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Buffonistenstreit Folgenreicher Richtungsstreit in der Geschichte der Oper

Manchmal soll es kein sowohl-als-auch geben, sondern ein entweder-oder. In Paris standen sich um 1750 zwei Parteien gegenüber: die einen wollten die Ernsthaftigkeit bewahren, die anderen begeisterten sich für die neue Komik.

Oper Paris | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Manchmal sind es Kleinigkeiten, die Revolutionen auslösen: Im Sommer 1752 gastierte in Paris eine italienische Operntruppe. Sie führte nicht nur eine tragische Oper auf, sondern als Pausenbelustigung zwischen den Akten auch ein komisches Intermezzo: "La serva padrona" von Giovanni Battista Pergolesi - ein einfaches, derbes Stück über eine Magd, die sich zur Herrin im Haus aufschwingt. Für das Pariser Publikum war das völliges Neuland, denn plötzlich prallten zwei musikalische Gattungen und Stile im Repertoire der Pariser Oper aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten: die französische Tragédie lyrique und die italienische Opera buffa.

ERNSTHAFTIGKEIT VERSUS SPASS

"Der Vergleich dieser beiden Musikarten (…) öffnete die französischen Ohren: nach dem lebendigen und betonten Rhythmus der italienischen Musik vermochte niemand mehr das Schleppende der eigenen auszuhalten." Jean-Jacques Rousseau

So berichtet es einer, der an vorderster Front dabei war, als es um die Frage ging, ob nun der italienischen oder der französischen Oper der Vorzug zu geben sei: Jean-Jacques Rousseau, Philosoph und Aufklärer.

"Ganz Paris teilte sich in zwei Lager (…). Die eine Partei war mächtiger, zahlreicher, da sie aus den Großen, den Reichen und den Frauen bestand, und schwor auf die französische Musik, die andere, lebhafter, stolzer, begeisterter, setzte sich aus echten Kennern und allen talentvollen und genialen Leuten zusammen." Jean-Jacques Rousseau

BÜRGERTUM CONTRA ARISTOKRATIE

Es ist unschwer herauszuhören, dass Rousseau selbst ein Verfechter der Opera buffa war. Zwar ging es beim Buffonistenstreit vordergründig um musikalische Fragen: Welcher Stil klingt natürlicher, welcher Stil verschmilzt besser mit dem Gesangstext? Doch spielten auch politisch-gesellschaftliche Auseinandersetzungen eine Rolle: Die Royalisten wollten mit der traditionellen französischen Oper die Glanzzeit der absolutistischen Monarchie bewahren. Die Aufklärer dagegen propagierten die Opera buffa als volksnahes und bürgerliches Genre, dem jeglicher elitäre Pomp fremd ist.

VERSCHMELZUNG ZWEIER IDEEN

Letztlich ließ sich das Rad nicht mehr zurückdrehen: Unter dem Einfluss der Opera buffa entstand bald eine komische Oper in französischer Sprache - eine der ersten dieser Opern schrieb übrigens Jean-Jacques Rousseau: "Le devin du village" - "Der Dorfwahrsager".

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 28. November 2010, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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