BR-KLASSIK

Inhalt

Die Brüder Daniel und Andreas Ottensamer Meister-Klarinettisten im (Fern-)gespräch

Am 15. Juli sind die Klarinettisten Andreas und Daniel Ottensamer in Bad Brückenau mit einem Programm unter dem passenden Motto "Brüder" zu hören. Elgin Heuerding telefonierte mit den beiden Musikern in einer skurrilen Situation: Andreas Ottensamer saß in Nizza am Flughafen fest, Daniel Ottensamer im Auto, bereits auf dem Weg nach Bad Brückenau zum Konzertort.

Klarinettisten Daniel (li) und Andreas Ottensamer (re) | Bildquelle: © Lukas Beck

Bildquelle: © Lukas Beck

BR-KLASSIK: Das ist eine sehr ungewöhnliche Gesprächssituation: Sie beide sind gerade ganz schön weit auseinander. Vielleicht antwortet immer der Ältere zuerst ... Bitte beschreiben Sie sich gegenseitig als Klarinettist.

Daniel Ottensamer: Ich bin der Ältere. Das Schöne ist ja bei uns, dass wir aus der gleichen Familie kommen und mit dem gleichen Instrument aufgewachsen sind, die gleiche Ausbildung genossen haben und daher fast die gleiche Vorstellung und die gleiche Art des Musizierens haben. Jeder legt Konzerte, gewisse Stellen oder Stücke ein bisschen anders an, aber wir kommen aus einer Richtung und verstehen uns daher auch sehr gut musikalisch.

Gemeinsam zu spielen ist umso reizvoller, weil jeder eben schon mal eine grundlegende Homogenität mitbringt.
Andreas Ottensamer

Andreas Ottensamer | Bildquelle: Lars Borges / Mercury Classics Andreas Ottensamer | Bildquelle: Lars Borges / Mercury Classics Andreas Ottensamer: Das ist schön gesagt, da kann ich nur beipflichten. Gemeinsam zu spielen ist dann umso reizvoller, weil jeder eben schon mal eine grundlegende Homogenität mitbringt. Das ist dann im Zusammenspiel schön, dass man sich nicht erst finden muss, sondern wir schon aus derselben Ecke kommen und schauen können, wohin man sich gemeinsam orientiert.

BR-KLASSIK: Normalerweise suchen Musiker, wenn sie zusammenkommen, nach den Gemeinsamkeiten. Suchen Sie mehr nach den Unterschieden?

Daniel Ottensamer: Wenn man nach der Interpretation oder der Ausrichtung eines Musikstücks fragt und nicht nach dem Klang, dann gibt es sicherlich viele Ideen und Diskussionen. Aber auch da sollte man sich für eine Richtung gemeinsam entscheiden und nicht die Unterschiede suchen.

BR-KLASSIK: Es gibt ja oft zum Beispiel Klavierduos, die aus Zwillingen oder Geschwistern, manchmal auch aus Paaren, bestehen. Wäre das vielleicht ein Traum für Sie, ein beständiges Klarinettenduo zu sein?

Ernst, Daniel und Andreas Ottensamer, | Bildquelle: The Clarinotts Daniel und Andreas Ottensamer treten zusammen mit Vater Ernst als "The Clarinotts" auf. | Bildquelle: The Clarinotts Andreas Ottensamer: Daniel, jetzt sag Du mal was ... (Daniels Leitung wird unterbrochen ...) Ich hoffe, das war jetzt kein Zeichen! Nun, bei einem Klarinettenduo ist das natürlich vom Repertoire her viel eingeschränkter. Wir haben ja nicht die Vielfalt, wie zum Beispiel Klavier zu vier Händen. Aber wir machen das eher gemeinsam mit unserem Vater im Trio. Da haben wir viele Möglichkeiten, auch Sachen zu arrangieren bzw. Stücke auszugraben. Natürlich spielt man dann sehr gerne zu zweit Doppelkonzerte, wie wir es in Bad Brückenau machen werden. Aber das ist weniger eine Sparte, die man als bestehendes Duo fixieren würde, weil das einfach ein bisschen zu eingeschränkt wäre.

BR-KLASSIK: In der Zwischenzeit ist Ihr Bruder auch wieder zugeschaltet. Noch einmal gefragt: Würden Sie solche Nähe überhaupt haben wollen?

Daniel Ottensamer: Ich glaube, mein Bruder hat das genauso beschrieben: Man kann sich nicht als Klarinettenduo spezialisieren. Aber wir machen das auch sehr gerne oder auch mit unserem Vater im Trio. Auf der anderen Seite ist jeder gerne für sich solistisch tätig. Und wenn es dann die Zeit und die Engagements erlauben, dann sehr gerne auch zu zweit. Und dann sind wir gern nebeneinander nahe auf der Bühne, was schön ist, sich auf der Bühne wiederzutreffen, wenn man sonst in unterschiedlichen Städten lebt.

Wir sehen uns selten. Umso schöner ist es, wenn sich unsere Konzerttermine kreuzen.
Daniel Ottensamer

BR-KLASSIK: Wie oft sehen Sie sich überhaupt?

Daniel Ottensamer: Ja, es wird immer weniger. Als wir jünger waren und noch im selben Haus gelebt haben oder dann später noch in derselben Stadt, haben wir viel miteinander gemacht, auch sportlich. Mittlerweile ist es sehr schwierig, sich zu sehen. Aber umso schöner ist es dann, wenn es solche Momente gibt, wo sich unsere Konzerttermine kreuzen.

Andreas Ottensamer: An dieser Stelle kann ich Daniel zum Beispiel zumindest am Telefon endlich mal gratulieren, dass er wieder Vater geworden ist. Denn seither haben wir uns auch noch nicht gesehen ...

BR-KLASSIK: Das freut mich, dass wir Sie beide hier über die Entfernung nun zusammenbringen können.

Andreas Ottensamer: Diese Konstellation ist ja nun auch sehr witzig, denn eigentlich hätten wir für dieses Interview in einem Raum sein sollen. Aber wie es das Schicksal so will, sitze ich in Nizza fest und Daniel ist schon vorausgeflogen. Jetzt hoffen wir, dass ich die Probe für die anstehenden Konzerte noch irgendwie erreiche.

Wir würden es nicht zulassen, gegenseitig in Konkurrenz zu treten.
Daniel Ottensamer

BR-KLASSIK: Sie spielen beide in Spitzenpositionen, nämlich Solo-Klarinettisten bei den Berliner und bei den Wiener Philharmonikern. Sind Sie dadurch nicht auch Konkurrenten?

Daniel Ottensamer | Bildquelle: Julia Stix Daniel Ottensamer | Bildquelle: Julia Stix Daniel Ottensamer: Gott sei Dank haben wir das noch nie so gespürt. Ich glaube, wir würden das eigentlich auch nicht zulassen, dass wir gegenseitig in Konkurrenz treten. Zeitlich war es glücklicherweise auch nie der Fall, dass wir zum Beispiel bei einem Probespiel gegeneinander spielen mussten. Als ich die Stelle bei den Wiener Philharmonikern bekommen habe, war mein Bruder noch sehr jung. Und als er dann später in Berlin die Stelle bekommen hat, hatte ich schon meine Position in Wien. Wir sind eigentlich nie gegeneinander angetreten - das finde ich eine ganz schöne Fügung des Schicksals. Und jetzt im Konzertleben braucht man sich nicht auf den Fuß zu steigen, jeder macht seine eigenen Projekte - ich freue mich für seine und er freut sich für meine. Und das ist, glaube ich, am Besten so.

Die Fragen stellte Elgin Heuerding für BR-KLASSIK.
Sendung: "Leporello" am 13. Juli 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

Infos zum Konzert in Bad Brückenau

Samstag, 15. Juli 2017, 19.30 Uhr
Bad Brückenau, Kursaalgebäude (König Ludwig I.-Saal)

Andreas Ottensamer (Klarinette)
Daniel Ottensamer (Klarinette)
Bayerisches Kammerorchester
Leitung: Johannes Moesus

Werke von Johann Sebastian Bach, Johann Christian Bach, Ignaz Pleyel, Felix Mendelssohn Bartholdy, Arthur Foote und Carl Philipp Emanuel Bach

    AV-Player