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Buchtipp: "Klassik verstehen" von Gabriel Yoran Buch auf, Smartphone an!

Musik als universelle Sprache, die jeder versteht? Klingt schön, ist aber Quatsch, findet der Autor Gabriel Yoran. Wie eine Sprache müsse man auch klassische Musik erst erlernen. Yoran glaubt: Eine intensive Beziehung zur klassischen Musik lässt sich nur aufbauen, wenn man sie versteht. In seinem neuen Buch "Klassik verstehen" versucht er nun, "ein kleines bisschen Verständnis herzustellen" – und untertreibt damit aufs Gröbste, findet BR-KLASSIK-Autorin Kristin Amme.

Buch-Cover "Klassik verstehen" | Bildquelle: Krautreporter

Bildquelle: Krautreporter

Gabriel Yoran hat ein Buch geschrieben, das auf Bestsellerlisten gehört. Ein Buch, konkret, undidaktisch und derart angefüllt mit musikalischen Entdeckungen, dass es sowohl Klassiknerds als auch -newbies anspricht. Dabei ist Yoran nicht einmal vom Fach, hat weder Musik noch Musikwissenschaft studiert. Er ist Autor und Unternehmer, hat Softwarefirmen gegründet und in Philosophie promoviert. Andererseits: Yoran ist hineingeboren in eine Musikerfamilie. Die Mutter ist Harfenistin, der Vater Cellist. Trotzdem schreibt er: "Ich weiß, wie es ist, (klassische) Musik nicht zu verstehen." Sein Verhältnis zur Klassik damals in zwei Worten: "Völliges Desinteresse." Dann kam das Internet.

Klassikfan dank Internet

Yoran entdeckte klassische Musik, die er, der Musikersohn, nie zuvor gehört hatte. Nicht der jahrelange Klavierunterricht in seiner Kindheit machte Yoran zum Klassikfan, sondern diese unermesslich große Fundgrube im World Wide Web. Er fängt an, im Netz über seine Entdeckungen zu schreiben: eine Reihe von Artikeln auf Krautreporter.de. Auch sein Buch verwebt der Autor mit dem Netz. Auf fast jeder Seite befindet sich ein QR-Code. Kurz die Smartphone-Kamera draufgehalten und schon ist man bei YouTube, Twitter oder Spotify, sieht ausgewählte Konzertmitschnitte, Apps, Artikel und TED-Talks.

KURZ UND BÜNDIG

Dieses Buch wird lieben, wer …
... auf Augenhöhe steht: Hier wird geduzt!

Dieses Buch liest man am besten …
... mit Smartphone in der Hand und Kopfhörern in den Ohren.

Dieses Buch ist wie geschaffen für …
... Menschen, die neugierig sind auf nie gehörte Musik, die ihnen garantiert Gänsehaut macht.

Auf Entdeckungsreise zu unbekannten Komponisten

Dieses Buch ist weit und diverser als fast jedes Konzertprogramm. Viele eher unbekannte Komponisten und Komponistinnen tauchen auf, etwa Julius Eastman, der schwule, zeitweise obdachlose, schwarze Minimal-Music-Komponist. Yoran lässt nichts aus und verliert sich zugleich auch nicht in langweiligen Einzelheiten. Dieses Buch ist nicht einfach voll mit Musikbeispielen, es ist vielmehr klug um die Musikbeispiele herum geschrieben. Musikbeispiele, die Yoran mit großer und – wichtiger noch – verständlicher Fachkenntnis zu fassen kriegt.

Natürlich verrät Gabriel Yoran in seinem Buch, wie das nun eigentlich geht, so ganz generell, mit dem Sich-anfixen-lassen von klassischer Musik. Einer seiner Kniffe: in vertrauter Sprache eine Leiter bauen. Klassik-Newbies stellt Yoran in seinem Buch gleich mehrere solcher Leitern zu verlinkten Musikstücken hin. Ein Beispiel: "Mach dich bereit, gleich passiert was Großes" beim 1. Satz von Grażyna Bacewiczs Konzert für Streichorchester.

Bonus: 16 Stunden klassische Musik

Immer bleibt spürbar, wie Yoran sich von Musik bewegen lässt. Eine emotionale Durchlässigkeit, die sich bei der Lektüre seines Buches "Klassik verstehen" überträgt, die Lust macht auf klassische Musik. Und wenn Sie noch einen Grund brauchen, um Yorans Buch zu kaufen: Der Autor gibt darin zwei seiner Spotify-Playlisten preis. Mehr als 16 Stunden sorgsam kuratierter klassischer Musik. Da dürften selbst Klassikerfahrene ziemlich viel Neues entdecken.

Informationen zum Buch

Gabriel Yoran: "Klassik verstehen"
Verlag: Krautreporter
118 Seiten
Preis: 16,00 Euro (gebundene Ausgabe)

Sendung: "Allegro" am 8. Oktober 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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