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Barockoboe Historisches Blasinstrument

"Oboen-Bande" – was vielleicht nach einer Vereinigung von Kleinkriminellen klingt, waren Ensembles, die den Adel bei Hof unterhielten. Auch der kunstsinnige und auf Repräsentation bedachte Ludwig XIV. unterhielt so ein Ensemble.

Barockoboe | Bildquelle: BR

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Auf den ersten Blick könnte man sie für eine Flöte halten. Denn die Barockoboe verfügt noch nicht über das ausgereifte Klappensystem wie das moderne Instrument. Lediglich das Mundstück mit dem markanten Rohrblatt weist sie als eine Oboe aus. Doch gibt es noch weitaus mehr Unterschiede zur modernen Oboe, wie Marianne Pfau erklärt. Sie ist Professorin an der Universität von San Diego und als Barockoboistin Leiterin des Ensembles Toutes Suite:

"Die innere Bohrung der Barockoboe ist sehr viel weiter als die Bohrung in der modernen Oboe und das mag schon teilweise den andersartigen Klang erklären. Der Klang ist vielleicht erdiger, breiter. Es gibt ein breiteres Spektrum von Obertönen und auch von dem, was wir vielleicht die Untertöne nennen könnten."

KLANGFARBEN STATT HOMOGENITÄT

Die Finger decken die Löcher unmittelbar ab. Dadurch hat der Spieler einen direkten Einfluss auf die Klangfarbe der erzeugten Töne. Solche, die mit Gabel- oder Halbgriffen erzeugt werden, klingen etwas dunkler als offene Töne. In der Ästhetik des Barock ein Vorteil, so Marianne Pfau:

"Unsere Vorstellung von einer Art Homogenität über den ganzen Ambitus eines Instrumentes, die gab es damals nicht. Stattdessen wollte man größtmögliche Buntheit des Klanges. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass die einzelnen Tonarten dann ganz verschiedene affektive Qualitäten bekommen, sozusagen schon im Instrument vorgebildet sind."

LUXUS! REPRÄSENTATION!

Äußerst vielfältig war auch die Verwendung dieses Instrumentes, das in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Frankreich erfunden wurde und dort Hautbois, also lautes Holz genannt wurde. In der Stadt übernahmen die Oboisten die Aufgaben der Stadtpfeifer und begleiteten öffentliche Zeremonien. Am Hofe dienten sie zur Unterhaltung. Fast alle deutschen Fürstenhöfe des späten 17. Jahrhunderts unterhielten sogenannte Oboen-Banden, also Ensembles aus Oboen und Fagotten. Da die Oboe auch sehr laut sein konnte (ihr Vorläufer war die Schalmei, die nur unter freiem Himmel gespielt wurde), schickte man die Oboisten sogar in die Schlacht, wo sie den Feind erschrecken und die eigenen Kommandeure ergötzen sollten. Die größte und berühmteste Oboen-Bande befand sich am Hofe Ludwigs XIV. Die sogenannte Grand Écurie bestand aus 24 Oboisten und Fagottisten.

VIELFÄLTIGE EINSATZMÖGLICHKEITEN

Vielseitigkeit war das Erfolgsgeheimnis der Barockoboe in der Klangfarbe, aber vor allem im dynamischen Bereich. Ideal also für das theatralische Zeitalter des Barock.

"Deswegen verglich man sie auch mit der menschlichen Stimme und meinte, dass diese Oboen der menschlichen Stimme am allernächsten kämen. Sie konnten praktisch flüstern. Oboen können ganz leise spielen, ganz pianissimo. Manchmal wurde sogar noch nachgeholfen, indem man ein Taschentuch unten in den Trichter hineingab, sie sozusagen dämpfte. Von Pianissimo bis hin zu dem alten, schrillen Fortissimo der Schalmeien, die sie ja immer noch nachmachen können. Und wenn man ganz was Lautes wollte, dann hat man sich ja alle Register gezogen." Marianne Pfau

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 22. Mai 2011, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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