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Abschied im Luitpoldhain Marcus Bosch dirigiert zum letzten Mal beim Klassik Open Air in Nürnberg

"Gute Musik, gutes Essen, gutes Wetter" - für Marcus Bosch sind dies die drei wichtigsten Dinge beim Klassik Open Air. Am 22. Juli dirigiert er noch einmal die Nürnberger Staatsphilharmonie im Luitpoldhain. Wie geht es danach für ihn weiter?

Nürnberger Generalmusikdirektor Marcus Bosch | Bildquelle: © Uwe Niklas

Bildquelle: © Uwe Niklas

BR-KLASSIK: Ihre Ära in Nürnberg ist vor allem durch Aufbruch, durch Veränderung und durch mutige Entscheidungen geprägt. So etwas wie „Untergang“ - das Thema tauchte ja im Rahmen Ihres letzten Konzertes in der Meistersingerhalle vor kurzem auf - hat Sie in den vergangenen sieben Jahren wahrscheinlich nie beschäftigt.

Marcus Bosch: Nein, in der Tat nicht. Ich glaube, wir können überall ein dickes Plus machen, wenn man jetzt so verschiedene Skills betrachtet. Wir haben wir wirklich versucht, in den sieben Jahren ein Panoptikum an Musik und Stilistik zu bieten

BR-KLASSIK: Als Dirigent braucht man ein Talent, andere leiten zu können. Man braucht Überzeugungskraft,  Musikalität und, wie Sie bewiesen haben, auch manchmal Eigenschaften eines Entertainers. Ab Herbst sind Sie an der Musikhochschule in München Professor für Dirigieren. Welche Kernkompetenzen werden Sie denn Ihren Studenten beibringen?

Marcus Bosch: Sie haben es genannt, all das versuche ich weiterzugeben. Ich sage den Studenten aber  immer: es ist immer ein Spiegel meines eigenen Lebenswegs. Ich mache das ja jetzt schon seit zwei Jahren auf einer halben Professur. Ich kann viele Ratschläge geben, aber die jungen Dirigenten müssen das machen, an was sie glauben, nur das wird überzeugen auf Dauer. Ich kann nur meine Sichtweise dazugeben. Deshalb versuche ich auch immer, so zu unterrichten, dass das, was in den einzelnen Menschen steckt, aus ihnen herausbricht.

Rote Socken, lange Haare

BR-KLASSIK: Trotzdem kennen Sie ja das Business und sie haben viele Studenten, die Sie dann auch als Persönlichkeit einschätzen müssen. Ist denn da wirklich jeder, der Dirigieren studiert, Ihrer festen Überzeugung nach auch geeignet für den Beruf?

Marcus Bosch: Es ist sicher so, dass jeder seinen Weg finden muss. Sie haben zu Recht von „Business“ gesprochen. Es sind gerade bestimmte Typen gefragt, es ist Exotik gefragt.

BR-KLASSIK: Was verstehen Sie unter Exotik? Rote Socken?

Marcus Bosch: Rote Socken, besonders lange Haare und barfuß auf der Bühne - das sieht sehr provokant aus. Das ist jetzt sehr salopp dahergesagt. Aber es hat natürlich schon etwas damit zu tun, dass die klassische Kapellmeisterkarriere, die dann mit Erfahrung zu einer Position als Generalmusikdirektor führt, sich gerade sehr stark verabschiedet. Ich denke, da wird es auch wieder eine Umkehr geben, weil Erfahrung irgendwann auch wieder etwas wert sein wird. Aber der Hype um die pure Jugend, um das Besondere, um den "unique selling point", worüber dann eine ganze Karriere verkauft wird, egal ob es da eine Repertoireanlage gibt und eine Vertiefung von musikalischer Kenntnis- dieser Hype ist schon sehr zu beobachten.

Die Anziehungskraft eines Professors beruht ja auch auf seiner künstlerischen Tätigkeit
Marcus Bosch

BR-KLASSIK: Sie geben aber das Orchesterleiten nicht auf. Sie leiten nämlich dann das Hochschulorchester in München, Sie sind Professor, Festivalleiter, haben auch noch eine Familie. Das sind ja schon mindestens vier Jobs. Woher holen Sie sich die Kraft dafür?

Marcus Bosch: Zum einen natürlich durch ein privates Umfeld, das mir die Kraft gibt und auch die Bereitschaft,  diesen besonderen Beruf zu machen, der ja eben nicht aus einer Fünf-Tage-Woche besteht. Professor sein heißt ja immer auch künstlerisch tätig zu sein. Die Anziehungskraft eines Professors beruht ja auch auf seiner künstlerischen Tätigkeit und da habe ich nun mit den Opernfestspielen Heidenheim wirklich ein blühendes, wachsendes Festival mit Festivalorchester – der Cappella Aquileia – mit dem wir tolle Einspielungen auch realisieren können. Wir haben Kontakte zur Norddeutschen Philharmonie, und das sind eben auch Beziehungen, die ich dann wieder für die Studenten nutzen kann, für Assistenzen oder Konzerte. Da entsteht eine schöne Symbiose, damit auch da das Dirigierstudium in München für die Studenten etwas Besonderes sein kann und werden kann.

Sendung: "Leporello" am 12. Juli 2018 ab 16:05 in BR-KLASSIK

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