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Linus Roth im Interview "Wir suchen nicht nur den technisch perfekten Geiger"

Echo-Klassik-Preisträger Linus Roth wird neuer Künstlerischer Leiter des Internationalen Violinwettbewerbs Leopold Mozart Augsburg. Damit tritt er sein Amt pünktlich zum 300. Geburtstag von Leopold Mozart im Jahr 2019 an. Im Interview mit Kathrin Hasselbeck plaudert der deutsche Geiger aus dem Nähkästchen und erzählt unter anderem, welche Neuerungen es nun geben wird.

Linus Roth | Bildquelle: Linus Roth

Bildquelle: Linus Roth

Das gesamte Interview zum Anhören

BR-KLASSIK: Herr Roth, Sie sind jetzt der neue Künstlerische Leiter des Leopold-Mozart-Wettbewerbs in Augsburg, und Sie haben den Wettbewerb auch schon ein bisschen mitverfolgt - sind Professor für Geige an der Musikhochschule in Augsburg. Was macht denn diesen Wettbewerb aus?

Linus Roth: Natürlich zum einen die Geschichte. Wir werden den Wettbewerb 2019 das zehnte Mal veranstalten, und die Geschichte beruht natürlich auf den Preisträgern. Die Geigerin Isabelle Faust, die ich sehr bewundere, hat die allererste Edition des Wettbewerbs gewonnen. Sie war, soweit ich weiß, gerade einmal 15 Jahre alt. Das nächste Mal kam gleich Benjamin Schmid - noch ein ganz Großer. Insofern hat natürlich dieser Wettbewerb schon allein von den Preisträgern her einen gewissen Exzellenz-Status.

Ich habe ein paar Ideen für programmatische Neuerungen.
Linus Roth

BR-KLASSIK: Haben Sie denn schon Pläne oder Ideen, wie Sie den Wettbewerb prägen wollen?

Linus Roth: Man hat natürlich als Künstlerischer Leiter plötzlich die Fäden in der Hand. Man darf sie in der Hand halten. Das betrifft natürlich zum einen das Programm. Hier habe ich ein paar Ideen für Neuerungen. Die erste ist, dass das moderne Pflichtstück, das es ja bei jedem Wettbewerb glücklicherweise inzwischen gibt, bereits in der ersten Runde gespielt werden muss. Das heißt, jeder Kandidat wird das spielen müssen. Ich glaube, zum einen ist es wichtig als Teilnehmer: Man lernt dieses Stück, und wenn man dann doch nicht in die zweite Runde kommt, spielt man es nicht einmal. Dann gibt es dieses Gefühl von "Jetzt habe ich es irgendwie doch vielleicht umsonst gelernt". Andererseits: Leopold Mozart war Komponist, und er war Förderer. Er war natürlich auch der Kompositionslehrer von Wolfgang Amadeus Mozart; insofern ist etwas, das frisch komponiert wurde doch ein wichtiger Bestandteil des Leopold-Mozart-Wettbewerbs. Die andere Neuerung ist, dass die Teilnehmer im zweiten Teil ein Kammermusikwerk spielen müssen. Das gibt es zwar auch in anderen Wettbewerben, aber bei uns wird die Probenarbeit öffentlich sein und von der Jury mitbewertet werden.

Internationaler Violinwettbewerb Leopold Mozart

Der 10. Internationale Violinwettbewerb Leopold Mozart findet im Mai 2019 statt.
Mehr Infos rund um den Wettbewerb gibt es hier.

BR-KLASSIK: Bislang gibt es eine Jugendjury bei dem Wettbewerb - wird die bestehen bleiben?

Vater von Wolfgang Amadeus Mozart, Leopold Mozart | Bildquelle: imago / Leemage Leopold Mozart | Bildquelle: imago / Leemage Linus Roth: Nein, ich glaube wir werden keine Jugendjury mehr haben - dafür eine andere Hauptjury. Auch hier eine Neuerung: Es werden nicht nur Geiger in der Jury sitzen. Ich halte es für sehr wichtig, dass auch ein Cellist ein Bratschist, ein Dirigent in der Jury vertreten sein wird. Wir Geiger sind leider immer ein bisschen zu sehr auf bestimmte technische Dinge fokussiert. Bis zu einem bestimmten Grad muss das sein beim Wettbewerb. Aber es gibt tatsächlich doch auch Geiger oder Musiker allgemein, die vielleicht den kleinen Finger nicht ganz rund auf die Seite aufsetzen, und trotzdem klingt es fantastisch. Was wir suchen, ist nicht nur der technisch perfekte Geiger, sondern eine große Musikerpersönlichkeit. Und ich glaube, dass ein Dirigent oder ein Cellist - jemand, der nicht selbst Geiger ist - hier noch einen anderen Blick drauf hat.

Jury-Mitglieder dürfen künftig nicht für ihre eigenen Studenten stimmen.
Linus Roth

BR-KLASSIK: Sie haben selber viele Wettbewerbe gespielt und auch Preise gewonnen. Ist aus dieser Erfahrung auch etwas in die Konzeption mit eingeflossen, wie es jetzt weitergehen soll mit dem Leopold-Mozart-Wettbewerb?

Linus Roth: Ja, insbesondere natürlich, dass Jury-Mitglieder nicht für ihre eigenen Studenten stimmen dürfen. Das rührt ganz genau daher. Ich war selbst bei Wettbewerben, und ohne jetzt Namen nennen zu wollen, kamen Jurymitglieder nach dem dritten Glas Wein auf der Abschlussveranstaltung zu mir und sagten: Tut mir leid, aber jetzt musste mein Schüler auch mal einen Preis bekommen. Es ist tatsächlich so, an jeder Ecke passiert sowas. Und in einem Wettbewerb, dessen Künstlerischer Leiter ich bin, möchte ich das einfach nicht.

BR-KLASSIK: Was raten Sie einem jungen talentierten Künstler, der Wettbewerbsangst hat?

Linus Roth: Angst ist natürlich nie gut - weder beim Wettbewerb noch bei einem Konzert. Ich denke, das einzige, was man als Künstler sowohl beim Wettbewerb als auch bei jedem sonstigen Auftritt am besten machen sollte, ist, sich auf die Musik zu konzentrieren. Denn schlussendlich geht es darum.

Die Fragen stellte Kathrin Hasselbeck für BR-KLASSIK.

Sendung: "Leporello" am 26. September 2017, 16.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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