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"L' Huomo" in Bayreuth Barockoper im Barocktheater

Barockoper im UNESCO Welterbe: Vor fast 270 Jahren inszenierte Wilhelmine von Bayreuth "L’Huomo" in ihrem neu errichteten Opernhaus. Nun ist das Werk dort wieder zu sehen. Ein barockes Theaterfest im Radio und im Stream.

Das Ensemble 1700 unter der Leitung von Dorothee Oberlinger | Bildquelle: Johannes Ritter

Bildquelle: Johannes Ritter

Vielleicht ist es etwas übertrieben, Richard Wagner als Seelenverwandten der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth zu bezeichnen, die ein Jahrhundert vor ihm gelebt hat. Aber zumindest haben sie einiges gemeinsam: Beide haben in Bayreuth ein Opernhaus errichten lassen, eigens um ihre Vorstellungen vom Musiktheater adäquat umsetzen zu können. Sie haben sich nicht mit dem Vorhandenen zufrieden gegeben, sondern ihre Visionen mit Leben gefüllt. Und beide Häuser sind immer noch nahezu im Originalzustand erhalten.

Das Markgräfliche Opernhaus der Wilhelmine ist inzwischen UNESCO Welterbe und wer einmal in den Prunk und Glanz des Innenraums eingetaucht ist, wird diesen Eindruck nicht mehr so schnell vergessen. Wenn dann dieses Ambiente auch noch mit den dazu gehörigen Klängen erfüllt ist, fühlt sich der Opernabend wie eine Zeitreise an und vielleicht wirft der eine oder die andere einen verstohlenen Blick in die Fürstenloge, ob sie nicht dort sitzen: Markgräfin Wilhelmine und ihr Bruder, der preußische König Friedrich der Große. Der war nämlich damals zu Besuch, 1754, und bekam natürlich wie jeder hohe Gast eine eigens hierfür komponierte Festoper präsentiert.

Überlegenheit der weiblichen Seele

Wahrscheinlich hat Friedrich der Große schon geahnt, dass er keine der üblichen Huldigungswerke vorgesetzt bekommt – dazu kennt er seine Lieblingsschwester mit ihrem spitzbübischen Selbstbewusstsein und ihrer fulminanten Bildung zu gut. Und er sollte recht behalten: Anstatt dem preußischen König seine Macht und Weisheit allegorisch vorzuführen, feiert Wilhelmine die Überlegenheit der weiblichen Seele, die generös über die Unzulänglichkeiten der Männer hinwegsieht. Und beruft sich dabei noch auf die Philosophie des persischen Religionsstifters Zarathustra.

Ausstrahlungen der Oper "L'Huomo"

Die Aufführung am 6. Mai 2023 im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth übertragt BR-KLASSIK live im Videostream (ab 1. Juli 2023 on demand) sowie im Hörfunk.

"L’Huomo" (doppeldeutig: Der Mensch und der Mann) ist die "Festa Teatrale" betitelt. Wilhelmine selbst hat das Libretto verfasst und die Musik beim Münchner Vizekapellmeister Andrea Bernasconi in Auftrag gegeben. Einige Arien hat sie aber auch selbst komponiert. Außerdem gibt es Arien von Johann Adolph Hasse, Baldassare Galuppi und Ballette von Carl Heinrich Graun.

Live im Radio und Stream

Detail der Videoinstallation | Bildquelle: Christoph Brech Videoinstallation für das Bühnenbild von "L'Huomo" von Christoph Brech | Bildquelle: Christoph Brech Nun erklingt die ebenso festliche wie hintersinnige Oper wieder am Ort ihrer Uraufführung, neu inszeniert von Regisseur Nils Niemann und Videokünstler Christoph Brech, der die barocke Theatermaschinerie mit Hilfe moderner Videotechnik wieder aufleben lässt. Dorothee Oberlinger leitet das Ensemble 1700 und ein herausragendes Solistenensemble um Maria Ladurner, Philipp Mathmann und Simon Bode. BR-KLASSIK überträgt das Ereignis live im Hörfunk und im Videostream auf www.br-klassik.de/concert. Außerdem ist "L'Huomo" ab 11. Juni in derselben Besetzung bei den Musikfestspielen Potsdam Sanssouci zu erleben.

Spannende Forschungsfragen

Möglich gemacht hat diese Aufführung der Oper an ihrem authentischen Uraufführungsort ein Forschungsprojekt der Universität Bayreuth. "Es ist eines der wenigen Werke, zu dem Notenmaterial überliefert ist“, sagt Projektleiterin Kordula Knaus. „Spannende Forschungsfragen ergeben sich vor allem an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis: Inwiefern hat Wilhelmine das Werk szenisch und optisch auf das üppig ausgestattete Bayreuther Markgräfliche Opernhaus ausgerichtet? Können die aufwendigen visuellen Effekte oder Verwandlungen, die eine barocke Buhnenmaschinerie voraussetzen, mit heutigen Mitteln nachvollzogen werden?"

Deshalb gibt es auch begleitend zur Opernaufführung eine wissenschaftliche Tagung zum Thema "Von Karrieren und symbolischem Kapital. Das Gesangspersonal der italienischen Oper an deutschsprachigen Höfen um 1750." Wer mehr über die barocke Oper in Bayreuth wissen möchte, ohne sich gleich wissenschaftlich damit auseinanderzusetzen, kann auch das gerade neu eröffnete Opernhausmuseum der Staatlichen Schlösser- und Seenverwaltung besuchen – direkt neben dem Markgräflichen Opernhaus.

Sendung: Opernabend live aus dem Markgräflichen Opernhaus Bayreuth am 6. Mai 2023 um 19.30 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Sonntag, 14.Mai, 18:11 Uhr

ein Hörer

L'Huomo

Naja, das ist doch sängerisch schon ziemlich mittelprächtig, mit etlichen technischen Defiziten. Und dem Orchester fehlt es an Verve, an federnder Rhythmik, an Dynamikabstufungen. Da könnte deutlich mehr drin sein.

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