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Zum Tod des Pianisten und Sängers Dr. John Der Doktor und sein Eintopf

Heute würde man Influencer zu ihm sagen: Malcolm John Rebennack, besser bekannt als Dr. John, war als Künstler und Musiker eine große Inspirationsquelle für ganz viele andere. Am 6. Juni 2019 ist er in seiner Heimatstadt New Orleans im Alter von 77 Jahren gestorben.

Pianist, Sänger, Gitarrist und Produzent Malcolm John Rebennack, besser bekannt als Dr. John | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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"Dr. John's Gumbo" heißt eine seiner schönsten Platten. Aufgenommen wurde sie 1972 und auf ihr wendet er sich der Musik seiner Heimatstadt und großen Liebe zu, New Orleans.
Als "Gumbo" wird ein Eintopf in der Karibik und dem Süden der USA bezeichnet. Es gibt ihn zäh und dickflüssig, aber auch suppenartig, und "Gumbo" ist die beste Bezeichnung für die Musik von Dr. John.

Eine Ikone aus New Orleans

Pianist, Sänger, Gitarrist und Produzent Malcolm John Rebennack, besser bekannt als Dr. John | Bildquelle: picture-alliance/dpa Pianist, Sänger, Gitarrist und Produzent Malcolm John Rebennack, besser bekannt als Dr. John | Bildquelle: picture-alliance/dpa Am 6. Juni 2019 ist der Pianist, Sänger, Gitarrist, Produzent, sowie Gelegenheitsschauspieler und eine Ikone der Musik aus New Orleans im Alter von 77 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben. Er hat seit den späten sechziger Jahren großen Einfluss auf die Rockmusik, den Soul und auch auf den Jazz ausgeübt. In seiner Musik schwang immer die Schwüle des Mississippi Deltas mit, dazu unterschwellig auch eine archaische Mystik, die von seiner Faszination für den Voodoo-Kult seiner Heimat herrührte.
Also ein Eintopf aus den verschiedensten Zutaten: früher Jazz aus New Orleans, die Musik der Brass-Bands und die kreolischen Klänge, die man besonders zu "Mardi Gras", dem traditionellen Karneval in New Orleans, hörte. Aber auch psychodelischer Rock der sechziger und siebziger Jahre, dazu Soul und Funk, und in späteren Jahren auch Hiphop. Ein "Gumbo", bei dem man nicht genau wusste, was nun wirklich alles drin war, aber ungemein würzig und schmackhaft.

Totenschädel auf dem Klavier

Am 20. November 1941 kam Malcolm John Rebennack in New Orleans zur Welt. Musik umgab immer den kleinen Malcolm, aber keiner seiner näheren Verwandten war professioneller Musiker. Sein Vater verkaufte in seinem Elektronikwarenladen auch Schallplatten, und so waren die Klänge von King Oliver oder Louis Armstrong präsent. Die Gitarre wurde Malcolms erstes Instrument und die Begegnung mit dem legendären Musiker Henry Roeland Byrd, besser bekannt als Professor Longhair, beeindruckte Malcolm so sehr, dass er sich fortan auf die Musik konzentrierte. Mit sechzehn Jahren trat er regelmäßig in Clubs auf, begleitete aber vor allem andere Musiker und spielte hauptsächlich Rock'n'Roll und Blues. Erst 1960, nach einem misslichen Unglück, bei dem sich Malcolm den Ringfinger durch einen Pistolenschuss verletzte, wurde das Klavier zu seinem Hauptinstrument. Gitarre konnte er mit dem verletzten Finger nicht mehr so gut spielen.

Inspiriert vom Voodo

Pianist, Sänger, Gitarrist und Produzent Malcolm John Rebennack, besser bekannt als Dr. John | Bildquelle: picture-alliance/dpa Dr. John auf dem Hop Farm Music Festival 2010 | Bildquelle: picture-alliance/dpa Der Bühnencharakter "Dr. John" wurde Mitte der sechziger Jahre geboren. Malcolm war wegen einiger Kriminalitätsdelikte und Drogenverstöße mit dem Gesetz in Konflikt gekommen und wurde verurteilt. Da in New Orleans viele Clubs schließen mussten und die Arbeitsbedingungen für Musiker schlechter wurden, zog er erst einmal nach Los Angeles. Aber der Voodoo-Kult seiner Heimatstadt zog ihn stark an und er legte sich den Namen "Dr. John" zu, inspiriert von diesen Voodoo-Riten, magischen Handlungen, opulenten Gewändern und düsteren Accessoirs. Kultische Gegenstände konnte man auch immer bei seinen Konzerten bestaunen.
2010 trat Dr. John beim Jazzsommer im Bayerischen Hof in München auf und es kam zu einem herrlichen Kontrast: Auf der einen Seite der schmucke Festsaal des Luxushotels – auf der anderen Seite eine Bühne, auf der etliche Totenschädel verteilt waren. Ein Mann mit federgeschmücktem Hut und knorrigem, bänderbehangenem Spazierstock betrat die Bühne. Er strahlte etwas dunkel Faszinierendes aus und spielte eine raue, ungemein kraftvolle Musik, die auf düster-fröhliche Art aufregend war. Ein Erlebnis, dass man nicht mehr vergisst.

The Spirit of New Orleans

Insgesamt sechs Grammy Awards gewann Dr. John, fast 40 Alben veröffentlichte er unter eigenem Namen, bei unzähligen Produktionen anderer Künstlerinnen und Künstler hat er mitgewirkt. Er stand Pate für die Muppet-Figur "Dr. Teeth", ein klavierspielender Sänger.
Er hatte Gastauftritte in etlichen Kinofilmen, unter anderem bei "Blues Brothers 2000", immer spielte er sich selbst und immer brachte er den Spirit seiner geliebten Heimat New Orleans mit. Aber auch New Orleans hat Dr. John geliebt. Am Tag nach seinem Tod formierte sich eine Second-Line-Parade, wie bei Beerdigungen üblich. Die Menschen zogen tanzend und musizierend durch die Stadt, zu Ehren Dr. Johns.

Dr. John auf BR-KLASSIK

Jazztime - News and Roots am 11. Juni 2019
Der Doktor aus New Orleans
Ein Nachruf auf den Pianisten, Gitarristen und Sänger Dr. John, alias Malcolm „Mac“ John Rebennack jr.
Moderation und Auswahl: Ulrich Habersetzer

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