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Dirigent Kristjan Järvi "Unser Ziel ist, Grenzen zu überwinden"

Seit seiner Gründung vor zehn Jahren, hat sich das Baltic Sea Philharmonic von einem Jugendensemble zu einem gefeierten Profi-Orchester entwickelt. Am 18. September gibt das Orchester unter Leitung seines Chefdirigenten Kristjan Järvi ein Konzert in München. "Nordic Pulse" ist der Titel; auf dem Programm stehen "musikalische Geschichten aus dem Ostseeraum".

Der Dirigent Kristjan Järvi | Bildquelle: Peter Adamik

Bildquelle: Peter Adamik

Das Interview zum Anhören

BR-KLASSIK: Kristjan Järvi, Baltic Sea Philharmonic hat sich nach einem Meer benannt. Schlägt sich das Element Wasser auch im Programm nieder?

Kristjan Järvi: Das Meer ist für dieses Orchester tatsächlich die Quelle seiner Kraft. Es ist nicht nur Symbol für seine Einheit, sondern auch für seine Kraft. Wasser ist nun mal die Quelle des Lebens. Ohne Wasser geht gar nichts.

BR-KLASSIK: Im Orchester sind Musiker und Musikerinnen aller Anrainerstaaten des Baltischen Meeres vertreten. Ist das ein Aufnahmekriterium, um überhaupt mitspielen zu dürfen?

Kristjan Järvi: Wir haben natürlich auch Musiker aus Italien, aus Chile oder China. Es ist ein internationales Orchester. Die Bedingung ist, dass man in einem der baltischen Länder lebt oder arbeitet. Und da wir alle Einwanderungsländer sind, ist jeder, der dort lebt oder irgendwie aktiv ist, bei uns herzlich willkommen.

BR-KLASSIK: Dieses Orchester gibt es 2018 das zehnte Jahr. Was hat sich vom Anfang bis heute verändert?

Kristjan Järvi | Bildquelle: Edith Held Dirigent Kristjan Järvi | Bildquelle: Edith Held Kristjan Järvi: Wir haben als Jungendorchester angefangen. Der größte Unterschied ist jetzt: Wir sind alle zehn Jahre älter und kein Jugendorchester mehr, aber wir sind immer noch jung. Die Musiker sind zwischen 22 und 45 Jahre alt. Damit gehören wir sicher zu den jüngsten Orchestern, die kein Jugendorchester sind (lacht ein bisschen). Aber was in der Entwicklung für uns wirklich wichtig war: Einige Konzertprogramme spielen wir auswendig. Wir stehen und haben keine Notenständer. Das war am Anfang extrem schwierig, aber wir haben es geschafft, und nun wollen es viele der Musiker gar nicht mehr anders.

Es ist ein bisschen wie bei einer Rockband, die neues Repertoire gelernt hat und das sehr gut beherrscht - dann beginnt erst der Spaß. Dann kann man erst anfangen mit der Art herumzuspielen wie man es präsentiert. Das auswendig spielen macht also auch die Improvisation möglich.

BR-KLASSIK: Die Musiker spielen auswendig. Für das Publikum ist das im ersten Moment doch ein bisschen irritierend. Dirigieren Sie denn auch auswendig?

Kristjan Järvi: Natürlich, sonst wäre es ja blöd. Ich dirigiere normalerweise immer ohne Partitur, doch die Orchester können eigentlich nicht ohne Noten - die sind sowas wie ihr Rettungsring. Aber wenn man den mal los wird, gelangt man auf eine ganz neue Ebene. Aus meiner Sicht, ist das die völlige Emanzipation. Genau daran arbeiten wir gerade. Dieses Gefühl, ohne jede Grenze zu agieren – sei die nun mentaler Art, emotional oder in der Kommunikation. Das müssen wir alles überwinden. Ein Sportler bei den Olympischen Spielen zerbricht sich auch nicht den Kopf darüber, was er nicht kann. Der hat das Ziel, seine Grenzen zu überwinden. Das ist auch unsere Haltung.

Infos zum Konzert

Nordic Pulse - musikalische Geschichten aus dem Ostseeraum
München, Herkulessaal der Residenz
18. September 2018, 20:00 Uhr

Nordic Pulse - musikalische Geschichten aus dem Ostseeraum
Wojciech Kilar:
"Orawa" für Streichorchester
Gediminas Gelgotas: "Mountains. Waters.(Freedom)"
Arvo Pärt: "Fratres" für Violine, Schlagzeug und Streichorchester
Kristjan Järvi: "Aurora" für Violine und Orchester
Jean Sibelius: "Der Sturm" Konzertsuite (arrangiert von Kristjan Järvi)
Imants Kalninš: Symphonie Nr. 4 ("Rock Symphony" 1. Satz)

Mari Samuelsen (Violine)
Baltic Sea Philharmonic
Leitung: Kristjan Järvi

Sendung: "Leporello" am 14. September 2018, 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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