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Ballade Mittelalterliches Tanzlied

Ein Begriff, viele Erscheinungsformen. Über die Jahrhunderte hinweg lieh die Ballade verschiedenen poetischen und musikalischen Modellen ihren Namen.

Ein Barde des 12. oder 13. Jahrhunderts trägt singend eines seiner in Okzitanisch geschriebenen Gedichte vor. | Bildquelle: picture alliance/Prisma Archivo

Bildquelle: picture alliance/Prisma Archivo

Das Stichwort vom 26. Mai 2019

Ballade

Im romanischen Sprachraum war die Ballade ein einstimmiges Tanzlied und Teil der höfischen Kultur. Die Reigentänze der feinen Gesellschaft wurden nicht instrumental, sondern von gesungenen Liedern begleitet, weil sie nur dem Adel vorbehalten waren und Spielleute dazu keinen Zutritt hatten. Anfangs improvisiert, prägten sich für den Tanz und die zugehörigen Lieder immer festere Formen aus. Die Schrittfolgen korrespondierten dabei mit den Formteilen der Lieder. Gesungen wurden sie häufig im Wechsel von Vorsänger und Chor.

Eigenständige Gattung

Im Laufe der Zeit emanzipierte sich die Ballade vom Tanz und entwickelte sich zu einer eigenständigen Gattung. Die Struktur folgte nunmehr strengen Regeln, auch um sich von anderen Liedformen wie dem Virelai und dem Rondeau unterscheiden zu lassen. Diese sogenannten formes fixes erlebten ihre Blütezeit im 14. Jahrhundert in Frankreich. Die Stücke verfügten inzwischen in der Regel über eine gesungene Oberstimme mit zwei Begleitstimmen, die meistens instrumental ausgeführt wurden. Überliefert sind uns aus dieser Zeit beispielsweise die Werke des Dichtermusikers Guillaume de Machaut.

Unter den drei gängigen Liedformen galt die Ballade als eher ernst und anspruchsvoll. Auf einen wiederholten Abschnitt in der Musik wurden zwei Textzeilen gesungen. Der formale Aufbau entsprach dabei dem Prinzip a a b. Ballade meinte dabei sowohl das Lied als auch die Dichtung selbst.

Verschiedenste Arten von Musik oder Dichtung

Auch wenn der Begriff seiner Wortwurzel nach dem Tanz verpflichtet blieb, bezeichnete er im Laufe der folgende Jahrhunderte verschiedenste Arten von Musik oder Dichtung. Ab Ende des 18. Jahrhunderts meinte Ballade im deutschsprachigen Raum beispielsweise ein Erzählgedicht mit vielen Strophen, das häufig vertont wurde. Auch die Textgebundenheit war schließlich kein Wesensmerkmal mehr: Die Balladen von Brahms, Chopin oder Debussy sind Klavierstücke in recht freier Form. Mit dem einfachen Tanzlied des Mittelalters haben sie, außer dem Namen, nichts mehr gemein.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 26. Mai 2019, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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