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Kritik an Festschrift für Siegfried Mauser Sexualstraftäter mit "weltumarmendem Eros"

Siegfried Mauser ist rechtskräftig zu knapp drei Jahren Gefängnis verurteilt – wegen sexueller Nötigung. Nun erscheint zu seinem 65. Geburtstag Anfang November eine Festschrift, unter den Autoren sind zahlreiche Mitglieder der Bayerischen Akademie der schönen Künste. Kritiker sehen darin den Versuch einer Reinwaschung.

Siegfried Mauser bei der "Happy New Ears"-Preisverleihung von Musica Viva | Bildquelle: Astrid Ackermann (Archivbild)

Bildquelle: Astrid Ackermann (Archivbild)

Komponist und Musikpädagoge Siegfried Mauser muss ins Gefängnis. Anfang Oktober hat der Bundesgerichtshof ein Urteil des Münchner Landgerichts bestätigt. Für zahlreiche Mitglieder der Akademie der schönen Künste ist das dennoch kein Hinderungsgrund, den verurteilten Sexualstraftäter mit einer Festschrift zu würdigen. Zeitgenössische Komponisten wie Aribert Reimann, Helmut Lachenmann und Wolfgang Rihm zählen zu den Autoren, aber auch Sängergrößen wie Christian Gerhaher. Die Akademie betont, nicht Herausgeber der Festschrift zu sein.

Lesen Sie hier den Kommentar von BR-KLASSIK-Redakteur Bernhard Neuhoff zur Causa Siegfried Mauser.

Ein kontroverses Vorwort

Die Publikation mit dem Titel "Musik verstehen – Musik interpretieren" sorgt bereits wenige Tage vor Veröffentlichung für internationale Empörung, vor allem wegen eines Satzes im Vorwort: "Seine Visionen und sein unbändiger Tatendrang, die ansteckende Spontanität und begeisternde Vitalität haben ihm manche Kritik eingetragen – und sein bisweilen die Grenzen der bienséance überschreitender weltumarmender Eros hat für ihn schwerwiegende rechtliche Folgen gehabt." Autoren dieses Vorworts sind die Herausgeber der Festschrift, also Dieter Borchmeyer, Susanne Popp und Wolfram Steinbeck.

Sein bisweilen die Grenzen der bienséance überschreitender, weltumarmender Eros hat für ihn schwerwiegende rechtliche Folgen gehabt.
Aus dem Vorwort der Festschrift

Stellungnahme der Akademie der schönen Künste vom 14. November 2019:

Die Leitung der Akademie spricht den Opfern von Herrn Mauser ihr Bedauern aus.

Die Akademie hat die Strafverfahren gegen Siegfried Mauser nie in Frage gestellt. Die ausgesprochenen Urteile hat sie nie kommentiert. Dies tun einzelne Akademiemitglieder öffentlich. Sie sprechen dabei nur für sich selbst. Die Akademie distanziert sich mit Nachdruck von diesen Äußerungen.

Die Leitung der Akademie hat Siegfried Mauser den Austritt aus der Akademie nahegelegt, andernfalls wäre ein Ausschlussverfahren erfolgt. Siegfried Mauser hat seinen Austritt inzwischen erklärt.

Die Akademieleitung hält jede öffentliche Ehrung ihres ehemaligen Mitglieds Siegfried Mauser für unangemessen.

Die Bayerische Akademie der Schönen Künste gibt die Festschrift für Siegfried Mauser nicht heraus und ist an ihrer Finanzierung nicht beteiligt. Sie hätte es begrüßt, wenn nach der rechtskräftigen Verurteilung die Festschrift zumindest seitens der Herausgeberschaft in Frage gestellt worden wäre.

Die Akademie wird Strukturen prüfen sowie Maßnahmen und Lösungsvorschläge diskutieren, um die aufgetretenen Probleme zu beseitigen.

Rücktritt von Mauser

Mauser war selbst jahrelang Direktor der Musikabteilung der Bayerischen Akademie der schönen Künste. In der Akademie sollte über ein Ausschlussverfahren gegen ihn abgestimmt werden, doch der ehemalige Hochschulrektor kam dem mit seinem Rücktritt in der vergangenen Woche zuvor. Die Sängerin Brigitte Fassbaender hatte zuvor erklärt, sie werde selbst die Akademie verlassen, wenn Siegfried Mauser weiter Mitglied bleibe.

Sendung: "Allegro" am 31. Oktober 2019 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Transparenzhinweis

Die Bayerische Akademie der schönen Künste ist nicht Herausgeber der Festschrift. In einer früheren Version der Meldung wurde dies von BR-KLASSIK fälschlicherweise so dargestellt.

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