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Kommentar: Regensburger Domspatzen nehmen Mädchen auf Guter Anfang - dranbleiben!

Jubel in Regensburg: Diese Woche haben wir erfahren, dass ab dem Schuljahr 2022/23 auch Mädchen aufs Gymnasium der Domspatzen gehen dürfen. Während die BR-KLASSIK-Facebookfans mitjubeln und spekulieren, ob die denn dann Spätzinnen oder Spatzerl heißen, findet Kathrin Hasselbeck: Das wurde aber auch Zeit!

Regensburger Domspatzen | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Zugabe

Mädchen bei den Regensburger Domspatzen

Das wurde aber auch Zeit! Bevor wir uns darüber freuen, dass nun auch Mädchen ins Internat der Regensburger Domspatzen dürfen, machen wir uns klar: Wir sind im einundzwanzigsten Jahrhundert! Frauen kommentieren EM-Fußballspiele, kandidieren als Kanzlerin, ja, dirigieren sogar die Eröffnungspremiere der Bayreuther Festspiele.

Ein gutes Signal - und ein spätes

Kathrin Hasselbeck | Bildquelle: BR/Bianca Taube BR-KLASSIK-Redakteurin Kathrin Hasselbeck hat selbst jahrelang in einem Mädchenchor gesungen. | Bildquelle: BR/Bianca Taube Dennoch ist das Signal natürlich ein gutes. Die Weiterfahrt in Richtung Gleichberechtigung kriegt von mir ein "Daumen hoch". Nicht zuletzt deshalb, weil ich selbst im Mädchenchor gesungen habe: Am Bamberger Dom wurde neben dem traditionellen Knabenchor nämlich bereits 1989 die Mädchenkantorei gegründet. Ich kann also ein Lied davon singen. Eins, wie toll das ist: musikalische Förderung zu erhalten, Gemeinschaft zu erleben, Konzertreisen ins Ausland zu unternehmen. Aber auch ein Lied davon, dass die singenden Jungs immer so einen Süß-Bonus hatten; ob im Matrosenanzug oder in Kutten, plötzlich sahen die Rabauken ganz zahm aus. Und von dem angeblich so"besonderen, reinen" Knabenklang. Und davon, dass in den Weihnachtsshows im Fernsehen dann doch immer die Sängerknaben eingeladen wurden. 

Das Prestige gehört immer noch den Knaben

Ihnen gehörte und gehört das Prestige. Genauso wie der Großteil der musikliebenden Menschen sofort fünf berühmte Dirigenten aufzählen kann - und mit Müh und Not und Tipps vielleicht eine Dirigentin -, genauso fallen uns die Knabenchöre aus Windsbach, Tölz oder Wien ein, aber weibliche Gegenstücke? Hildesheim, Köln, Freiburg ... es gibt sie, nur kennt sie niemand. Liegt das wirklich an der Qualität? Womöglich an der Einzigartigkeit der Knabenstimmen? Nein. Mit derselben Ausbildung, denselben Chancen können Mädchen genauso gut singen wie Jungen. Wenn sie die denn bekommen.

Jetzt: Geduld und eine Hoffnung

Nun also Regensburg. Erst mal, ab Herbst 2022, nur Gymnasialschülerinnen mit Gesangsunterricht, bis dann die ersten Konzertchöre aufgebaut werden können. Ein bisschen gedulden müssen wir uns also noch. Und dann kommt es drauf an: Werden die Mädchen dann der B-Chor, die Vorband, die Hilfsfinanzierung für den von Nachwuchssorgen geplagten Knabenchor? Oder wird ein im besten Sinne gleichberechtigtes Ensemble entstehen? Das auch vom Publikum ebenso geliebt und gefeiert wird? Ich wünsche es jedem Mädchen, das ab 2022 in Regensburger Domspatzeninternat geht. Und noch mehr wünsche ich mir, dass jetzt auch in Windsbach, Tölz und Wien nachgezogen wird. Vielleicht noch vor Ende dieses Jahrhunderts. 

Sendung: "Allegro" am 18. Juni 2021 ab 6.05 Uhr auf BR-KLASSIK

Tranzparenzhinweis: Im Text stand zunächst, dass die Mädchen gleich Internatsschülerinnen werden. Tatsächlich öffnen die Domspatzen zunächst das Gymnasium für Mädchen und werden dann, bei entsprechender Nachfrage, auch mit dem Internat nachziehen.

Kommentare (2)

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Freitag, 18.Juni, 15:28 Uhr

Tobias Weber

Die Autorin fällt genau auf die alten Klischees herein, die sie kritisieren möchte - anscheinend hat auch ihre eigene Erfahrung im Mädchenchor nichts daran geändert.
Dass Mädchen bei gleicher Förderung "genauso gut singen wie Jungen", bestreitet niemand ernsthaft, der was von Chorgesang versteht. Aber die gleiche Qualität hat rein gar nichts damit zu tun, dass Knabenchöre eben doch "einzigartig" klingen - genauso einzigartig wie Mädchen-, Männer-, gemischte Chöre, der BR-Rundfunkchor oder die King's Singers. Und es diskriminiert niemanden, wenn einem der eine oder andere Sound besser gefällt.

Freitag, 18.Juni, 15:01 Uhr

Renate Rochat

Regensburger Domspatzen

Und schon wieder müssen irgendwo Frauen mit Gewalt untergemischt werden.
Warum? Warum kann man eine Institution nicht einfach mal so lassen, wie sie ist?
Soll doch die Autorin diese Berichts einen erfolgreichen Mädchen-Chor etablieren.

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