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Internationale Stiftung Mozarteum erwirbt Mozart-Locke und Briefe Kostbare Reliquie oder wertloses Büschel?

Die Internationale Stiftung Mozarteum in Salzburg kümmert sich nicht nur um die Musik Wolfgang Amadeus Mozarts, sondern ist auch ständig auf der Suche nach Erinnerungsstücken des Komponisten: handgeschriebene Noten, Briefe, Instrumente und vieles mehr. Die Stiftung hat mittlerweile die weltweit größte Sammlung an Originalinstrumenten, Porträts, Briefen und anderen privaten Gegenständen aus der Familie Mozart. Nun hat das Mozarteum wieder etwas erworben: drei Schriftstücke und eine angeblich originale Mozart-Locke. Ob sie wirklich echt ist, lässt sich allerdings nicht so leicht überprüfen.

Mozartlocke mit Echtheitsbestätigung, 1844 | Bildquelle: Wolfgang Lienbacher

Bildquelle: Wolfgang Lienbacher

Die angebliche Mozart-Locke ist eher ein kleines unscheinbares Büschel weniger dunkler Haare. Aber immerhin ist sie schön montiert auf einem Blatt mit einem Stich des Wiener Stephansdom. Dieses Erinnerungsstück stammt vom Sammler Aloys Fuchs, der die Haare von Mozarts Sohn Franz Xaver Wolfgang geschenkt bekam. 1844 verschenkte Fuchs die Locke dann weiter. Ein rotes Wachssiegel soll ihre Bedeutung unterstreichen, sagt Armin Brinzing, der Leiter der Bibliothek des Mozarteums: "Als Echtheitsbestätigung hat Herr Fuchs notiert: 'Eigene Haare vom Haupte des unsterblichen Tondichters und Großmeisters der Harmonien Wolfgang Amadeus Mozart'. Schöner kann man es eigentlich überhaupt nicht sagen."

Wir haben nichts, was gesichert von Wolfgang Amadeus Mozart stammt.
Armin Brinzing, Leiter der Bibliothek der Internationalen Stiftung Mozarteum

DNA-Analyse ist nutzlos

Doch was schön klingt, muss nicht unbedingt echt sein. Und gerade bei Mozart gibt es berechtigte Zweifel. Denn der berühmte Komponist wurde 1791 in einem anonymen Grab in Wien bestattet. Niemand kann mit Gewissheit sagen, wo genau Mozart beerdigt wurde. DNA-Analysen helfen also auch nicht weiter, so Armin Brinzing: "Das ganz große Problem bei einer DNA-Analyse ist, dass wir einfach kein Vergleichsmaterial haben. Wir haben nichts, was gesichert von Wolfgang Amadeus Mozart stammt."

Echtheit ist fraglich

Wolfgang Amadeus Mozart | Bildquelle: picture-alliance/dpa Wolfgang Amadeus Mozart | Bildquelle: picture-alliance/dpa Auch bei dem Haarbüschel ist also nicht gesichert, dass zu wirklich von Mozart stammt. Mit der neu gekauften Locke besitzt die Internationale Stiftung Mozarteum mittlerweile fünf solcher Büschel. Vier davon wurden bereits untersucht – mit dem Ergebnis, dass man eigentlich nur sagen kann, dass drei vom selben Träger stammen. Ob dieser Träger nun tatsächlich Mozart war, ist allerdings offen. "Es ist natürlich immer die große Frage inwieweit diese Sachen authentisch sind", räumt Armin Brinzing ein. "Ich möchte es mal so formulieren: Da sie direkt von der Familie kommen, kann es durchaus sein. Man muss aber Fragezeichen setzen, und ich würde auch ungerne etwas abschnippeln. So viele Locken haben wir ja nicht."

Dokument eines Reliquienkults

Die Echtheitsbestätigung des Sammlers Fuchs wurde zudem erst mehr als 50 Jahre nach dem Tod Mozarts verfasst, nämlich im Jahr 1844. Dass die Internationale Stiftung Mozarteum mittlerweile mehrere angebliche Locken des Künstlers hat, hat etwas mit dem wachsenden Kult um die Person zu tun. "Dieser Reliquienkult entwickelte sich im 19. Jahrhundert sehr stark - ob im Fall von Originalhandschriften oder eben von Haaren", erklärt Armin Brinzing. "Man brauchte gar nicht viel, es reichte ein kleines Büschel."

Kostbarer Brief

Brief von Mozart und seiner Mutter an Vater Leopold, 1777 | Bildquelle: Wolfgang Lienbacher Brief von Mozart und seiner Mutter an Vater Leopold, 1777 | Bildquelle: Wolfgang Lienbacher Damals waren es also Haare, heutzutage sind es Autogrammkarten berühmter Persönlichkeiten. Für viel wichtiger als das kleine Büschel hält der Brinzing ohnehin ein mit den Haaren gekauftes Dokument, ein relativ kleines dicht beschriebenes Blatt Papier: "Das ist ein Teil eines Briefes, der schon seit 1844 bei uns ist. Der Großteil der Korrespondenz kam nach dem Tod des jüngsten Sohnes 1844 zu uns, und es ist natürlich etwas besonders Schönes, wenn man so ein Stück komplettieren kann." 

Und so gibt es immer wieder etwas für die Mozarteum-Stiftung zu entdecken, wobei nicht alles auch gekauft werden kann, was auf den Markt kommt. Zum Beispiel wurde in der vergangenen Woche eines von nur vier bekannten zeitgenössischen Mozart-Porträts Mozart im Rahmen einer Auktion bei Christie's in Paris versteigert – für vier Millionen Euro. Der Stiftung war das zu teuer.

Sendung: "Leporello" am 5. Dezember 2019 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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