BR-KLASSIK

Inhalt

Ein neuer Sammelband portraetiert die Kanzlerin Dirigentenliebling Merkel

Die Kanzlerin geht. Und nicht wenige trauern ihr hinterher. Darunter auch einige prominente Musiker. Daniel Barenboim zum Beispiel, Franz Welser-Möst auch. Und Simon Rattle sowieso. Der eine bewundert ihre Bescheidenheit, der andere schätzt ihre musikalische Expertise und der dritte kochte sogar für sie. Und auch ein gerade erschienener Sammelband porträtiert Merkel als Kultur-Kanzlerin.

Eröffnung der Richard-Wagner-Festspiele 2021 mit einer Neuinszenierung der Oper «Der fliegende Holländer». Die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)unterhält sich mit ihrem Ehemann Joachim Sauer bei einem get-together nach der Premiere im Festspielhaus auf dem Grünen Hügel. | Bildquelle: picture alliance/dpa | Nicolas Armer

Bildquelle: picture alliance/dpa | Nicolas Armer

Dass sich Angela Merkel für Klassische Musik interessiert, ist nicht neu. Mit ihrem Mann Joachim Sauer besucht sie regelmäßig die Bayreuther Festspiele. Und auch in Berlin ist sie nicht selten in Oper oder Konzert zu sehen. "Kultur sollte zum Leben wie das Atmen gehören." – Das ist so ein Merkel-Satz, der auch als Polit-Floskel durchgehen könnte. In ihrem Fall scheint er authentisch zu sein.

Sammelband unterstreicht die Kultur-Affinität der Kanzlerin

Das zumindest legt ein Buch nahe, das die Merkel-Vertraute und einstige Bildungsministerin Annette Schavan nun herausgegeben hat: "Die hohe Kunst der Politik – Die Ära Angela Merkel". Darin versammelt sind auch einige Texte von Künstlerinnen und Künstlern.

Darunter zum Beispiel der Schauspieler Ullrich Matthes, der von Garderoben-Besuchen der Kanzlerin nach Theater-Aufführungen berichtet. Dabei gehe es stets um mehr, als freundliches Lächeln und Händeschütteln. "Sie fragt dann nach inszenatorischen oder spielerischen Details", schreibt Matthes, "und denkt laut nach über das gerade Gesehene (...) – alles Assoziieren manchmal eingeleitet durch ein nicht kokettes 'Kenne mich nicht aus mit Theater, aber...'."

Franz Welser-Möst bewundert die "Musikkritikerin" Merkel

French President Jacques Chirac talks to German chancellor Angela Merkel at the concert hall of the Berlin philharmonic orchestra in Berlin, Saturday, 24 March 2007. | Bildquelle: picture-alliance/ dpa | Rainer_Jensen_/_Pool Angela Merkel mit Jaques Chirac bei einem Konzert in der Berliner Philharmonie | Bildquelle: picture-alliance/ dpa | Rainer_Jensen_/_Pool Solches Interesse im Detail kann auch der Dirigent Franz Welser-Möst bestätigen, der vor kurzem in der FAZ von wiederholten Begegnungen mit der Kanzlerin erzählt hat. "Ich spüre als Dirigent schnell, was die Fragen, die mir jemand nach dem Konzert stellt, über das Verhältnis zur Musik bei den Fragenden verraten.", so Welser-Möst. "Die Art, wie Angela Merkel mich fragte, ließ durchblicken, dass sie nicht nur Interesse für die Musik hat, sondern sich darin auskennt."

Beeindruckt habe ihn vor allem Merkels Urteilssicherheit, was die Einschätzung von Sängerinnen und Sängern angehe. So sei sie einmal im Anschluss an eine Rosenkavalier-Aufführung in seine Garderobe gekommen, um mit ihm intensiv über die Besetzung zu diskutieren. "Sie wusste ziemlich genau, was die Partien fordern und was die Singenden im Einzelnen leisteten."

Daniel Barenboim: Beeindruckt von der Bescheidenheit der Kanzlerin

Und Welser-Möst ist nicht der einzige Stardirigent, der auf gute Erfahrungen mit der Kanzlerin zurückblickt. Im Schavan-Sammelbald äußert sich auch der Chef der Berliner Staatskapelle, Daniel Barenboim. Beeindruckt habe ihn vor allem ihre schon sprichwörtliche Bescheidenheit. "Sie lässt sich nie einladen zu Opern oder Konzerten, sondern kauft sich ihre Karten selbst. Immer!", so Barenboim.

Der durfte sich während Merkels Amtszeit übrigens über eine vom Bund finanzierte Nachbesserung der Akustik an der Staatsoper unter den Linden freuen. Merkels Name blieb da freilich außen vor. Die kulturpolitische Praxis überlies sie den Zuständigen im Kanzleramt: Erst Michael Naumann, seit 2013 Monika Grütters.

Sir Simon Rattle kochte sogar für Merkel

Einer taucht im Sammelband überraschend nicht auf: Sir Simon Rattle. Der designierte Chef des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks begegnete der Kanzlerin in seiner Zeit bei den Berliner Philharmonikern häufiger. Sogar bekocht hat er das Kanzlerpaar. Und auch mal aus dem Nähkästchen geplaudert.

2016 war das, in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. "Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise kam sie mit ihrem Mann und hörte sich dreieinhalb Stunden Pelléas et Mélisande an", erzählte Rattle damals. "Sie liebt klassische Musik (...) Und ihre Entscheidung, im Herbst letzten Jahres kurzfristig die Grenzen zu öffnen, war eine der mutigsten politischen Gesten, die zu meinen Lebzeiten gemacht wurden."

Sendung: "Allegro" am 2. Dezember ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (0)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.
Zu diesem Inhalt gibt es noch keine Kommentare.

    AV-Player