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Bayreuther Festspiele

24. Juli - 28. August 2023

Wagners Spuren in Franken Bayreuth wird Festpielstadt

Festspielhaus Bayreuth | Bildquelle: BR / Tom Viewegh

Bildquelle: BR / Tom Viewegh

Ausnahmezustand. Öffentliche Wahrnehmung. Hier spielt die Musik! Das kann sich die Beamtenstadt, die zu bestimmten Zeiten im Jahr etwas verschlafen wirken kann, tatsächlich auf die Fahnen schreiben: Wenn es wagnert in Bayreuth, dann ändert sich die Luftzusammensetzung, fremdsprachliche Wortfetzen schwirren umher, man muss plötzlich zum Mittagstisch reservieren. Sonderkonjunktur für Einzelhandel und Gastronomie - es ist Festspielzeit. Zu verdanken hat Bayreuth das dem Wahl-Bayreuther aus Sachsen selbst. Richard Wagners seltsam anmutende Idee, in einem Provinz-Nest (Bayreuth anno 1876!) ein Musiktheater weit ausserhalb des Stadtkerns zu schaffen, mutete seltsam an.

Blick über den Tellerrand

Kein Kreditinstitut - nicht mal eine regionale Sparkasse - würde heute auch nur einen Euro investieren in solch eine Phantasmagorie. Gut also, dass es damals schon Menschen gab, die Kühnheit nicht mit Wahnsinn verwechselten und die in der Lage waren, weit über den Tellerrand der eigenen Existenz blicken zu können. Die Rede ist von Bayreuths damaligem Bürgermeister Theodor Muncker, dem Bankier Friedrich Feustel und dem bayerischen König Ludwig II.

"Es sollte ein bayerischer Ort sein"

Strassenschild in Bayreuth | Bildquelle: BR / Tom Viewegh Bildquelle: BR / Tom Viewegh Bayreuth hatte etwas mehr als 17.000 Einwohner, als Richard Wagner und Frau Cosima im Jahr der Reichsgründung 1871 die Stadt besuchten. Die Option, seine Werke im barocken Opernhaus der Markgräfin Wilhelmine aufzuführen, verwarf Wagner - es war für seine Pläne ungeeignet und zu klein. Aber die Stadt und ihre Lage hatten es ihm angetan. Und König Ludwig war zweifelsohne der Musik Wagners verfallen; zu Beginn wohl auch dem Menschen Wagner, was sich später freilich änderte. Wagner seinerseits musste also zurecht davon ausgehen, dass er ausserhalb Bayerns überhaupt keiner royalen Subventionen erhalten würde. Außerdem erinnerte er sich an das Städtchen am Roten Main: es war ihm bereits bei einer Reise im Jahre 1835 in guter Erinnerung geblieben.

Brief Wagners an den Bayreuther Bankier Friedrich Feustel vom 1.11.1871

"Der Ort sollte keine Hauptstadt mit stehendem Theater, auch keiner der frequentesten großen Badeörter sein, welche gerade im Sommer mir ein durchaus ungeeignetes Publikum zuführen würden; er sollte dem Mittelpunkte von Deutschland zu gelegen, und ein bayerischer Ort sein, da ich zugleich an eine dauernde Übersiedelung für mich dabei denke, und diese im Fortgenuß der vom Könige von Bayern mir erwiesenen Wohlthaten, nur in Bayern zu treffen für schicklich finden muss. Außerdem hat mir schon in frühester Zeit dieser freundliche Ort mit seinen Umgebungen einen anziehenden Eindruck hinterlassen."

Beschlüsse mit Weitsicht

Wagner war damals unterwegs von Karlsbad nach Nürnberg. An seinem 59. Geburtstag, dem 22. Mai 1872, legte er also den Grundstein zu seinem Festspielhaus auf einer Anhöhe nahe Bayreuth: dem "Grünen Hügel". Auf einem Grundstück, dass ihm zuvor Bürgermeister Muncker und Bankier Feustel kostenlos angeboten hatten.

Die damaligen Stadtväter führten die nötigen Beschlüsse innerhalb von sieben Tagen herbei und setzen damit verblüffend weitsichtig auf eine Belebung des stagnierenden Kleinstädtchens. Und gemeinsam haben sie Erfolg. Im Jahr darauf bezieht Wagner die Villa, in deren Mauern "sein Wähnen Frieden fand": Wahnfried. 1876 finden die ersten Festspiele statt. Sie sind zwar defizitär aber etablieren sich doch langfristig.

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