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Ring-Regisseur Valentin Schwarz nach Absage der Bayreuther Festspiele "Auf Wagner-Entzug gesetzt"

Eigentlich wäre Regisseur Valentin Schwarz gerade mitten in den Proben für den "Ring" bei den Bayreuther Festspielen. Doch wegen des Coronavirus wurden alle Vorstellungen abgesagt. Richard Wagners Tetralogie soll voraussichtlich erst 2022 wieder auf dem grünen Hügel gezeigt werden. BR-KLASSIK hat mit Valentin Schwarz, der gerade zu Hause in Stuttgart ist, über die Situation in Bayreuth gesprochen.

Bildquelle: dpa-Bildfunk/Sebastian Kahnert

Interview mit Valentin Schwarz zum Anhören

BR-KLASSIK:  Letzte Woche haben Sie erfahren, dass die Festspiele in Bayreuth diesen Sommer nicht stattfinden werden. Was war Ihr erster Gedanke, als Festspielleiterin Katharina Wagner Sie anrief, um Ihnen diese Nachricht zu überbringen?

Valentin Schwarz: Der erste Gedanke war: Nun kommt also doch, was wir alle befürchtet haben. Wir hatten natürlich bis zuletzt versucht, eine mögliche Absage mit all den Konsequenzen gedanklich auszublenden. Nun wurde die Entscheidung zur Absage der Festspiele von den Gesellschaften doch getroffen. Ich glaube, die Vernunft hat wohl gesiegt.

BR-KLASSIK: Wie ist die Stimmung gerade bei den Beteiligten in Bayreuth?

Valentin Schwarz: Wir als Team sind natürlich künstlerisch ausgebremst. Jetzt wären wir gerade richtig gestartet. Die ganzen Vorbereitungen, die Manpower, die Gewerke und die Kostüme – all das muss jetzt auf Eis gelegt werden. Das ist natürlich schon hart, hier so auf Wagner-Entzug gesetzt zu werden.

Der Kontakt zum Publikum fehlt mir gerade sehr.
Regisseur Valentin Schwarz

BR-KLASSIK:  Was tun Sie denn gegen den "Wagner-Entzug"?

Valentin Schwarz: Ich versuche mich selber zu sortieren und die künstlerischen Energien, die ich für dieses Projekt gehabt hätte, neu zu kanalisieren, sie in Projekte zu stecken, die ich jetzt machen kann. Mal sehen, wann wir wieder auf unser Publikum treffen können. Das ist ja das Wichtigste für uns Künstler.

Der neue "Ring" soll 2022 in Bayreuth zu sehen sein

BR-KLASSIK: Es ist ja noch nicht ganz klar, wann es Ihren "Ring" in Bayreuth nun geben wird, 2022 wird angestrebt. Warum ist dieser Plan momentan noch vorläufig und noch nicht fix?

Valentin Schwarz: Zwei Dinge spielen da eine Rolle: erstens die sehr langen Engagements vieler Sängerinnen und Mitwirkenden. Im Musiktheater werden die Verträge oft Jahre im Voraus geplant. Und zweitens: Beim "Ring", der verstärkten Probenaufwand erfordert, startet man sehr früh mit den Proben. Das heißt, es wird jetzt auf jeden Fall alles dafür getan, dass wir 2022 den "Ring" in Gänze präsentieren können. Das ist für die Bayreuther Festspiele auch besonders wichtig, denn Bayreuth ist die einzige Spielstätte, wo man den gesamten "Ring" innerhalb von nur einer Woche sehen kann.

BR-KLASSIK: Können Sie dem Ganzen auch etwas Positives abgewinnen? Ist man bei so einem großen Projekt nicht vielleicht auch ein bisschen froh, dass man jetzt länger daran arbeiten kann?

Festspielhaus in Bayreuth | Bildquelle: Bayerischer Rundfunk 2020 Keine Vorstellung im Festspielhaus: In diesem Jahr fallen die Bayreuther Festspiele wegen des Coronavirus aus. | Bildquelle: Bayerischer Rundfunk 2020 Valentin Schwarz: Die Vorbereitungen wurden zu hundert Prozent abgeschlossen. Mein Konzept steht und alle Beteiligten standen schon in den Startlöchern. Jetzt fehlt der entscheidende Schritt: der Kontakt zu den Sängerinnen und Sängern, um das Konzept weiter zu verfeinern, um die Figuren zu entwickeln. Trotzdem: Die Zeit, die verstreicht, bis der "Ring" wieder geprobt werden kann, ist natürlich keine leere Zeit. Wir entwickeln uns alle als Künstlerpersönlichkeiten weiter. Aber der "Ring" selber wird jetzt quasi eingefroren und dann wieder frisch aufgetaut.

Jede Planungssicherheit geht gerade verloren, solange man nicht weiß, wie lang die Krise noch andauert.
Regisseur Valentin Schwarz

BR-KLASSIK: Nächstes Jahr, das hat uns Katharina Wagner im Interview verraten, sollen die Proben zum "Ring" parallel zum laufenden Spielbetrieb stattfinden – wahrscheinlich auch wegen der vertraglich gebuchten Zeitfenster der Künstlerinnen und Künstler. Halten Sie das für machbar?

Valentin Schwarz: Die genauen vertraglichen Abmachungen sind mir noch nicht bekannt, da sind alle gerade noch im Austausch. Ich halte es allerdings für praktisch, weil natürlich sehr viele Sänger in Bayreuth nicht nur in einer Produktion, sondern in mehreren Produktionen tätig sind. Dementsprechend finde ich es sinnvoll, diese Zeit vor Ort zu nutzen.

BR-KLASSIK: Wie geht es Ihnen persönlich? Haben Sie große finanzielle Verluste und mussten sich den Zeitraum in 2022 freischaufeln?

Valentin Schwarz: Für uns Künstler ist es gerade ein großer Einschnitt, der die ganze Lebensplanung betrifft. Wir müssen in dieser Krise eine gewisse Flexibilität an den Tag legen und zeigen, dass wir gemeinsam mit dem Publikum die Möglichkeiten schaffen wollen, um das Ganze zu überstehen. Was auch bedeutet, geplante Projekte umzuschmeißen.

Sendung: "Allegro" am 7. April 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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