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Mozarts "Figaro" in Coburg Es geht um Liebe

Sie ist ein Stück musikalisches Welterbe und wird weltweit regelmäßig auf die Bühne gebracht: Mozarts Oper "Die Hochzeit des Figaro". Aber lässt sich diesem Repertoire-Dauerbrenner tatsächlich noch etwas Neues abringen? In Coburg wagt man die Probe aufs Exempel; am dortigen Landestheater feiert der "Figaro" am 3. Juni Premiere. BR-KLASSIK hat sich bei den Proben umgesehen.

Szenenbild aus der Mozartoper "Die Hochzeit des Figaro" am Landestheater Coburg | Bildquelle: © Andrea Kremper

Bildquelle: © Andrea Kremper

"Es macht etwas mit der Seele", sagt Susanne Lietzow, die beim Coburger "Figaro" Regie führt. "Man ist in einer so unglaublichen traurigen Leichtigkeit gefangen durch diese Musik. Ich bin in einem eigenartigen, aber ganz wunderbar schwebenden Zustand durch diese Beschäftigung - sechs Wochen - mit diesem wahnsinnigen Genie. Es ist eine erhebende und tragende Musik, die die Psyche der Figuren aufmacht: Das macht es einfach so interessant, dort tiefer hineinzuschauen. Das ist keine Sommerkomödie - absolut nicht."

Intensität von faustischem Ausmaß

Und damit ist auch schon die Spur gelegt. Es geht nicht ein humoriges Verwirr-Spiel, mit dem die Gräfin ihren Gatten wegen seiner Untreue bloßstellt. Es geht um Liebe: Verliebte, verbitterte, verlorengegangene, vergiftete, verständnisvolle, sich verzehrende - eine unglaubliche Vielfalt. Daraus entsteht durch Susanne Lietzows Regie eine Intensität von faustischem Ausmaß; weil eben Liebe die Welt im Innersten zusammenhält. Alexander Merzyn, der erste Kapellmeister des Landestheaters Coburg, wird dabei zu ihrem Verbündeten. "Ich versuche eigentlich, mich in der Interpretation - gerade bei Mozart - immer über die Emotion der einzelnen Figuren, der einzelnen Personen zu nähern" sagt der Dirigent. "Das heißt, ich schaue, was empfindet wer an welcher Stelle. Das wird oft durch den Text ausgedrückt, aber nicht immer. Manchmal gibt es auch unausgesprochene Dinge, die nur in der Musik stattfinden, und ich glaube, wenn man sich über die Emotionen und Befindlichkeiten nähert, dann kommt man zu einer Art, wie man selbst das interpretieren möchte."

Der kleine, intelligente Widerstand des Hauspersonals ist etwas ganz Großes.
Susanne Lietzow

Denn eine wirklich eigenständige Interpretation ist nicht einfach, denn den "Figaro" kennt jeder. An der Emotion der Figuren entlang Mozart zu folgen, ist eine gute Möglichkeit, die Energie der Partitur erfahrbar zu machen. Das verlangt aber auch, sich hineinzubegeben in die Irrungen und Wirrungen, sich auszusetzen. So sollen alle Handlungsstränge der Oper zum Leben erwachen: "Ich finde die Beziehungskonstellationen extrem interessant" erläutert Susanne Lietzow. "Es ist natürlich auch die Grundkonstellation eines feudalistischen Unrechts: Diese Hierarchien sind ja ganz klar gezeigt und in die Geschichte eingebettet; der kleine, intelligente Widerstand des Hauspersonals ist ja auch was ganz Großes. Und dann gibt es halt diese unglaubliche Genauigkeit, in Liebeslust reinzuschauen, in die Psyche von Liebeslust."

Kein Schönklang, sondern volle Emotion

Einen Aspekt davon verkörpert Cherubino, der vor leidenschaftlicher Emotion förmlich zu bersten droht. Ruhiger, ernüchterter, in stiller Größe dagegen zeigt sich die Gräfin, wenn sie am Schluss ihrem treulosen Gatten verzeiht. Beides ist Liebe. Und beides stellt den Zuschauern die Frage: "Wie willst Du lieben? Wie willst Du leben?" Entsprechend viele musikalische Facetten hat sich Alexander Merzyn zum Ziel gesetzt: "Es geht nicht um bloßen Schönklang, sondern um volle Emotion - auch in den strengen, den grausamen und den verzweifelten Momenten. Aber man muss natürlich auch immer es nach Mozart klingen lassen. Es darf nicht an Schostakowitsch erinnern am Schluss oder an Beethoven. Es muss immer Mozart bleiben."

Gesichter auf der Bühnenwand

Und zwar in seiner ganzen Intensität. Susanne Lietzow scheut das große Gefühl nicht, um das Publikum in Bann zu schlagen und das ist buchstäblich gemeint: Bei einigen Arien werden Filme der Gesichter der Sängerinnen und Sänger meterhoch auf die Rückwand der Bühne projiziert. "Wir haben diesen Versuch gestartet, der für alle Beteiligten auch interessant war", erzählt die Regisseurin. "Wir haben ja sozusagen die Arien vor der Kamera nur gedacht und nicht gesungen - und dadurch erzählt sich natürlich über die Augen auf eine ganz eigenartige Form der Inhalt, der 'Gedanke' der Arien."

Seelenerforschung und Gefühlslabor, Reflexion und Ironie; präsentiert in fröhlich-flippigen Kostümen mit viel Spielwitz: Das ist der Coburger Figaro 2017.

Der "Figaro" in Coburg

"Die Hochzeit des Figaro"
Komische Oper von Wolfgang Amadeus Mozart
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Landestheater Coburg

Premiere:
Samstag, 03. Juni 2017, 19.30 Uhr

Weitere Vorstellungen:
Donnerstag, 08. Juni 2017, 19.30 Uhr
Sonntag, 11. Juni 2017, 18.00 Uhr
Freitag, 23. Juni 2017, 19.30 Uhr
Mittwoch, 05. Juni 2017, 19.30 Uhr
Dienstag, 11. Juni 2017, 19.30 Uhr

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