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Andreas Scholl Deutscher Countertenor

Der Boom der Barockmusik und dass Countertenöre heute ein breites Publikum erreichen, das ist auch und vor allem Andreas Scholl zu verdanken. Dabei war "Countertenor" erstmal gar nicht sein Berufswunsch.

Countertenor Andreas Scholl | Bildquelle: © Felsner Artists

Bildquelle: © Felsner Artists

Was heißt hier deutscher Countertenor. Andreas Scholl ist der deutsche Countertenor. Keiner vor ihm und bislang noch keiner neben ihm hat es geschafft, ihn hierzulande an Popularität zu übertreffen. Und auch international singt Scholl in seinem Fach an der Weltspitze. An der Met ist er ebenso zuhause, wie in den großen Kirchen und Konzertsälen dieser Welt. Angefangen hat alles in einer musikalischen Familie.

"Meine Mutter hat in einem gemischten Chor gesungen, den unser Vater dirigiert hat, und da haben dann auch alle Kinder mitgesungen. Es gab ein paar Jahre, in denen ist die ganze Familie zur Chorprobe, und hat bei diesem gemischten Chor - "Liederblüte" heißt er - mitgesungen." Andreas Scholl

SINGEN JA - ABER ALS BERUF?

Andreas Scholl singt schon mit 13 Jahren ein Solo vor dem Papst im Petersdom und sammelt als Knabe in der Zauberflöte am Staatstheater Wiesbaden erste Bühnenerfahrung. Aber noch trägt das nicht zum Berufswunsch Sänger bei.

"Mich hat das eher abgeschreckt. Mir hat es Spaß gemacht, in der Zauberflöte zu singen, und auch das Darstellerische auf der Bühne, aber das Drumherum… die Leute kamen mir alle etwas komisch vor. Das war es sicher nicht, was mich Sänger werden ließ." Andreas Scholl

Theologe oder Elitesoldat in der GSG9 wollte Scholl werden. Doch als er mit 16 Jahren immer noch Knabensopran singen konnte, obwohl er mittlerweile mit Baritonstimme sprach, machte ihn die Stimmbildnerin bei den Kiedricher Chorknaben auf den Beruf des Countertenors aufmerksam. Andreas Scholl studierte daraufhin in Basel an der berühmten Schola Cantorum. Seine Lehrer waren Richard Levitt und der charismatische René Jacobs.

"Die Stunde beginnt, und bis man das Zimmer wieder verlässt, ist man in totaler Anspannung und völlig fokussiert auf diesen Lehrer. Und wenn man rausgeht, ist man erschöpft - körperlich. Aber geistig ist man wie auf Drogen. Nach der Stunde bei René Jacobs bin ich immer geschwebt. Ich dachte, jetzt hat mir jemand eine Tür aufgemacht, ich weiß wieder was Neues. Ich habe dann später auch viel mit ihm gesungen, wenn er dirigiert hat. Er steht da vor einem Orchester und einem Chor, vor dem Konzert, wie ein Footballcoach, und zeigt sagt "Ihr müsst spielen, als ob Euer Leben davon abhängt." Und das hat mich schon sehr geprägt." Andreas Scholl

BEEINDRUCKENDE LAUFBAHN

Vielfach ausgezeichnet, u.a. als Sänger des Jahres und mit dem Echo-Klassik, kann Andreas Scholl auf eine beachtliche Karriere zurückblicken, die noch längst nicht zu Ende ist. Kaum ein Countertenor hat dieses Charisma. Dabei liebt Scholl eher die leiseren Töne und geistliche Musik. Eine sakrale Stimmung im Konzertsaal herzustellen betrachtet er als große Herausforderung.

"Das ist auch etwas, das man nie erzwingen kann. Das ist keine Frage der Willenskraft und der Körperspannung. Das Geheimnis liegt wahrscheinlich in der Vorbereitung: dass man wirklich gut vorbereitet ist und im Moment, wenn's dann drauf ankommt, loslassen kann, und nicht mehr kontrollieren will. Ich glaube, dann entstehen diese besonderen Momente im Konzert." Andreas Scholl

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 15. März 2015, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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