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Schumann-Ausstellung in Zwickau Robert und Clara und ihre jüdischen Freunde

Auch das Robert-Schumann-Haus in Zwickau beteiligt sich heuer am Jubiläum "1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland". In einer Sonderausstellung geht es um die jüdischen Freunde der Schumanns – allen voran Felix Mendelssohn-Bartholdy.

Porträt von Robert Schumann, Holzstisch nach dem Gemälde von Eduard Bendemann, um 1880 | Bildquelle: picture alliance / akg-images | akg-images

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Den Kopf leicht zur Seite geneigt, die Wange auf eine Hand gestützt, mit abwesendem Blick – diese Darstellung des Komponisten Robert Schumann ist weithin bekannt und hat letztlich auch das Bild des in sich versunkenen melancholischen Romantikers geprägt. Das Porträt hängt im Schumann-Haus in Zwickau. Gezeichnet hat es der Maler Eduard Bendemann, ein enger Freund von Clara und Robert – einer der zahlreichen jüdischen Freunde, die im Hause des Ehepaars aus- und eingingen. Wobei er, wie so viele von ihnen, konvertiert und getauft war. Insofern war die jüdische Herkunft auch nur selten Thema.

Rege Brieffreundschaft Claras mit Hermann Levi

Dirigent Hermann Levi | Bildquelle: wikimedia Bildquelle: wikimedia Anders sah das bei Hermann Levi aus, sagt Thomas Synofzik, Leiter des Robert-Schumann-Hauses in Zwickau. Denn der berühmte Dirigent war nicht konvertiert. "Das ist naturgemäß so, weil Levi Sohn eines Rabbiners war", erzählt Synofzik. Deshalb kommen zwischen den Schumanns und Levi auch eine ganze Menge jüdischer Themen zur Sprache: "Zum Beispiel, wenn es darum geht, dass ein Kätzchen gestorben ist und Clara Schumann darüber tief traurig ist und Levi schreibt: Ja ich halte es mit dem Talmud, wo ja sogar das Schlachten von Tieren nur in Form einer religiösen Handlung erlaubt ist. Oder dass Clara Schumann Levis Vater zum Mittagessen einlud und Levi dann schreiben musste: 'Ja, das geht leider nicht, denn mein Vater ernährt sich koscher.'"

Ein reger Briefwechsel dokumentiert die enge Freundschaft zwischen Clara Schumann und Hermann Levi. Ihr konnte nicht einmal die Tatsache etwas anhaben, dass Levi nicht nur "Schumannianer", sondern auch erklärter Anhänger Richard Wagners. Und der war sozusagen ein Gegenspielers ihres Mannes. Nachvollziehen lässt sich das in einer Vitrine, die sich speziell dieser Verbindung widmet: mit Auszügen aus Briefen, Tagebucheinträgen und Programmzetteln gemeinsamer Konzerte.

Kleine, gut recherchierte Sonderausstellung

Salomon Sulzer | Bildquelle: © Wikimedia Bildquelle: © Wikimedia Es ist einer von fünf Schaukästen im Foyer des Schumann-Hauses, die diese kleine, aber feine und detailreich recherchierte Sonderausstellung ausmachen, und in denen von weiteren innigen Freundschaften erzählt wird, etwa zum Geigenvirtuosen Joseph Joachim, wovon ein umfangreicher Briefwechsel mit Clara im Museum existiert. Oder auch zu Salomon Sulzer, der damals Oberkantor der jüdischen Synagoge in Wien war. Für Thomas Synofzik war es eine große Entdeckung, dass Schumann in dem halben Jahr, das er 1838/1839 in Wien verbrachte, mehrfach in der jüdische Synagoge war. "Schumann hat Sulzer in den höchsten Tönen gelobt: Er hat ihn beschrieben als die schönste Stimme in Wien. Ich denke, es waren schon musikalische Gründe, dass Schumann das jüdische Bethaus aufsuchte."

Ausstellung in Zwickau

Die Sonderausstellung "Robert und Clara Schumann und ihre jüdischen Freunde" im Robert-Schumann-Haus in Zwickau ist bis zum 26. September zu sehen.

Auch Einblicke in latenten Antisemitismus

Felix Mendelssohn Bartholdy | Bildquelle: Wikimedia Commons Bildquelle: Wikimedia Commons Der bekannteste und wohl engste Freund der Familie Schumann war sicher Felix Mendelssohn Bartholdy. In der Leipziger Zeit aßen die beiden Herren nahezu täglich gemeinsam zu Mittag, erzählt Thomas Synofzik. Als Schumanns erste Tochter Marie geboren wurde, übernahm Mendelssohn deren Taufpatenschaft. Und letztlich dirigierte der Gewandhauskapellmeister auch die Uraufführung von Schumanns Frühlingssinfonie. Dennoch war Schumann nicht frei von antisemitischen Ressentiments, wie ein Eintrag im Ehetagebuch zeigt. Da schreibt Robert Schumann im November 1840: "Clara sagte mir, dass ich gegen Mendelssohn verändert schiene. Gegen ihn als Künstler gewiss nicht, das weißt du, habe ich doch seit Jahren so viel zu seiner Erhebung beigetragen wie kaum ein anderer. Indes vergessen wir uns selbst nicht zu sehr dabei. Juden bleiben Juden, erst setzen sie sich zehnmal, dann kommt der Christ. Die Steine, die wir zu ihrem Ruhmestempel mit aufgefahren, gebrauchen sie dann gelegentlich, um auf uns damit zu werfen."

Diese Äußerung ordnet die Ausstellung in den zeitlichen Kontext ein und kontrastiert sie mit schriftlichen Zeugnissen Robert Schumanns, in denen er Mendelssohn wiederum einen "Ehrgeiz im edelsten Sinne" bezeugt. Und so gewährt die Schau letztlich, auch wenn es nicht ihr vordergründiges Anliegen ist, Einblicke in jüdische Lebenswelten des 19. Jahrhundert – unter anderem geprägt von bedingungsloser Assimilation und von latentem Antisemitismus. Aber eben auch von innigen Beziehungen, unbeeinflusst von Herkunft und Religion. Wie die von Clara und Robert Schumann zu ihren jüdischen Freunden und – nicht zu vergessen – Freundinnen.

Sendung: "Allegro" am 13. Juli 2021 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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