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Mischa Maisky über Martha Argerich "Der Boss ist die Musik"

Seit fast 50 Jahren gelten Mischa Maisky und Martha Argerich als Traumduo. Jetzt treten Sie gemeinsam im Münchener Herkulessaal auf. Aber nicht nur musikalisch, sondern auch freundschaftlich verbindet die beiden viel miteinander.

Mischa Maisky | Bildquelle: Nicolas Brodard/DG

Bildquelle: Nicolas Brodard/DG

BR-KLASSIK: Herr Maisky, ich möchte mit Ihnen heute über Freundschaft sprechen. Seit knapp 50 Jahren musizieren Sie gemeinsam mit Martha Argerich, Sie sind das Traumduo. Können Sie sich noch erinnern, wann und wie Sie sich kennengelernt haben?

Mischa Maisky: Natürlich! Alles, was mit Martha Argerich zu tun hat, ist unvergesslich. Es war im Juli 1975 in Südfrankreich bei einem Festival des Geigers Ivry Gitlis. Ich war gerade in der Gegend und wollte Freunde besuchen – und daraus wurden ein paar Tage. Typisch Ivry Gitlis, lud er mich spontan zu einer Podiumsdiskussion ein und sagte am Ende: "Jetzt spielt doch noch was." Ich hatte gar kein Cello dabei, darauf er: "Macht nix, hier ist eins, nimm das!" Also spielte ich. Ich glaube, es war Schostakowitsch. Genau an dem Abend saß Martha Argerich im Publikum – und offensichtlich gefiel ihr das, was sie hörte. Ein Jahr drauf haben wir dann schon gemeinsam bei dem Festival gespielt.

Martha Argerich: charismatisch, hübsch, einschüchternd

BR-KLASSIK: Was war Ihr erster Eindruck? Wer hat wen angesprochen? Und wie waren die ersten Momente miteinander?

Mischa Maisky: Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich vermute mal, dass ich genauso sprachlos war wie alle, die Martha Argerich getroffen haben zu der Zeit. Sie war schon sehr berühmt, sehr charismatisch, unglaublich hübsch und irgendwie einschüchternd. Aber nur bis zu dem Zeitpunkt, bis man sie kennenlernt, weil so ziemlich das Gegenteil einer Diva mit Starallüren ist, ganz einfach im Umgang. Wir haben uns von Anfang an einfach auf einem sehr natürlichen Weg verstanden, musikalisch und auch menschlich.

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Lesen Sie hier eine "Liebeserklärung" unserer Redakteurin Meret Foster an Martha Argerich.

BR-KLASSIK: Wie laufen denn die Proben bei Ihnen ab, wer ist da der Boss?

Die Pianistin Martha Argerich | Bildquelle: picture alliance/dpa | Daniel Bockwoldt Bevor Mischa Maisky und Martha Argerich mit dem Proben anfangen, reden sie erst einmal über alles Mögliche. | Bildquelle: picture alliance/dpa | Daniel Bockwoldt Mischa Maisky: Der Boss ist natürlich immer die Musik, das ist klar. Aber Proben mit Martha sind schon sehr interessant, weil wir beide grundsätzlich gerne reden. Bevor wir anfangen, tauschen wir uns über alles Mögliche in der Welt aus, Klatsch und Tratsch, erzählen uns Witze und so. Aber wenn wir anfangen, reden wir kaum mehr, weil es einfach nicht nötig ist. Wir haben dieselbe Wellenlänge. Und wenn sich mal jemand nicht ganz wohl fühlt, dann schauen wir uns an und spielen es einfach nochmal. Musik fängt da an, wo Worte aufhören, und wir versuchen durch Musik miteinander zu reden, ohne zwingend darüber zu reden.

Jedes Konzert ist etwas ganz Besonderes.
Mischa Maisky über Martha Argerich

BR-KLASSIK: Das hört sich alles sehr harmonisch an. Haben Sie noch nie gestritten?

Mischa Maisky: Wirkliche Kämpfe gab es noch nie, nein. Ich vergleiche Martha gerne mit dem Leben selbst: Das ist nun mal nicht einfach. Es kann unvorhersehbar sein, es kann auch hin und wieder eine üble Nervensäge sein – aber auf der anderen Seite gibt es nichts Schöneres als das Leben. Und wenn ich ihr zuhöre, dann erwische ich mich manchmal beim Gedanken, was ich mir eigentlich einbilde, neben ihr sitzen zu dürfen. Ich darf mich wirklich sehr glücklich schätzen, mit ihr musizieren zu können. Jedes Konzert ist etwas ganz Besonderes.

Auf einer Insel ohne Instrumente

BR-KLASSIK: Was meinen Sie, wär es eine gute oder eine schlechte Idee, Sie beide zusammen auf eine kleine Insel auszusetzen, allerdings ohne Ihre Instrumente?

Mischa Maisky: Naja, ich würde immer versuchen wollen, so viel Zeit wie möglich mit Martha zu verbringen, weil uns sicher nie langweilig würde. Aber gleichzeitig kann ich mir nicht vorstellen, auf einer Insel ohne Instrumente und Musik zu sein. Denn Musik ist, zusammen mit Familie und Freunden, das Wichtigste im Leben. Also, ich hoffe nicht, dass wir auf der Insel enden.

BR-KLASSIK: Oder Sie müssen eben auf der Insel dann Instrumente bauen.

Mischa Maisky: Das würden wir vermutlich nicht hinkriegen. Ich hoffe doch sehr, dass wir noch viele Jahre haben, in denen wir Musik mit Millionen Menschen teilen können.

BR-KLASSIK: Mischa Maisky, haben Sie ganz herzlichen Dank für das Gespräch!

Mischa Maisky: Ich danke Ihnen!

Sendung: "Allegro" am 22. November 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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