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Nils Landgren im Interview Die heilende Kraft der Musik

Wegen seiner roten Posaune wird Nils Landgren auch "Mr. Red Horn" genannt. Nach 2015 ist Landgren nun zum zweiten Mal zu Gast bei den Nürnberger Symphonikern. Diesmal mit einem "Tribute to Leonard Bernstein", anläßlich des 100. Geburtstages Bersteins. Bei der Nürnberger Bernstein-Birthday-Party gibt es neben Bernstein-Musik auch Kompositionen etwa von Kurt Weill und Aaron Copland zu erleben. Im BR-KLASSIK-Interview spricht Landgren über seine Begeisterung für Bernstein und den Willen, mit Musik Gutes zu tun.

Posaunist Nils Landgren | Bildquelle: Steven Haberland/ACT

Bildquelle: Steven Haberland/ACT

Aktuelles Interview

Der Jazz-Posaunist Nils Landgren

BR-KLASSIK: „A Tribute to Leonard Bernstein“, so heißt das Programm, das sie jetzt mit den Nürnberger Symphonikern und ihrer Band spielen. Sind Sie Leonard Bernstein eigentlich mal persönlich begegnet?

Nils Landgren: Leider nicht. Aber ich habe seine Tochter Jamie kennengelernt. Eine ganz tolle Frau, die viel von ihrem Vater erzählen kann.

BR-KLASSIK: Er hat ja viel Neues geschaffen in einem unglaublich breiten Spektrum und Sie haben mal gesagt, er sei ein Held und auch ein Wegweiser. Was macht Leonard Bernstein für Sie so besonders?

Nils Landgren: Weil er ein sehr offener Mensch war. Er hat sich für andere Leute eingesetzt. Leute, die es nicht so gut hatten wie er. Er war natürlich nicht unkompliziert. Aber er hatte wirklich ein Ohr und Auge für andere Menschen. Abgesehen davon war er natürlich ein sehr großer Komponist, Arrangeur und Dirigent. All das zusammen macht Leonard Bernstein einmalig.

BR-KLASSIK: Würden Sie sagen, dass er in den vielen Hinsichten auch ihr Vorbild ist?

Nils Landgren: Er hat ja so viel Gutes geschafft in seinem Leben. In dieser Hinsicht ist er ein Vorbild, denn ich möchte auch etwas Gutes tun.

Menschen helfen mit Musik

BR-KLASSIK: Sie engagieren sich ja auch für junge Musiker, sie engagieren sich in anderen Ländern. Also Musikmachen alleine reicht nicht?

Nils Landgren | Bildquelle: Ralf Dombrowski Bildquelle: Ralf Dombrowski Nils Landgren: Musik ist ja mehr als die Töne oder die Noten. Musik ist mein Leben. Und zu einem Leben gehören auch andere Sachen als die rein musikalischen. Die menschlichen Aspekte sind ja auch ein Teil von der Musik. Auch wenn man das vielleicht nicht in den Noten hat. Musik ist, glaube ich, die größte heilende Kraft, die es gibt. Das möchte ich gerne wenn möglich auch vermitteln – und ich tue das auf meine Art und Weise: zu versuchen, so viele Leute wie möglich zu erreichen und auch zu versuchen, Leuten zu helfen, die es nicht so gut haben wie ich.

BR-KLASSIK: Ich denke, es ist auch notwendig, dass das Menschen wie Sie machen, die Musiker sind. Und ich finde es wunderbar, dass Sie erwähnen, dass Musik eine heilende Kraft hat. Denn ich kann mir vorstellen, dass Sie als Musiker da eine ganz besondere Verbindung haben, weil Sie das am eigenen Leib spüren.

Nils Landgren: Ich spiele für Leute in einem Alters-/Demenzheim, wo die Leute nicht mehr reden. Die haben alles vergessen, sie wissen nicht mehr, wie sie heißen. So war das mit meiner Mama auch. Wenn man dann anfängt, Musik von deren Jugendzeit zu spielen, dann fangen sie plötzlich an, nach vier Jahren Stille mitzusingen. Und die können die Texte immer noch. Da sieht man, was für eine unglaubliche Kraft die Musik hat. Das öffnet die Sinne, die schlafen oder fast gestorben sind. Solche Sachen sind auch ein Augenöffner für uns Musiker: Was können wir verändern, was können wir verbessern, wie können wir z.B. besser kommunizieren. Und wir kommunizieren am besten durch die Musik.

Posaune und Gesang

BR-KLASSIK: Sie haben ja angefangen zu singen und werden auch in Nürnberg beim Konzert singen. Irgendwo habe ich gehört, Sie hätten wegen Leonard Bernsteins Songs angefangen zu singen. Oder war das wegen ABBA?

Nils Landgren: Eigentlich keiner von beiden. Ich habe angefangen zu singen, weil ich gerne singen wollte. Aber die Melodien, die Leonard Bernstein geschrieben hat, die sind zum Singen ja wirklich perfekt geeignet. Egal, ob man Opernsänger ist oder nur so singt. Und die haben auch gute Texte, die was erzählen, das ist mir auch sehr wichtig. ABBA auf der anderen Seite haben ja auch sehr gute Melodien. Und ich habe auch bei ABBA mitgespielt. Da muss man sagen, dass die Melodien super sind. Die Texte sind vielleicht einen Tick populärer. Sie erzählen auch eine Geschichte. Und das ist mir auch wichtig und deswegen nehme ich auch ab und zu Songs von ABBA auf.

BR-KLASSIK: Ist es eigentlich so, Herr Landgren, dass das Singen Ihr Musizieren jetzt noch mal verändert hat?

Nils Landgren: Oder vielleicht umgekehrt: dass Spielen mein Singen verändert hat. Ich benutze meinen Gesang, um einen Text zu vermitteln – und eine Stimmung. Und das kann ich dann mit meiner Posaune entwickeln und auch den Weg zeigen, wie es gehen soll, wenn wir zusammen musizieren, ich und meine Mitmusiker.

BR-KLASSIK: Wenn Sie jetzt mit Ihrer Band und den Nürnberger Symphonikern spielen: Die Musik, die Sie da aufführen – Aaron Copland, Kurt Weill, um Musik von Leonard Bernstein herum – da gibt es ja Unterschiede zwischen Jazz und Klassik. Ist das auch Ihr Ziel, diese Genre-Grenzen ein bisschen durchlässiger zu machen?

Nils Landgren: Ich möchte am liebsten, dass es nicht so viele Grenzen gibt. Ich bin ja klassisch ausgebildet. Damals gab es keinen Jazzunterricht und das habe ich dann selber gelernt. Leonard Bernstein selber ist ja ein gutes Beispiel: Er war ja auch ein guter Jazzmusiker. Und er war sehr am Jazz interessiert. Und er hat dann ja auch die Sprache des Jazz verwendet in seiner Musik. In dem Sinne, glaube ich, laufen wir total frei über die Grenzen.

Sendung: "Leporello" am 21. November 2018 ab 16:05 Uhr in BR-KLASSIK.

Weitere Informationen:

Das musikalische Treffen der Nürnberger Symphoniker und Nils Landgren unter dem Motto "A Tribute to Leonard Bernstein" findet statt am Samstag, 24. November 2018 um 20 Uhr in der Meistersingerhalle in Nürnberg.

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