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Die Deutsche Nationalmannschaft ist in der Vorrunde ausgeschieden. Aber so richtig WM-Fußballfieber kam sowieso nicht auf – keine Public Viewing Parties, keine Fähnchen wehen an Autofenstern, keine Panini-Bilder-Sammelleidenschaft. Auch musikalisch haut einen die WM nicht um. Und beim Zuhören fällt eine merkwürdige Parallele zur Opernbühne auf.

Grölen, Brüllen, Jubeln – Fußballfans singen sich um Kehlkopf und Kragen. Da ist es ganz egal, ob manche Terz danebengeht. Für ihre Mannschaft geben sie Alles, sogar den letzten Cent für ein Fanhemd.

Die Fanchöre von Katar? Erinnern eher an die Wiener Sängerknaben

Bei der Weltmeisterschaft in Katar wird auch gesungen. Allerdings erinnern die Fans der Gastgeber eher an gebügelte Wiener Sängerknaben, bloß, dass sie weinrote Trikots statt Matrosenhemden tragen. Der Katar Fan-Chor umfasst 1500 Mitglieder und ist international aufgestellt: Die Sänger kommen zwar nicht aus Katar, aber aus muslimischen Bruderländern wie dem Libanon, aus Ägypten, Syrien und Algerien. Geprobt haben sie ihre Auftritte vorher ausgiebig mit einem türkischen Ultra. Herzblut für den Kick ist es also eher nicht, was sie motiviert. Der Kick ist ein anderer: Kost und Logis, ein Ticket und ... Geld.

Mit Stadien-Arien haben auch die "Drei Tenöre" schon eine Menge verdient

Warum auch nicht? Es sind schon ganz andere Kaliber mit ein paar Arien ins Fußballstadion gezogen und haben eine Menge damit verdient. Beispiel: Die Stadien-Arien der "Drei Tenöre". Überhaupt steht dieses Applaudieren und Jubilieren für Geld und auf Befehl in einer Tradition: Schon in den Barocktheatern heuern die vornehmen Herrschaften für ihren persönlichen Liebling auf der Opernbühne Claqueure an. Die klatschen, pfeifen und feiern "ihren" Sänger mit Radau; ganz egal, ob da eine Terz daneben geht.

Die New Yorks recherchiert wer sich hinter den Grölemännern verbirgt

Warum also sollen sich die Scheiche von Katar nicht auch ein paar trällernde Radaubrüder leisten dürfen? Warum recherchiert sogar die ehrwürdige New York Times, wer sich hinter den bärtigen, tätowierten Grölemännern verbirgt? Wo doch eigentlich nur die alte europäische Tradition der Claqueure im Nahen Osten wiederbelebt wird! Riecht das, was dort geschieht vielleicht nach "Cancel Culture", nur dieses Mal sind wir die Opfer?

Tatsache ist, dass die Organisatoren der WM eine Operation am offenen Fußballfanherz vornehmen, wenn Stadiongesang einfach kopiert wird. Es sind die Vibes im Stadion, die Fans zu Sängern machen! Johlende Katar-Fans haben hingegen so viel Emotion, wie ein Androiden-Chor. Es fehlt der Funke, es fehlt das Herzblut. Es fehlt die Liebeserklärung an das Lieblingsteam! Vom Anpfiff bis zum Schlusspfiff.

Sendung: "Allegro" am 2. Dezember 2022, ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK