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Ein Musikpsychologe klärt auf Warum Singen gesund ist

Singen tut uns gut, das spüren nicht nur Chorsänger*innen. Aber lässt sich das auch wissenschaftlich beweisen? Was passiert beim Singen mit unserem Körper und unserer Psyche? Suzanna Randall, Astronautin und Host des BR-KLASSIK-Podcasts "Kosmos Musik", hat den Musikpsychologen Prof. Gunter Kreutz befragt.

Kinder schauen auf Noten und singen | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Wenn ich singe, fühle ich mich sofort besser. Aber warum? Der amerikanische Psychologe Robert Beck wollte es genauer wissen. Er untersuchte Speichelproben von Chorsängerinnen und -sängern und fand heraus: Im Laufe der Chorprobe sank der Cortisolspiegel. Dafür stieg die Ausschüttung von sekretorischem Immunglobulin A, ein Protein, das von den Schleimhäuten der oberen Atemwege ausgeschüttet wird. Unsere erste Verteidigungslinie gegen Infekte. Singen wirkt sich also positiv auf unser Immunsystem aus.

"Kuschelhormon" Oxytocin steigt während der Chorprobe an

Podcast "Kosmos Musik" mit Suzanna Randall | Bildquelle: BR / Markus Konvalin Suzanna Randall: Austronautin, Musikbegeisterte und Podcast-Host | Bildquelle: BR / Markus Konvalin Liegt dieser Effekt am Singen oder einfach an der schönen Musik? Das habe ich Gunter Kreutz gefragt, Musikpsychologe an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. "Nein, Musik hören allein reicht nicht", sagt Gunter Kreutz. "Da muss man schon selbst mitsingen." Macht ja auch viel mehr Spaß, finde ich. Wenn ich im Chor singe, fühle ich mich wie in einer großen Familie.

Dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit lässt sich sogar wissenschaftlich messen, erklärt der Musikpsychologe: Das "Kuschelhormon" Oxytocin steigt an. "Dieser Anstieg deutet darauf hin, dass sich beim Singen auch eine Bindungsaktivität auf physiologischer Basis vollzieht." Und zwar deutlich stärker, als wenn man sich nur miteinander unterhält. Mein Tipp an Paare: Versucht es statt Gesprächstherapie mal mit gemeinsamem Singen!

Kosmos Musik : neuer Wissens-Podcast mit Suzanna Randall

Wie klingt das Weltall? Fördert Klavier spielen die Intelligenz? Und wie musizierten Steinzeitmenschen? Auf diese und andere spannende Fragen antwortet der neue Wissens-Podcast "Kosmos Musik" mit der Astrophysikerin und angehenden Astronautin Suzanna Randall. Jede Woche donnerstags eine neue Folge: bei BR Podcast, in der ARD Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt.

Beim Singen im Chor passiert noch etwas: Ich habe das Gefühl zu wissen, wie sich die Sängerin neben mir fühlt. Auch dieses Phänomen ist untersucht, etwa bei Kindern: "Wenn man die Kinder synchronisiert, indem man sie zum Beispiel zusammen klatschen, bewegen, singen lässt, schärft man auch die Wahrnehmung füreinander", so Kreutz. Man spricht hier von sozialer Integration. Das eine Kind weiß, was in dem anderen vorgeht, weil es genau das gleiche tut.

Religiöse Gesänge entschleunigen Atemrhythmus

Porträt des Musikpsychologen Gunter Kreutz | Bildquelle: Universität Oldenburg Der Musikpsychologe Gunter Kreutz erforscht, warum uns das Singen glücklich macht. | Bildquelle: Universität Oldenburg Bestimmte Chorwerke erheben mich besonders, beispielsweise das Requiem von Maurice Duruflé. Obwohl ich kein gläubiger Mensch bin und auch mit dem lateinischen Text überhaupt nichts anfangen kann. Diese beruhigende Wirkung könnte an der Art der religiösen Gesänge liegen. Sie sind oft so komponiert, dass wir in einen ganz bestimmten Atemrhythmus kommen, so Kreutz. Ein Zyklus von vier bis sechs Atemzügen pro Minute registriert das Gehirn als Entspannung. Der Blutdruck stabilisiert sich, Organe und Gehirn werden besser durchblutet. Singen hat also viele positive Effekte auf unseren Körper. Wenn das keine Motivation ist, öfter einfach mal zu singen!

Sendung: "Allegro" am 17. Februar 2022 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Sonntag, 20.Februar, 09:47 Uhr

Sabine

Sogar alleine singen steigert das Wohlbefinden

Meine Mutter (85) erzählt, dass ihr Vater immer sang, wenn er Sorgen hatte. Zwar kommt hier sicher auch der religiöse Aspekt ins Spiel- mein Großvater war ein einfacher Handwerker auf dem Dorf und kannte nur Kirchenlieder- aber aus eigener Erfahrung möchte ich berichten, dass singen auch ohne Chor das Wohlbefinden und damit wohl auch den Immunstatus hebt.
Vor diesem Hintergrund habe ich im Kindergarten trotz Verbot mit den Kindern gesungen...

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