester passt gerade noch in den Graben. "Es gibt viele Leute, die sagen: Strauss um Gottes Willen, da geh ich nicht hin. Aber ich glaube, wenn man mal drin ist, ist es wie in einem Thriller", sagt Cornelia von Kerssenbrock, einfach weil die Geschichte so spannend sei. "Und ich glaube, dass die Musik einen in andere Welten noch tiefer eindringen lässt."

Wir haben eine ganz tolle Mischung und insofern ist das mal ein anderes Flair in Immling.
Cornelia von Kerssenbrock

Als Kontrastprogramm zur "Salome" dirigiert Cornelia von Kerssenbrock Astor Piazzollas Tango-Oper "Maria de Buenos Aires". Ein Stück, das sie schon länger mit ihrer Immling-Truppe plant. Die georgischen Musikantinnen und Musikanten bilden die Basis des Festivalorchesters, aber das ganze Instrumentalensemble erweist sich als besonders flexibel. "Für diese Musik muss man Spaß an der Musik haben und nicht ein klassischer Musiker sein, der rauf und runter streicht, sondern eben diese Musik auch liebt und lebt." Dafür habe man ein gutes Team, das um einen argentinischen Gitarristen, einen Bandoneon-Spieler und einen spanischen Schlagzeuger ergänzt wurde.

Liebeserklärung an Buenos Aires

Inszenieren wird diese selten zu sehende "Tango Operita", wie Piazzolla sie selbst einst nannte, die Schwester der Dirigentin, Verena von Kerssenbrock. Für sie ist "Maria de Buenos Aires" ein grandioses und skurriles Werk. Und diese Liebeserklärung an Piazzollas Heimatstadt Buenos Aires und den Tango bietet ihr eine bunte Bilder- und Gefühlswelt. Es ist ein musikalisches Stimmungsgemälde mit düstersten Milieus und schillernden Seelenzuständen. Für Verena von Kerssenbrock ist es "auch ein bisschen so wie in Argentinien, wo diese Geisterwelt, das Esoterische und das Spirituelle ja sehr stark vorhanden ist". Man weiß nicht genau, ob das jetzt ein Alptraum oder ein Traum sei. Man begegnet Menschen im Diesseits, aber auch dem Schatten der Maria, der aus dem Jenseits kommt.  "Und deswegen sind wir auch gerade im Kostümbild sehr in einer phantastischen Welt. Es ist ein szenisches und bildgewaltiges Spektakel", so Verena von Kerssenbrock.

Immling Festival 2023

Samstag, 10. Juni, 18 Uhr, Premiere: Richard Strauss "Salome" unter der Regie von Intendant Ludwig Baumann, die musikalische Leitung hat Cornelia von Kerssenbrock.

Vom 10. Juni bis 13. August gibt’s zudem Rossinis "Cenerentola", das Musical "Sister Act", ein Atelierkonzert mit der Pianistin Ana Gourari, eine "Venezianische Nacht" im Sternenzelt, den Immlinger Kultabend "O sole mio" und vieles mehr. Und als besonderes Highlight des Programms 2023 und Vollendung der musikalischen Seelenwanderung "Zwischen. Welten" gibt’s im Festspielhaus Immling Gustav Mahlers 2. Symphonie, dirigiert von Cornelia von Kerssenbrock.

Sendung: "Leporello" am 9. Juni ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Sonntag, 11.Juni, 20:27 Uhr

Susanne Bergmann

Danke!

Endlich mal ein Artikel in ordentlichen Deutsch, nein mehr: wundervoll formuliert. Und man spürt, daß Frau Hußlein Ahnung von der Materie hat (in Gegensatz zu manch anderem Schreiberling hier).
Und danke, daß auch einmal über ein hochkarätiges Festival außer Salzburg, Bayreuth oder München berichtet wird.

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