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Kostprobe | 16.05.2021 Lieder von Philipp Heinrich Erlebach

Kein Gute Laune-Soundtrack, sondern süßliche Schwermut. Die Musik von Philipp Heinrich Erlebach ist ein Geheimtipp für Freunde der Barockmusik.

CD-Cover: Lieder von Philipp Heinrich Erlebach | Bildquelle: © alpha

Bildquelle: © alpha

Die Brandspuren an einigen Büchern aus der Bibliothek der Heidecksburg erinnern noch heute daran: 1735 wurde das Schloss im thüringischen Rudolstadt weitgehend zerstört. Aus der Bibliothek konnte zwar vieles gerettet werden, eines ist aber für immer verloren: die handschriftlich notierten Werke des Rudolstädter Kapellmeisters Philipp Heinrich Erlebach. Einige seiner Werke hatte der Komponist drucken lassen - zum Glück für die Nachwelt, denn sie sind überliefert. Damien Guillon und das "Banquet cèleste" haben daraus eine CD gemacht.

Erlebach lebte von 1657 bis 1714, war also ein Zeitgenosse Bachs, nur ein bisschen früher dran. Außerdem war der gebürtige Ostfriese Wahl-Thüringer, Vater von acht Kindern und Kapellmeister in Rudolstadt. Für seinen dortigen Dienstherrn entstanden auch die Stücke, die Damien Guillon für das Album ausgewählt hat. Der CD-Titel "Lieder" mag ein bisschen in die Irre führen, auch wenn ihm der strophische Aufbau und die eingängigen Melodielinien der Stücke recht geben. Aber vielleicht liegt darin auch grade eine der Stärken Erlebachs: dass er die Grenzen zwischen Lied und Arie, zwischen Natürlichkeit und Kunstfertigkeit so fließend zu gestalten wusste.

Süß-barocke Schwermut

Zugegeben, die CD ist kein Guter-Laune-Soundtrack für den Sommer. Süß-barocke Schwermut prägt die Melodien, die Texte erzählen vom iridischen Jammertal und der Hoffnung auf den himmlischen Lohn. Glücklicherweise hat Damien Guillon reichlich Erfahrung mit thüringischer Schwermut und trifft diesen Ton genau. Auch die instrumentalen Einlagen sind keineswegs nur Programmfüller. Dem Publikum sind Erlebachs Sonaten vielleicht sogar besser bekannt als seine Vokalmusik, aber auch hier ist das Angebot an Einspielungen bislang ziemlich überschaubar. Die feinsinnige Interpretation des Banquet céleste kommt da ganz gelegen.

Große Kunstfertigkeit

Beim Zuhören kommt einem unwillkürlich der Gedanke, wie schade es doch ist, dass ein Großteil von Erlebachs Werk zerstört wurde. Umso wichtigere Zeugen sind seine wenigen überlieferten Stücke. Sie geben zumindest einen Einblick in die große Kunstfertigkeit dieses Barockkomponisten. Damien Guillon und seine Musikerinnen und Musiker vom Banquet céleste füllen da eine große Lücke im barocken Repertoire.

Gegen Kritik, damals wie heute, hat sich Erlebach übrigens gleich selbst gefeit. Im Text einer seiner Arien heißt es:

Ihr Tadler, nehmt von einem Freunde
zur klugen Nachricht dieses an:
Wollt ihr mich ja durchziehen,
muss jeder sich bemühen,
dass, eh er mich anfeinde,
er alles bessern kann.

Philipp Heinrich Erlebach - Lieder

Philipp Heinrich Erlebach
"Banquet cèleste
Damien Guillon, Leitung
Label: alpha

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 16. Mai 2021, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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