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Kostprobe | 05.09.2021 Zacara da Teramo - Enigma Fortuna

Antonio Zacara da Teramo lebte um 1400. Seine rätselhaften Werke erzählen von einem Komponisten mit Hang zum Bizzaren. La Fonte Musica ist seinem Rätsel auf der Spur.

Zacara da Teramo - Enigma Fortuna | Bildquelle: © alpha

Bildquelle: © alpha

Seine Kompositionen seien musikalische Rätsel. Ein Rätsel ist Antonio Zacara da Teramo mir ehrlich gesagt auch. Den Namen habe ich wohl gelegentlich schon gehört, aber wenn ich ehrlich bin weiß ich reichlich wenig über ihn. Nach kurzer Recherche komme ich zum Schluss: es geht nicht nur mir so. Der Zeitgenosse von Johannes de Ciconia ist selbst in Kennerkreisen eher ein Geheimtipp. Umso erstaunlicher, dass das Ensemble La Fonte Musica nun eine CD-Box mit dem Gesamtwerk von Zacara de Teramo veröffentlicht. Da wittere ich eine seltene Chance: Im Handumdrehen kann ich meine Repertoirekenntnisse von 0 auf 100 steigern. Gesagt, getan: Nachdem ich mich also durch vier CDs oder anders ausgedrückt vier Stunden Musik von Zacara da Teramo hindurchgehört habe, kann ich als erstes Zwischenfazit schon mal festhalten: ein Rätsel bleibt er mir nach wie vor.

Kuriose Persönlichkeit

Klein von Statur soll er gewesen sein und es sollen ihm einige Finger und Zehen gefehlt haben. Er war nicht nur Komponist sondern auch Schreiber und Buchillustrator. Außerdem eine kuriose Persönlichkeit mit einem Hang zum Bizzaren. Das beweist nun auch auch die Gesamteinspielung von La Fonte Musica: Mit viel Einfallsreichtum macht das Ensemble sich an die abwechslungsreichen Kompositionen. Die Werke sind auf den CDs nach "geistlich" und "weltlich" sortiert. Trotzdem gleicht das Durchhören einer Achterbahnfahrt: Man weiß nie welche Besetzung, welche Atmosphäre, welche Herangehensweise beim nächsten Track um die Ecke kommt.

Ars nova-Vokalakrobatik

Furchtlos und dem Höreneindruck nach mit großem Vergnügen stürzen sich die Sängerinnen und Sänger in diese ars nova-Vokalakrobatik. Dabei offenbart sich uns heutigen Ohren wohl nur der halbe Spaß: Die Kompositionen stecken voller Querverbindungen und Zitate zu anderen Werken. In den Noten und Texten sind kleine Rätsel versteckt, z.B. werden Noten graphisch verändert oder einzelne Wörter rückwärts geschrieben, um dem damaligen Interpreten einen Streich zu spielen oder eine alternative Lesart zu bieten. Viele der Texte stammen von Zacara da Teramo selbst, sind sehr persönlich und manchmal sogar autobiographischer Natur. So wie dieses Madrigal, in dem er den Tod seines Sohnes beklagt. Im Text heißt es "Um den Schmerz aufzufrischen habe ich dieses Lied geschrieben".

Zusammenarbeit mit Musikwissenschaftlern

Das Ensemble La Fonte musica arbeitete für die Gesamteinspielung eng mit Musikwissenschaftlern zusammen. So wurde auch das französische Stück "Le temps verra" berücksichtigt, das dem Komponisten bis vor einigen Jahren noch gar nicht zugeordnet werden konnte. Auch konnten zwei Ballate aufgenommen werden, die eigentlich schon verloren, weil teilweise ausradiert und überschrieben waren. Mit neuester Fototechnik konnten die Stücke rekonstruiert werden und sind nun zum ersten Mal zu hören.

Antonio Zacara da Teramo bleibt ein Rätsel

Fazit: für den neuesten Streich des Ensembles La Fonte Musica muss man ein bisschen Zeit mitbringen, vier CDs sind in der Box, aber es ist eben auch eine Gesamteinspielung. Man kann den Komponisten Antonio Zacara da Teramo dafür umfassend und aus vielerlei Perspektive kennenlernen. Hier begegnet man dem bunten Werk eines zu Unrecht kaum bekannten Komponisten der ars nova-Zeit. Ein Rätsel bleiben er und seine Musik trotzdem. 

Enigma Fortuna

Zacara da Teramo
Ensemble La Fonte Musica, Michele Pasotti
Label: alpha

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 5. September 2021, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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