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John Williams feiert 90. Geburtstag Der freundliche Klanggigant

"Indiana Jones", "Star Wars", "Schindlers Liste", "Harry Potter" – kein lebender Mensch wurde häufiger für den Oscar nominiert als John Wiliams. Was kaum einer weiß: Das Genie der symphonischen Orchesterwucht hat mit Jazz angefangen, spielte Klavier in einigen echten Film-Klassikern und hat sich auch bei den Olympischen Spielen für immer ein Denkmal gesetzt.

John Williams 2018 bei "The Oscar Concert" in der Walt Disney Concert Hall in Los Angeles | Bildquelle: picture alliance  ZUMAPRESS.com  Paul Hebert

Bildquelle: picture alliance ZUMAPRESS.com Paul Hebert

Legendärer Filmkomponist

John Williams zum 90. Geburtstag

Die Weltkarriere des Film-Symphonikers startete ganz zeitgemäß mit jazzigen Soundtracks und viel Fleiß

Die 50er - "Johnny Williams" als Studiopianist in Hollywood

Mit dem Komponieren begann Williams schon in der Schule. Später dirigierte er das Musikcorps der Air-Force und nahm bei bei Mario Castelnuovo-Tedecso Kompositionsunterricht. Im Alter von 24 Jahren kam "Johnny Williams", wie er sich damals noch nannte, zum Film. Zunächst als Studiopianist in Hollywood. So spielte Williams etwa in Elmar Bernsteins "Die glorreichen Sieben", Henry Mancinis "Frühstück bei Tiffany" oder Adolph Deutschs "Manche mögen‘s heiß".

Die 60er - TV-Soundtracks und die erste Oscar-Nominierung

Danach komponierte Williams selbst – vor allem für das Fernsehen. Für seinen Score zur TV Serie "Checkmate" wurde er 1962 zum ersten Mal für den Grammy nominiert. Außerdem orchestrierte er Filmmusiken von Hollywoodgrößen wie Dimitri Tiomkin oder André Previn. Für sein Arrangement zu "Valley of the Dolls" erhielt Williams 1968 die erste von bis heute 52 Oscarnominierungen.

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Theme from "Checkmate" | Bildquelle: Johnny Williams Orchestra - Topic (via YouTube)

Theme from "Checkmate"

Die 70er – der Durchbruch mit "Der weiße Hai"

Filmkomponist John Williams 1978 | Bildquelle: picture alliance / Everett Collection John Williams im Jahr, 1978, zur Zeit des Erscheinens von "Star Wars" | Bildquelle: picture alliance / Everett Collection Mit seiner Orchestrierung zu "Anatevka" gewann er 1972 den Academy Award zum ersten Mal. 1975 folgte dann der erste Oscar für eine Originalkomposition, nämlich jener zu Steven Spielbergs "Jaws", zu Deutsch: "Der weiße Hai". Das Leitmotiv des weißen Hai besteht aus gerade mal zwei Tönen; zwei Töne, die Williams absoluten Durchbruch bedeuteten – und für die der Komponist seine Inspiration möglicherweise in Beethovens 7. fand (zumindest hat ihn die Hornistin Sarah Willis mal darauf angesprochen).

Steven Spielberg und John Williams – ein Erfolgsduo

Die zwei Töne des "Jaws-Motiv" markierten auch den Anfang des Siegeszuges eines filmmusikalischen Erfolgsduos. Seit Spielbergs erstem Kinofilm ("Sugarlandexpress") schrieb John Williams fast alle Scores für ihn. Und nicht nur das: In "Der weiße Hai" spielte er sogar Klarinette – in einer Szene, in der im Hintergrund eine "Marching Band" zu hören ist. Die sollte authentisch nach Amateurorchester klingen, deshalb griff der Komponist selbst zum Instrument.

Wie jeder große Komponist, weiß John Williams, dass Musik genauso wichtig ist, wie Stille
(Steven Spielberg)

John Williams und Steven Spielberg bei der AFI Life Achievement Award Gala 2016 zu Ehren von John Williams Tribute im Dolby Theatre, Los Angeles. | Bildquelle: picture alliance  picture allianceAPInvision  Chris Pizzello 29 mal haben sie zusammengearbeitet: John Williams (l.) und Steven Spielberg | Bildquelle: picture alliance picture allianceAPInvision Chris Pizzello Fast 50 Jahre dauert die künstlerische Verbindung dieser beiden ``Kinosaurier´´ nun an: Bei der Verleihung des Preises für sein Lebenswerk des American Filminstitute an John Williams im Jahr 2016 verneigte sich Spielberg in seiner Laudatio vor dem Schaffen des Klanggiganten. Er hob Williams Fähigkeit hervor, nur mit Klavier, Bleistift und Papier ganze Klanguniversen zu kreieren. Und dass es "die Vermählung von Musik und Bild" sei, die das Publikum dazu verführe, sich in einen Film zu verlieben. Insgesamt 29 Filme haben Spielberg und Williams zusammen gemacht, darunter Meilensteine wie "Indiana Jones"oder "Jurassic Park". Für Spielberg ist die Musik zentral, eine wichtige Protagonistin, mit dem gleichen Stellenwert wie die Figuren selbst.

Das zeigt zum Beispiel sein Umgang mit der Musik bei "E.T.": Dort passte Spielberg in der Schlusssequenz seinen Schnittrhythmus genau an die Musik von Williams an. Hinreißend ist das Video, in dem man beide bei der Arbeit an "E.T." sieht. Höhepunkt der Zusammenarbeit von Spielberg und Williams ist jedoch das Meisterwerk "Schindlers Liste". Im Soundtrack setzt Williams auf zurückhaltende Klezmeranleihen, die berührend von Itzhak Perlman interpretiert werden. Williams erhielt dafür seinen fünften und bislang letzten Oscar.

Star Wars und die Olympischen Spiele - monumentaler, festlicher Sound

Ein Meilenstein in John Williams Schaffen ist unstrittig auch "Star Wars". Für "Krieg der Sterne" machte Williams 1978 die Rolle rückwärts: Filmmusik war damals eigentlich von Jazz oder Discosounds geprägt, Williams aber entschied sich gegen diesen Trend und für einen vollkommen unzeitgemäßen, opernhaften Score. Damit wurde "Star Wars" von einer simplen Science Fiction-Geschichte zur Weltraumoper. Spätestens seit diesem Zeitpunkt steht John Williams wie kein anderer lebender Komponist für wuchtigen, symphonischen und festlichen Sound im Stil der Spätromantik.

Kein Zufall also, dass ihn das Organisationskomittee der Olympischen Spiele 1984 in Los Angeles beauftragte, die Fanfare für die Olympischen Spiele zu schreiben. "Es ist ein klassisches Heldenstück, das der Athletinnen und Athleten", erklärte John Williams in einem Interview zum 30. Jubiläum der Stücks. "Es fängt leise an, das steigert die Spannung, und dann haben die Fanfaren den großen Auftritt. Das Stück soll ein Gruß an die Siegerinnen und Sieger sein!"

Wagner hätte ein Studio mitten in L.A. gehabt mit einem großen Wassertank mit einem riesigen W darauf.
(John Williams)

Mit "Stars Wars" und der Olympia-Fanfare hat Williams geschafft, was kein Komponist vor ihm je erreicht hat: Menschen auf der ganzen Welt kennen seine Musik, ein riesiges Publikum. Den gigantischen Ruhm kommentierte Williams in seiner Dankesrede zum Lifetime Achievement Award 2016: Beethoven hätte Hollywood wohl verurteilt, so Williams, aber Wagner hätte sein Studio bestimmt mittendrin gehabt.

John Williams und Anne Sophie Mutter im Konzertsaal

Anne Sophie Mutter und John Williams im Januar 2020 mit den Wiener Philharmonikern. Bild aus dem Konzertmitschnitt "John Williams - Live in Vienna" | Bildquelle: Deutsche Grammophon Anne-Sophie Mutter und John Williams 2020 mit den Wiener Philharmonikern | Bildquelle: Deutsche Grammophon So wie Wagner sich vermutlich in Hollywood wohlgefühlt hätte, wird John Williams umgekehrt längst auch in Konzertsälen als Komponist gefeiert. Für die Geigerin Anne Sophie Mutter hat er ein Violinkonzert komponiert, Filmmusiken arrangiert und mit ihr Konzerte gegeben, zum Beispiel gemeinsam mit den Wiener Philharmonikern. "Er hat so eine wahnsinnige Freude an dem Moment, an der Musik – darum lieben wir ihn so", erklärt Anne Sophie Mutter im BR-KLASSIK-Interview.

Mit ihm auf der Bühne zu stehen, sei eines der aufregendsten Erlebnisse ihres Lebens gewesen, erzählt die Geigerin weiter. "Also das Schönste an der Zusammenarbeit mit John ist, mit ihm auf die Bühne zu gehen, und das Haus rastet aus und du weißt, du bist nur ein kleines Anhängsel". Zu John Williams' 90. wünscht sich Anne Sophie Mutter noch mehr von diesen gemeinsamen Momenten – am liebsten eine Welttournee.

Sendung: "Allegro" am 8. Februar 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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