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Kostprobe | 05.12.2021 Tafelmusik für den Sonnenkönig

Wenn sich der französische Sonnenkönig zum Abendessen niederließ, war das einer der prunkvollsten Momente im Hofzeremoniell. Die Tafelmusik dazu komponierte Michel-Richard Delalande. Sie strotzt vor Theatralik und Abwechslungsreichtum.

CD-Cover: Symphonies pour le souper du roi | Bildquelle: © Chateau de Versailles

Bildquelle: © Chateau de Versailles

Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Die Tage des französischen Sonnenkönigs waren ein einziges öffentliches Hofzeremoniell. Jede Minute war durchgetaktet bis hin zur Zeremonie des königlichen Stuhlgangs. Größter Höhepunkt des Tages war aber das abendliche Einnehmen der Mahlzeit von Ludwig XIV.

Spiegel der hierarchischen Ordnung

Prunkvoll ging es zu mit silbernen Tafelaufsätzen und erlesenen Speisen. Doch darf man sich diese Soupers du Roi nicht als festliches Gelage unter Gleichen vorstellen, sondern als Spiegel der hierarchischen Ordnung. Am Ende der Tafel, mit dem Rücken zum Kamin, saß prunkvoll der König. Hinter ihm stehend, um jederzeit zur Hilfe eilen zu können, der erste Kellner, der erste Arzt und der erste Chirurg. Überhaupt war das Sitzen an der Tafel nur den höchsten Adligen vorbehalten. Die saßen am Ende der Tafel auf Klappstühlen und durften nur selten mitessen. Das Privileg bestand darin, dem königlichen Mahl überhaupt zusehen zu dürfen. Die meisten Adligen standen dichtgedrängt um die Tafel herum, und sahen Dutzende von Speisen an sich vorbeiziehen, die dem König von Edelleuten aufgetragen wurden.

Tafelmusik der hofeigenen Ensembles

Dazu erklang Tafelmusik von einem der hofeigenen Ensembles. Gespielt wurden meist barocke Instrumentalsuiten, die sogenannten Symphonies pour les souper du Roi. Ihr wichtigster Komponist war Michel-Richard Delalande. Nach Lullys Tod war er der wichtigste Mann in Sachen Musik am Versailler Hof. Dass diese Suiten mehr waren als locker zusammengeschusterte Suppensinfonien, das beweist die neue Aufnahme mit Vincent Dumestre und seinem versierten Barockensemble Le Poème Harmonique. Passenderweise wurde sie in der königlichen Oper von Schloss Versailles eingespielt.

Schäferszenen und Gewittermusik

Dumestre entschied sich für drei der schönsten und abwechslungsreichsten Orchestersuiten Delalandes. Der Komponist, der mehr für seine geistliche Musik am Hofe des Sonnenkönigs bekannt ist, vor allem für seine berühmten Grand Motets, erkannte das Theatrale der königlichen Soupers. Das unterstrich Delalande indem er schnelle und langsame Sätze kontrastierte und tief in die Effektkiste griff. Von süßlich-idyllischen Schäferszenen bis hin zur Gewittermusik mit Windmaschine und Donnerblech reichte das Spektrum.

Orchestrale Wucht und intime Passagen

Und auch innerhalb der einzelnen Sätze wechselte Michel-Richard Delalande gerne orchestrale Wucht und intime Passagen miteinander ab. Denn eines durfte nicht passieren: den König zu langweilen. Le Poème Harmonique spielt das mit einer Hingabe, Wonne und Versiertheit, dass es kaum besser geht. Es ist zu wünschen, dass sich Vincent Dumestres Ensemble an eine komplette Aufnahme aller 18 Tafelmusiken macht. Das könnte die neue Referenzaufnahme werden.

Symphonies pour le souper du roi

Michel-Richard Delalande
Le Poème Harmonique, Vincent Dumestre
Label: Chateau de Versailles

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 5. Dezember 2021, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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