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Kritik - Brittens "Paul Bunyan" an der Frankfurter Oper Mit Suppe auf der Bühne

Brigitte Fassbaender ist an der Oper Frankfurt fest gebucht: Vor drei Jahren hat sie dort "Ariadne auf Naxos" inszeniert, nun hat ihr Intendant Bernd Loebe ein besonderes Stück angeboten, das insbesondere in Deutschland nur selten aufgeführt wird: Benjamin Brittens Oper, Operette, Musical "Paul Bunyan". Man mag das Werk nennen, wie man will - man braucht auf jeden Fall das richtige Händchen und Sinn für Humor. Daran mangelt es Brigitte Fassbaender mit ihrem präzisen Timing für Pointen keineswegs!

Szenenbild der Operette "Paul Bunyan" von Benjamin Britten / Regie Brigitte Fassbaender | Bildquelle: © Barbara Aumüller

Bildquelle: © Barbara Aumüller

Premierenkritik

Brittens Operette "Paul Bunyan" in Frankfurt

Bereits der Beginn des Werks macht Staunen: Es singt ein Chor der alten Bäume. Aber: "Paul Bunyan" ist eben eine kuriose Komposition. Kurios, weil es eine Chor-Operette ist, die dazu mit einer Stimme aus dem Off arbeitet, und als wäre das noch nicht genug, kommt auch noch ein Balladensänger dazu, der dem Publikum als Erzähler mit Westerngitarre in Folk-Songs darlegt, wer dieser Paul Bunyan eigentlich ist. Blues- und Folksänger Biber Herrmann hat mit seinem charmanten Auftritt das Potenzial zum Star des Abends.

Wildes Klischee-Tableau

Eine Prise Folk-Song, ein wenig Blues, etwas Broadway-Musical: Britten malt hier in hier in kunstvoller Überzeichnung über gut zwei Stunden ein wildes Tableau amerikanischer Musikklischees, um einer amerikanischen Legende ein Denkmal zu setzen: dem riesenhaften Holzfäller Paul Bunyan. Ein Titan, so groß, dass allein sein Fussabdruck 47 Axtgriffe gemessen habe, so stark, dass, wo er wirkte, später der Grand Canyon übrig blieb. Zum Glück hat sich eine Meisterin des Fachs dieses Werks als Regisseurin angenommen: Brigitte Fassbaender.

Skurrile Geschichte

Fassbaender erzählt mit Paul Bunyan eine Pioniergeschichte, die sich in etwa so liest: Eine neue Gesellschaft soll Paul Bunyans Mission erfüllen und ein Amerika aufbauen, in dem Menschen und Tiere miteinander reden, in dem jeder seinen Traum verwirklichen kann, in dem Toleranz herrscht. Das klappt aber nicht, weil die Pioniere nur Suppe und Bohnen zu essen bekommen und der Buchhalter, der Bunyans Mission umsetzen soll, auch nur Flausen im Kopf hat: Er will lieber Frösche sezieren als Menschen führen. Die Geschichte ist tatsächlich so skurril. Und genau das nimmt Brigitte Fassbaender sehr ernst, indem sie sie als Persiflage auf ein "Yes, we can" erzählt. Heiter und spritzig - wie Brittens Musik.

Bühne aus Suppensoße

Das funktioniert auch darum so wunderbar, weil ihr Bühnenbildner Johannes Leiacker das Ganze mit einer großen Skulptur à la Andy Warhol veredelt: Er baut eine gelbe Suppensoßenbühne als Fundament: eine breiige, schleimige, cremige Pfütze, die sich aus acht rot-weißen Campbell-Dosen ergießt. Das Ensemble singt und spielt auf dieser Soße, nebenan sitzt und spielt das Orchester unter der Leitung von Nikolai Petersen. Der von dieser Position offenbar nicht ganz so gut hören kann, denn vor allem in den Chorszenen im 1. Akt sind Chor und Orchester über lange Strecken auseinander. Auch im 2. Akt dirigiert Petersen fast ein wenig pedantisch nur für sich, ohne Kontakt zu Sängern und Musikern.

Unterhaltsam und intelligent

Fassbaenders Humor dagegen, ihr präzises Timing für Pointen, machen Spaß, weil sie behutsam amerikanische Klischees konterkariert. Und das Sängerensemble kann bei ihrem Erzähltempo sehr gut mithalten Es sind fast ausschließlich junge Kräfte aus dem Opernstudio dabei und beim Chor Sängerinnen und Sänger der Hochschulen in Frankfurt und Mannheim: großartige Stimmen! Äußerst klangschön, wohltimbriert und homogen agiert das Ensemble, und die einzelnen Sänger vermögen ebenso zu beeindrucken, vor allem Julia Dawson und Elisabeth Sutphen. Insgesamt ein skurriler, unterhaltsamer und intelligent gemachter Opernabend!

"Paul Bunyan" in Frankfurt

Benjamin Britten:
"Paul Bunyan"
Operette in zwei Akten und einem Prolog op. 17

Oper Frankfurt

Dienstag, 11. Oktober, 19.30 Uhr
Mittwoch, 12. Oktober, 19.30 Uhr
Freitag, 14. Oktober, 19.30 Uhr
Sonntag, 16. Oktober, 19.30 Uhr
Mittwoch, 19. Oktober, 19.30 Uhr
Freitag, 21. Oktober, 19.30 Uhr
Samstag, 22. Oktober, 19.30 Uhr

Kommentare (1)

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Donnerstag, 13.Oktober, 20:53 Uhr

Wollensack, Lo

Operette : "Paul Bunyan"

Am meisten freue ich mich auf den bekannten und charmanten Star des Abends:
" Biber Herrmann" in seiner Rolle als Balladensänger.
Das gibt bestmmt wieder einen Ohrenschmaus.

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