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Kostprobe | 03.04.2022 Die Gefangene im Serail

Der Harem in einem Serail, einem Sultanspalast des 18. Jahrhunderts: Ein geheimnisvoller Ort, der die Fantasie anstachelt und Komponisten inspirierte. Die Sopranistin Florie Valiquette hat Arien aus Opern zusammengetragen, die in einem Harem spielen.

CD-Cover: La captive du sérail | Bildquelle: © Château de Versailles

Bildquelle: © Château de Versailles

300 Räume, ausgestattet in erlesener Pracht. Darin an die 1.000 schöne Frauen, allesamt persönliches Eigentum des Sultans: Das war der Harem im Topkapi-Palast in Istanbul im 18. Jahrhundert. Harem heißt auf Deutsch: Der verbotene Bereich. Er war das Herzstück des Serails, des Sultanspalastes. Und wie alles Verbotene, Geheimnisvolle, noch dazu erotisch Aufgeladene stachelt dieser Ort die Fantasie an.

Die Welt der Sultane und Mogule

Ganz besonders im 18. Jahrhundert, das eine besondere Vorliebe für alles Exotische hegte. Die sogenannte "Türkenmode" feierte - natürlich stets aus europäischer Perspektive - die farbenprächtige Welt der Sultane und Mogule: in der Musik mit Kompositionen voller Orientalismen, mit Schellenklang und Janitscharentrommeln. Auf der Opernbühne mit Stücken, die vermeintlich realistische Einblicke versprachen in die verborgenen Bereiche des Serails, in die fremdartige Welt heimtückischer Haremswächter und verführerischer Liebessklavinnen.

Solche Opern folgten weitgehend demselben Handlungsschema: Eine schöne junge Frau, selbstredend aus dem aufgeklärten, christlichen Westen, wird in einen Harem verschleppt. Dort harrt sie, ständig bedroht durch die Begierden des Sultans, ihrer Befreiung. Und die lässt als Happy End natürlich nicht auf sich warten. Der rettende Held ist meistens der mutige Geliebte, dem die Entführte entrissen wurde.

Opern des 18. Jahrhunderts

"La captive du Sérail", "Die Gefangene im Serail" heißt eine neue Aufnahme der französischen Sopranistin Florie Valiquette. Zusammen mit Gaétan Jarry, der das Orchestre de l'Opéra Royal de Versailles leitet, hat sie Szenen aus Opern des 18. Jahrhunderts zusammengetragen. Mit glitzernder Koloraturpracht und strömenden Linien gibt Florie Valiquette mal die Verzweifelte, mal die Kokette, die auch einen Flirt mit dem Sultan riskiert.

Unbekannte Orient-Opern

Faszinierender noch als Florie Valiquettes beeindruckende Sangeskunst sind die Ausschnitte aus weitgehend unbekannten Orient-Opern, beispielsweise von André Grétry, Paul-César Gibert oder Pierre-Alexandre Monsigny. Diese Entdeckungen sind wirklich hörenswert. Letztlich führen sie aber dann doch zurück zur wohl berühmtesten Harems-Oper, Mozarts "Entführung aus dem Serail". Klar, dass Ausschnitte daraus auf einem solchen Sampler nicht fehlen dürfen. Florie Valiquette singt sonderbarerweise den originalen deutschen Text auf Französisch. Doch das fällt hier nicht weiter ins Gewicht. Denn Worte spielen bei so unvergleichlicher Musik ohnehin keinerlei Rolle mehr.

La captive du sérail

Florie Valiquette, Sopran
Orchestre de l’Opéra Royal
Leitung: Gaétan Jarry
Label: Château de Versailles

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 3. April 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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