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"Karl V." von Ernst Krenek an der Bayerischen Staatsoper "Schwarzer Spiegel voll von Schatten"

Nach "Otello" von Verdi und der "Verkauften Braut" von Smetana, zwei Repertoire-Klassikern, steht an der Bayerischen Staatsoper die dritte Neuinszenierung der laufenden Saison kurz vor der Premiere: "Karl V." von Ernst Krenek, ein Werk, das so gut wie nie auf den Spielplänen zu finden ist.

Karl V. Bo Skovhus | Bildquelle: W. Hösl

Bildquelle: W. Hösl

Ernst Krenek bekam Anfang der 1930er-Jahre von der Wiener Staatsoper den Auftrag zu "Karl V.", schrieb selbst das Libretto und entschied sich – anders als in seiner sehr erfolgreichen Oper "Jonny spielt auf" – erstmals für die Zwölftonmethode. Die in Wien immer mächtiger werdende rechtsextremistische Heimatfront sowie die politische Lage insgesamt - seit 1933 stand Krenek auf der "schwarzen Liste" der Nationalsozialisten - verhinderten die geplante Uraufführung 1934.

Herrscher ohne Heldentaten

Es war aber nicht nur die "entartete Musik", die für Unmut sorgte, sondern auch, wie Krenek den berühmten Kaiser dargestellt hat: Karl V. ist in der Oper kein starker Herrscher, in dessen Reich die Sonne niemals unterging. Krenek erzählt eine Geschichte ohne Heldentaten und Volksaufläufe, ohne Glorifizierung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Stattdessen legt der zurückgetretene Kaiser einem Mönch die Beichte ab; er lässt Stationen seines Lebens Revue passieren, erkennt, dass sein Vorhaben, ein Weltreich unter christlicher Führung zu errichten, gescheitert ist – ja, scheitern musste!

Thema auch heute aktuell

Für Carlus Padrissa von der katalanischen Theatertruppe La Fura dels Baus ein zeitloses, und gerade heute wieder sehr aktuelles Thema: Es geht um einen sturen und gewalttätigen Weg, einen Glauben länder- und bevölkerungsübergreifend durchzusetzen. Für seine Neuinszenierung an der Bayerischen Staatsoper hat er sich von einer bestimmten Textstelle im Libretto inspirieren lassen. Da singt Karl V. vom Lebensabgrund, über dem er schwebte, und in den er hineinblickte, wie in "einen schwarzen Spiegel voll von Schatten".

Düstere Bühne

Karl V. Wolfgang Ablinger-Sperrhacke | Bildquelle: W. Hösl Bildquelle: W. Hösl Düster-verschattet geht es auch in dieser Produktion zu: Der schwarze Boden ist komplett mit Wasser geflutet, die Wände, beliebig im Raum verschiebbar, sind mit Spiegeln gefliest. Dazu lässt Padrissa Farbeffekte mit kleinen Videosequenzen an alle möglichen Flächen projizieren, kombiniert mit einer nackt anmutenden Artistentruppe, die immer wieder als lebendes Gerüst und Karussell über dem Wasser schwebt.

Spiegeleffekte, Verfremdung, Variation prägen auch die Musik. "Karl V." ist die erste streng nach einer Zwölftonreihe komponierte Oper, mit der sich Dirigent Erik Nielsen nun erstmals an der Bayerischen Staatsoper vorstellt. Nielsen ist neben der Textverständlichkeit auch eine Intervallverständlichkeit der Zwölftonmusik wichtig. Da brauche man ein gewisses Tempo, sagt er.

Ich behandle diese Partitur wie eine Richard-Strauss- Partitur: Jede Silbe muss man verstehen können.
Erik Nielsen

Neben dem Hausdebütanten Nielsen trifft man bei dieser Neuproduktion auf alte Bekannte: Anne Schwanewilms, Okka von der Damerau, und allen voran, in der Titelpartie: Bo Skovhus, zuletzt zu erleben im Mai 2018 in Janaceks "Aus einem Totenhaus". Der dänische Bariton ist fast die gesamte Aufführung auf der Bühne präsent, beginnend mit einer bildmächtigen Szene vor einem übergroßen Gemälde Tizians. Das Bild verwischt sich, aber es bleiben die Farben, die immer in den Kostümen vorhanden sind.

Ist eigentlich ganz genial gemacht.
Bo Skovhus

Sendung: "Allegro" am 08. Februar 2019 ab 06:05 Uhr in BR-KLASSIK.

Sendungstipp

BR-KLASSIK überträgt die Premiere der Bayerischen Staatsoper am Sonntag, 10. Februar 2019, ab 17:30 Uhr. Zu Beginn gibt es Informationen und Gespräche zur Aufführung in der Sendung "Foyer".

Kommentare (1)

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Donnerstag, 07.Februar, 21:14 Uhr

C . B.

Clemens Krauss

Leider gibt der Artitkel ein unvollständiges und damit fehlerhaftes Bild zur geplanten Uraufführung 1934. Im Artikel findet sich nicht einmal der Name von Clemens Krauss, der die Oper zunächst in Auftrag gegeben und dann durch sie seine Karriere in Gefahr gesehen hat, die ihm wichtiger war als das Werk. Er und seine Frau, die Sängerin Viorica Ursuleac haben in Berlin mehr Chancen für ihre künstlerische Arbeit gesehen und Wien im Dezember 1934 Richtung Berlin verlassen.

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