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Revolution bei den Domspatzen Die Mädchen kommen!

Die Regensburger Domspatzen sind einer der berühmtesten Knabenchöre der Welt. Seit der Gründung haben ausschließlich Buben und junge Männer für den Chor gesungen. 2022 wird mit der Tradition gebrochen: Die Domspatzen nehmen erstmals Mädchen auf.

Regensburger Domspatzen | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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'Gloria' hallt es mal tief, mal hell durch den großen Chorsaal. Rund 50 Regensburger Domspatzen proben hier gerade ihren Auftritt, als ein Mädchen den großen Raum im Schulhaus betritt. Viola Klotz und ihr Vater dürfen heute zuhören. Die Probe macht Eindruck bei Viola: "Das klingt sehr schön. Ich würde gerne hierherkommen." Und tatsächlich könnte auch die Neunjährige bald hier stehen und singen.

Über 1.000 Jahre nur ein Knabenchor

Seit 975 haben ausschließlich Jungen und junge Männer für den weltberühmten Knabenchor gesungen. Bis jetzt. Ab dem Schuljahr 2022/2023 wollen die Regensburger Domspatzen erstmals Mädchen aufnehmen. Als einen Bruch mit einer Tradition will Domkapellmeister Christian Heiß diese Veränderung aber nicht verstanden wissen. "Wir brechen ja nicht mit einer Tradition. Wir ergänzen sie. Brechen würde ja bedeuten: Wir schaffen den Knabenchor ab oder wir mischen die Mädchen in den Knabenchor hinein. Beides tun wir nicht." Stattdessen soll es neben dem Knabenchor einen zusätzlichen Mädchenchor geben.

Wir brechen ja nicht mit einer Tradition. Wir ergänzen sie.
Domkapellmeister Christian Heiß

Neue Strukturen, neue Wege

Zusammen mit ihrem Vater lässt sich Viola das Internats- und Schulgebäude zeigen. Seit dem Missbrauchsskandal hat es große Veränderungen bei den Domspatzen gegeben: Es gibt neue Strukturen, mit neuer Führung. Auch das Schulhaus wurde komplett saniert. Und bietet mit einem Schwimmbad so manches Extra, das andere Schulen nicht aufbringen können. Vater Karl-Heinz Klotz, der selbst auf einer kirchlichen Schule war, fiel die Entscheidung daher sehr leicht. "Als Eltern sind wir eigentlich davon überzeugt, dass wir bei den Domspatzen ein optimales schulisches Umfeld vorfinden, in dem Viola ihren musischen und auch den sportlichen Neigungen nachgehen kann."

Aller Anfang ist schwer

Schulleiterin Christine Lohse freut sich darauf, dass bald Mädchen zu dem Domspatzen können. Wegen ihrer vergangenen Einsätze als Lehrerin sind ihr Schülerinnen nicht fremd und die Umstellung ist daher kein Problem. "Vielleicht eher für die Jungs, die das nicht gewohnt sind, ihren Schulalltag mit Mädchen zu verbringen." Daher soll es extra geschultes Personal geben, dass speziell auf die Bedürfnisse der Mädchen eingehen kann und so die Umstellung für alle Geschlechtern erleichtern soll. Nach paar Wochen sei dann alles ganz normal, schätzt Lohse.

Mädchen gehören zu unserer Welt wie Buben eben auch.
Schulleiterin Christine Lohse

Gemischte Schulen bevorzugt

Über 1.000 Jahre war das ebi den Domspatzen aber nicht so. Aber wie viele andere Chöre haben auch sie mit einem Rückgang an Sängern und damit auch an Schülern zu kämpfen. Derzeit sind es 270 Domspatzen. Viele Eltern und ihre Söhne würden gemischte Schulen bevorzugen, teilen die Domspatzen schriftlich mit. Mit der Öffnung der Schule für Mädchen verbinde man auch die Hoffnung, wieder mehr Jungs gewinnen zu können. Als Lückenfüller sollen die Mädchen aber nicht begriffen werden.

Vorsingen auch für Mädchen

Bis Frühjahr läuft noch die Bewerbungsphase. Bereits 15 Mädchen und ihre Eltern haben bei den Regensburger Domspatzen angefragt. Wie jeder Bewerber müssen auch die Bewerberinnen aber erstmal zeigen, was sie können. So auch Viola, die schon zuvor in einem Chor gesungen hat und nun vor Domkapellmeister Christian Heiß steht. Sie hat ein Lied vorbereitet: 'Freude schöner Götterfunken'. Nicht jeder Ton sitzt perfekt. Doch nach einer halben Stunde gemeinsamen Übens bestätigt der Domkapellmeister: Viola hat durchaus Potential. "Sie hat gezeigt, dass sie eine Stimme hat, die gut klingt und die man fördern und aufmachen kann." Die Chancen stehen gut, dass Viola eines der ersten Mädchen bei den Regensburger Domspatzen sein könnte. Nach über 1.000 Jahren als Knabenchor.

Sendung: "Allegro" am 4. Januar 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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