BR-KLASSIK

Inhalt

Musikrat-Präsident Kaltenhauser im Interview "Musik darf nicht hinter Sport und Gastronomie zurückstehen"

Dr. Helmut Kaltenhauser wurde als neuer Präsident des Bayerischen Musikrates gewählt. Er übernimmt dieses Amt kommissarisch von Dr. Marcel Huber, nachdem sich der ehemalige Staatsminister aus gesundheitlichen und familiären Gründen von allen Ämtern zurückgezogen hatte. Besonders die unterschiedliche Behandlung von Gastronomie und Kultur angesichts der Pandemie stößt dem FDP-Landtagsabgeordneten Kaltenhauser bitter auf.

Dr. Helmut Kaltenhauser | Bildquelle: helmut-kaltenhauser.de

Bildquelle: helmut-kaltenhauser.de

BR-KLASSIK: Herr Dr. Kaltenhauser, ihr Start ins Amt als kommissarischer Präsident des Bayerischen Musikrates findet in turbulenten Zeiten statt. Die Kulturbranche steht in diesen Pandemiezeiten schwer unter Druck. Und sie haben auch gleich deutlich gemacht, dass sie das so nicht länger hinnehmen möchten. Sie haben am 10. Januar einen Brandbrief an die Staatsministerinnen und -minister geschrieben. Dort haben sie eine faire Behandlung der Kulturbranche eingefordert und damit bei vielen Menschen den Nerv getroffen. Sind sie da auch mit Wut im Bauch ins Amt gestartet?

Dr. Helmut Kaltenhauser: Der Auslöser für diesen kleinen Wutausbruch war die Tatsache, dass sich die Ministerpräsidentenkonferenz darauf geeinigt hat, auch in der Gastronomie 2G+ zu machen, Bayern aber beschlossen hat, weiterhin bei der Gastronomie bei 2G zu bleiben, aber im Kulturbereich bei 2G+. Da habe ich gesagt, also das kann man jetzt wirklich niemandem mehr verkaufen.

Probleme offen und kritisch ansprechen

BR-KLASSIK: Sie haben Probleme bis jetzt auffallend offen und kritisch angesprochen. Glauben Sie, dass ihnen das auch in Zukunft noch besser gelingen könnte als ihrem Vorgänger, weil sie mit ihrem FDP-Mandat die CSU-Ministerinnen und -Minister im Landtag deutlicher kritisieren und Probleme klarer ansprechen können?

Dr. Helmut Kaltenhauser: Das haben manche auch schon so vermutet. Das ist völlig richtig. Aber, wenn ich mir gerade meine Vorgänger anschaue, haben die im Zweifel auch für die Musik gesprochen.

BR-KLASSIK: Was ist ihnen besonders wichtig in den kommenden Wochen und Monaten?

Dr. Helmut Kaltenhauser: Einerseits sind es natürlich erst einmal die Corona-Maßnahmen. Wir haben ja immer den Eindruck gehabt, dass die Kultur hinter Gastronomie oder auch Sport etwas zurücksteht. Auch wenn das natürlich vordergründig immer bestritten wird, dass das der Fall ist. Auf der anderen Seite ist viel kaputtgegangen in den letzten eineinhalb Jahren durch Corona. Wer weiß, wie viele von den Chören wieder anfangen werden, oder bei Musikgruppen, oder auch bei der musikalischen Ausbildung in der Schule, wo sehr viel weggefallen ist.

Es ist viel kaputtgegangen in den letzten eineinhalb Jahren durch Corona.
Dr. Helmut Kaltenhauser

Und der zweite Punkt ist der, dass man, glaube ich, auch gelernt hat, dass man die richtigen Ansprechpartner findet, auch in der freien Kulturszene. Das ist natürlich irgendwo ein Widerspruch in sich, eine freie Szene zu organisieren. Aber trotzdem muss man einen besseren Draht finden und da lege ich auch großen Wert drauf, dass der Bayerische Musikrat in der Richtung noch unterwegs ist.

Chöre und Vereine unterstützen

BR-KLASSIK: Viele Musikerinnen und Musiker haben sich jetzt auch abgewendet von ihren Vereinen. Wie wollen Sie da gegensteuern?

Dr. Helmut Kaltenhauser: Gerade in dem Laienbereich sind Vereine einerseits und etwa Orchester/Chöre andererseits zu unterscheiden. Das heißt also, wenn etwa ein Chor aufgegeben hat, existiert aber vielleicht die Hülle, der Verein noch, sodass man das wieder aufbauen könnte. Da muss unterstützt werden, zum Teil mit Geld, aber zum Teil mit sonstigen Maßnahmen, sei es mit einer besseren Verbindung zu den Schulen, sei es mit der besseren Unterstützung der Vereine organisatorischer Art.

BR-KLASSIK: Mit Zahlen kennen Sie sich als studierter Mathematiker aus, sie sind aber auch selbst als Sänger im Chor aktiv. Werden sie mit ihren Kolleginnen und Kollegen mal einen Landtagschor aufstellen?

Dr. Helmut Kaltenhauser: Also scherzhaft gab's die die Idee schon, richtig durchgezogen hat es meines Wissens noch keiner.

BR-KLASSIK: Falls es doch was wird, was würden sie singen?

Dr. Helmut Kaltenhauser: Carmina Burana!

BR-KLASSIK: Was Aufrüttelndes, Lautes?

Dr. Helmut Kaltenhauser: Ja etwas, was massiv auftritt.

    AV-Player