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Antoine Busnois Multitalent vermutlich reizbaren Charakters

Antoine Busnois zählt heute nicht gerade zu den programmatischen Dauerbrennern heutiger Konzertsäle oder Festivals. Dabei besitzen seine Werke doch sehr reizvolle Aspekte - und er selbst besaß offenbar einen schwierigen Charakter...

Manuskript  "Missa O Crux Lignum" von Antoine Busnois | Bildquelle: BR

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Das Stichwort vom 14. Januar 2018

Antoine Busnois

"Antoine Busnois ist vielleicht der wichtigste Komponist seiner Generation, aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Er war ein wichtiger Dichter und Komponist, auch ein Kleriker und ein Priester, der eine ganz wichtige Schlüsselfigur für die Musikgeschichte ist, eine Figur zwischen Guillaume Dufay und Josquin." so erläutert Baptiste Romain, französischer Musiker und Professor für Streichinstrumente des Mittelalters und der frühen Neuzeit an der Schola Cantorum Basiliensis.

Exkommuniziert - und ordiniert

Geboren um das Jahr 1430 - vermutlich in dem kleinen Dorf Busnes in Nordfrankreich - scheint sich Busnois Anfang der 1460er Jahre eine Weile in Tour aufgehalten zu haben. Hier soll er Leute angestiftet haben, einen Priester zu verprügeln, was in Kirchenkreisen nicht gut ankam und 1461 für seine Exkommunikation sorgte. Diese wurde etwas später aber vom Papst wieder aufgehoben - und Busnois empfing 1465 in Tour gar die niederen Priesterweihen. Zu dieser Zeit war er aber auch schon als Sänger, Dichter und Komponist bekannt und angesehen - und das scheint ihm auch bewusst gewesen zu sein. Baptiste Romain:

"Was man über seine Persönlichkeit in späterer Zeit weiß, ist, dass er relativ arrogant war, dass er schon wusste, was er wert ist, dass er das auch ausdrückte, dass es deutlich spürbar war."

Noch in den 1460er Jahren dürfte er in die Dienste Karls des Kühnen, Herzog von Burgund, getreten sein, dessen Hofkapelle damals als eine der besten Europas galt. Nach Karls Tod 1477 erbte dessen Tochter Maria von Burgund die Kapelle und Busnois gleich mit. Kurz darauf heiratete sie Maximilian von Österreich und so war Busnois auch wesentlich am Aufbau der habsburgischen Hofkapelle beteiligt. Ab etwa 1484 gibt es dann Belege für seine Tätigkeit als Kantor im flämischen Brugge, als Kollege von Jacob Obrecht. Dort, in Brugge, starb er 1492 auch - als hochangesehener Komponist.

Nicht nur Komponist

Aber nicht nur Komponist! Denn, betont Romain: "Auch als Dichter kannte er einen relativ großen Erfolg, weil manche von seinen Liedtexten in Textquellen separat überliefert wurden, und das ist für einen Komponisten des 15. Jahrhunderts schon eine Besonderheit."

An Musik ist allerdings von Busnois - im Vergleich zu Zeigenossen, wie etwa Ockeghem oder Obrecht - relativ wenig überliefert. Das bekannteste Stück ist sicher die sogenannte L'homme armé Messe, geschrieben um 1460, die als die erste auf diesen cantus firmus galt, der so beliebt war, dass er danach noch etwa 40 weiteren Komponisten als Vorlage für Messen diente. Daneben kennen wir an geistlichen Werken nur noch eine weitere Messe und etwa zehn Motetten von Busnois. Dafür gibt es aber immerhin um die 70 überlieferte Chansons, vor allem Rondeaus und Bergerettes - und darin zeigt er eine noch größere Meisterschaft, als in den geistlichen Werken:

"Die Musik von AB ist eine, die wieder mit der Intiution arbeitet: Wenn man die spätmittelalterliche Musik betrachtet, dann gibt es oft Stücke, die einigermaßen mit Intellekt zu tun haben, und er ist einer, der ... sehr viel mit Melodien arbeitet, einen großen Tonumfang  - mit komplizierten Mitteln, ohne, dass man es wirklich hört."

erklärt Baptiste Romain. Hochkomplexe Musik in ansprechender Verpackung - was könnte man sich Schöneres wünschen?

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 14. Januar 2018, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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