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Kritik – "Z" von Minas Borboudakis bei den Münchner Opernfestspielen Politischer Mord als aktueller Opernstoff

Da sage noch einer, zeitgenössische Tonsetzer seien zu wenig politisch! Minos Borboudakis, gebürtiger Grieche, jedoch seit seinem Münchner Kompositionsstudium der Isarmetropole sehr verbunden, setzte den vor allem durch Costa-Gavras meisterhafte Verfilmung bekannten Roman "Z" als Oper um. Es geht um die (wahre) Geschichte des linken Oppositionspolitikers Grigoris Lambrakis, der 1963 ermordet wurde. Die deutsche Erstaufführung ging am 1. Juli in der Reithalle in München über die Bühne.

Ensemble der Bayerischen Staatsoper | Bildquelle: Wilfried Hösl

Bildquelle: Wilfried Hösl

Wie werden Massen aufgehetzt, wie behauptet sich ein Pazifist in einem überhitzten gesellschaftlichen Klima? Bleibt etwas Gutes, Zukunftsweisendes, strahlt "Z" als Vorbild (bis) in unsere Zeit? Diese Fragen verhandelt das gut zweieinhalbstündige Stück in einer Mischung aus sehr abstrakten Szenen und dann wieder die Kitschgrenze übersteigenden Momenten. Regisseur Kevin Barz packt die Handlung gleichsam mitten ins Publikum, gespielt wird auf oder neben einem langen Steg, an den Seiten sitzen die Zuschauer, direkt neben Straßenlaternen oder einem Hotelschild. Die Spielorte sind lediglich angedeutet, Barz konzentriert sich ganz auf Gesten, Licht und Schatten.

Pochendes Schlagwerk

Borboudakis unterlegt die mal gesprochenen, mal mittelexpressiv gesungenen Texte oft mit pochendem Schlagwerk, schrillem, hohem Blech oder E-Gitarren-Sounds. Bisweilen "sprechen" die Instrumente höchst selbst, sie wimmern, stöhnen, drohen. Der Steg, dazu mehrere Gazevorhänge, das meist abstrakte Spiel, alles passt zum Titel "Festspiel-Werkstatt", dem Off-Programm der Opernfestspiele. Die Musiker (unter Leitung des Komponisten) sind auf der Bühne positioniert, man kann sie beim Produzieren von Klängen genau beobachten. Besetzt ist das Ganze prima, Edmund Telgenkämper brilliert als Z (eine Sprechrolle), dazu kommen Gesangs-Koryphäen wie Simon Bailey oder Joshua Owen Mills.

Langatmige zweite Hälfte

Oğulcan Yilmaz (Untersuchungsrichter), Niklas Mallmann (Gerichtsmediziner) | Bildquelle: Wilfried Hösl Oğulcan Yilmaz (Untersuchungsrichter), Niklas Mallmann (Gerichtsmediziner) | Bildquelle: Wilfried Hösl Etwas mehr als eine Stunde lang geht die Sache gut, dann ist Pause, es folgt – leider – der zweite, deutlich längere und langatmigere Teil. Jetzt mischen sich die vorher eher realistisch wirkenden Figuren und Geschehnisse mit raunendem musikalischem Pathos und zunehmend klappernden Texten. Das Finale dreht sich nicht enden wollend um Z, der als Toter lebe und doch lebend ein Toter sei. Auch wir, so tönt das Opernorakel, möchten bitte bedenken, dass wir erst dann richtig leben, wenn wir bereit sind, jeden Augenblick zu sterben. Wie schade, dass eine gute Idee, umgesetzt mit beträchtlichem Aufwand, letztlich derart im Kitsch versandet. Dennoch, dem Jubel des Publikums nach zu urteilen, kam die Sache an. Bleibt zu erwähnen, dass manche das unruhige Rauschen im zweiten Teil für ausgeklügelte Live-Elektronik (die es im Stück auch gibt) hielten, allein es war ein überaus heftiges Unwetter. Oder doch jemand, der im Grab rotierte?

Sendung: "Leporello" am 02. Juli 2019 ab 16:05 auf BR-KLASSIK

"Z" an der Bayerischen Staatsoper

Musiktheater in deutscher Sprache für Kammerensemble, Sänger und Chor
Auftragswerk für die Alternative Stage der Greek National Opera
Deutschsprachige Erstaufführung

Bayerische Staatsoper

Regie: Kevin Barz
Musikalische Leitung: Minas Borboudakis

Informationen zu Terminen, Besetzung und Vorverkauf erhalten Sie auf der Homepage der Staatsoper.

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