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Kritik - T.H.A.M.O.S. bei der Salzburger Mozartwoche Mozart lässt sich nicht erklettern

Rolando Villazón leitet heuer zum ersten Mal die Salzburger Mozartwoche. Zur Eröffnung lässt er die katalanische Theatertruppe La Fura dels Baus das Projekt T.H.A.M.O.S. in der Felsenreitschule zeigen: Mozart-Schauspielmusik als Science-Fiction-Thriller. "Verquaster Quatsch" findet unser Kritiker.

Szenenbild "Thamos"-Inszenierung, Mozartwoche | Bildquelle: ©Matthias Baus

Bildquelle: ©Matthias Baus

Zur Eröffnung der Salzburger Mozartwoche, die erstmals der Autor, Regisseur und Sänger Rolando Villazón leitet, zeigt die katalanische Theatertruppe La Fura dels Baus, was man mit der Reitschule noch alles anfangen kann - und besser bleiben lassen sollte.

Inszenierung mit Feinstaub-Alarm

Da fliegen sinnfrei echte Menschen und projizierte Steine, Schlangen und Stangen durch die Luft, die Arkaden krachen immer wieder in Videoloops zusammen. Im Bühnenhimmel wird akrobatisch geturnt, seltsame, futuristische Wesen schleichen herum. Dann gibt es hier ein bisschen Filmgeflimmer, dort einen echten Feuerknall mit entsprechender Duftnote, der freilich die Feinstaubbelastung in der näheren Umgebung ungemein nach oben jagen dürfte. Sitzt man wie der Rezensent vorne rechts, so berühren einen bisweilen Choristen in Chlochard-Kostümen sanft an der Schulter.

Völlig wirre Handlung

Die Vorlage des Ganzen ist "Thamos, König von Ägypten", eine Schauspielmusik des damals 17-jährigen Mozart. Es geht um Macht- und Liebeskämpfe, der Titelheld ist dabei einer der Guten. Carlus Padrissa, der Anführer von La Fura dels Baus, macht daraus eine völlig wirre Science-Fiction-Thriller-Mythos-Handlung, mit Militärputsch und Sternenhimmel, versklavtem Volk und esoterischen Führerfiguren. Padrissa nennt den Abend T.H.A.M.O.S. Das T steht dabei für den wilden Strom-Ingenieur Nikolai Tesla, also gibt es eine Maschine, die (Zitat Programmheft) "die unerschöpfliche Energie der Natur in Lebenskunst verwandelt". Das ist noch der geringste Murks bei diesem vollständig verquasten Quatsch.

Misstrauen gegenüber Mozarts Komposition?

Mozarts "Thamos"-Musik (sehr elegisch, in den Chorpassagen gibt es opulente Affirmation, aber auch dunkel sattes Mahnen) kommt dabei eher am Rande vor, offenbar misstraut man ihr und so singt der eigens für drei Nummern eingeflogene Bassist René Pape schon mal Sarastros "In diesen heilgen Hallen" aus der "Zauberflöte". Auch sonst gibt es allerlei anderes, ins Ohr stechen vor allem kitzlige Brummelklänge von Roboterinstrumenten. In mehreren Sprachen werden außerdem Gedichte rezitiert, eindrucksvolle Sätze sind da zu hören wie "Bade die Vulkane der Wut mit Sperma!". Den Energieforscher Tesla/Thamos singt Nutthaporn Thammathi. Er macht das recht gut, nur wenn er auf einem komischen Gefährt weit oben in dünner Luft schwebt, bekommt er auch vokale Höhenprobleme.

Musik wird zu oft zertrampelt

Der Salzburger Bachchor schlägt sich trotz ständiger Herumlaufaktionen wacker, Alondra de la Parra sorgt am Pult der Camerata Salzburg für einen mal sehr feinen, mal kräftigen, leicht grobkörnigen Klang. All zu oft wird die Musik leider durch die diversen Bühnenaktionen regelrecht zertrampelt. Am Ende gibt es - irgendwie - eine Art Utopie mit neuer Gesellschaft, anderen Räumen etc. Vorher wurde noch der Baum der Unwahrheit gefällt - was auch immer das bedeuten mag ... Das Fazit: Mozart lässt sich nicht erklettern, zumindest nicht so!

Informationen zur Mozartwoche 2019 unter mozarteum.at

Sendung: Leporello am 25. Januar 2019 ab 16:05 auf BR-KLASSIK

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