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Zoom: Beethoven und die Frauen Unglückliche Schwärmereien und zerstörte Hoffnungen

Er gilt als der einsame Titan der Musikgeschichte, der knorrig taube Einzelgänger, der sein Leben den höchsten Idealen der Menschlichkeit geweiht hat: "...seid umschlungen Millionen". Umschlungen hat Ludwig van Beethoven aber nicht nur die Menschheit im Ganzen, sondern auch im Speziellen. Mit den Frauen hatte Beethoven allerdings kein Glück.

Berühmtes Porträt von Ludwig van Beethoven | Bildquelle: © picture alliance/CPA Media

Bildquelle: © picture alliance/CPA Media

Langsam füllt sich der Saal. Das Publikum strömt herein und sucht nach seinen Plätzen. Gemurmel. Bald wird das Konzert beginnen. Der aufstrebende Star der Wiener Musikszene, der junge Pianist Ludwig van Beethoven wird sein erstes Klavier-Konzert spielen.

Beethoven - Tasten-Genie lässt Damenwelt schmachten

Die Damen fächeln sich angespannt Luft zu, Ohrringe funkeln im Kerzenlicht. Man tuschelt, er sei ein Tier, ein Imperator an der Klaviatur und dabei so entschlossen, so selbstsicher. Schön, nein, schön ist er nicht, pockennarbig und irgendwie rustikal, aber so männlich. Gleich wird es losgehen, das Orchester stimmt schon. Da tritt ein Mann auf die Bühne, geht zum Konzertflügel und schlägt einen Akkord an. Beethoven. Das ist er. Das ist er selbst. Noch einmal drückt er die Tasten.

Ludwig van Beethoven | Bildquelle: picture alliance / Glasshouse Images Bildquelle: picture alliance / Glasshouse Images Er schüttelt den Kopf, die Lippen ein Strich, dann lässt er sich vom Konzertmeister ein "a" geben. Zu tief. Keine Frage, der Flügel ist einen Halbton zu tief gestimmt. Jetzt hat es auch das Publikum mitbekommen. Man ruft nach dem Klavierstimmer, zu spät, der Dirigent betritt die Bühne, das Publikum klatscht, Beethoven zuckt die Achseln. Dann setzt er sich an den Flügel und beginnt sein C-dur Konzert zu spielen – er spielt es aus dem Kopf, aber er spielt es eben einen Halbton höher, in Cis-Dur. Tosender Applaus und wieder kursiert eine neue Anekdote über den markanten Rheinländer in Wien.

Ob das alles wirklich so war? Die Damen der Gesellschaft glauben es jedenfalls und nehmen Klavierunterricht. Die einen, um dem Meister in seiner Musik nahe zu sein, die anderen, um wenigstens so weit zu kommen, dass sie Beethoven, um eine Lektion bitten können. Und Ludwig van Beethoven gewährt sie, die Lektion. Etliche Klavierschülerinnen drängen sich um das markige Genie.

Mein Gott, diese Mähne und wie viel Kraft er in den Händen hat! Die Schwestern Brunswick, Therese, Josephine und Charlotte, sind dabei besonders erfolgreich. Mit ungarischem Hintergrund, hübsch, heißblütig und auch noch gebildet, mit pianistischem Talent. Es rentiert, Beethoven kommt ins Haus.

Liebe zu dritt?

Therese und Josephine üben und üben, der Meister ist zufrieden mit den Fortschritten, dehnt die vereinbarten Stunden auf die vielfache Länge aus und es kommt wie es kommen muss: beide Schwestern überanstrengen ihre Sehnen und verlieben sich unsterblich in den eigenwilligen Klavierlehrer. Und Beethoven? Er kann sich im Augenblick nicht entscheiden und als die Familie Brunswick wieder nach Ungarn abreist, widmet er Therese und Josephine die vierhändige Variation "Ich denke dein". -  Ja, wem denn nun? Egal, Diskant und Bass fühlen sich gleichermaßen angesprochen und so bleibt die Freundschaft Beethoven-Brunswick, Brunswick-Beethoven bestehen und wächst und gedeiht.

Unglückliche Liebe mit Folgen

Photogravüre einer anonymen Zeichnung oder Lithographie des 19. Jahrhunderts | Bildquelle: Beethoven-Haus Bonn Julie Guicciardi | Bildquelle: Beethoven-Haus Bonn Bis, so war es wirklich nicht geplant, bis die Cousine der Schwestern, Gräfin Julie Guicciardi dazwischen funkt und alles kaputtmacht. Sie hat alles: Jugend, Schönheit, Reichtum, Begabung und: leider bald auch Beethovens Herz. Weil sie damit aber nichts anfangen kann und er als Trophäe in der gräflichen Sammlung auch so vollauf genügt, lässt sie ihn zappeln, leiden, abblitzen. Schließlich heiratet Julie auch noch einen Lebemann und Beethoven schreibt das "Heiligenstädter Testament". Suizid-Gedanken.

Wieder aufgewärmt: eine alte Liebe

Aber Moment mal: Da sind doch noch die Brunswick-Schwestern. Eine gescheiterte Ehe und vier Kinder später ist Josephine wieder frei für Beethoven. Gemeinsames Klavierspiel verbindet, er schreibt für sie die "Appassionata", aber als es ernst wird, will die adelige Josephine dann doch keinen Bürgerlichen heiraten und entscheidet sich für einen Baron. Und Ludwig van Beethoven hat wieder aufs falsche Pferd gesetzt. Josephine, jetzt verheiratete von Stackelberg ist also draussen und räumt das Feld für Schwester Therese, der noch immer "Ich denke dein" im Herzen klingt. Außerdem ist der leidenschaftliche Beethoven so anziehend in seiner Verletztheit. Noch bevor sie jedoch zur Tröstung des Titanen schreiten kann, lernt sie Johann Heinrich Pestalozzi kennen und spendet ihren Trost fürderhin heimatlosen Kindern in Ungarn. Ludwig van Beethoven ist männlich einsam.

Beethoven hakt Thema Ehe ab

Beethoven und Wilhelmine Schroeder- Devrient. Sie verhalf als Leonore Beethovens Oper Fidelio 1823 zum endgueltigen Durchbruch. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Bildquelle: picture-alliance/dpa Ganz so schlimm ist es dann aber doch nicht, denn solange er Wien mit seinen Symphonien bombardiert, liegen ihm die Frauen zu Füßen. Irgendwas ist dann noch mit Antonie Brentano und einer gewissen Gräfin Anne-Marie Erdődy, aber Beethoven hat jetzt auch die Nase voll und hakt das Thema Ehe ab. Was etwaige Liebesbriefe oder sonstige Dokumente seiner Neigungen betrifft, legt er sie künftig universell nutzbar an und adressiert sie nur noch an "die unsterbliche Geliebte".

Sendung: "Piazza", am 23. November 2019 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK.

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