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Chor Gesellige Runde zum Zwecke vokaler Musikpflege

Chorsingen ist etwas Wunderbares: aktuell singen in Deutschland wohl über 3 Millionen Menschen in Chören, die es heute in den unterschiedlichsten Stilrichtungen gibt und die die gesamte Historie der Chorgeschichte abbilden.

Chorsänger in der Kirche | W.J.Makowski | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Ursprünglich stammt der Chor vom griechischen Choros ab, einem Ensemble, das in der Antike sowohl tanzte, als auch sang. In frühchristlicher Zeit dachte man bei dem dann lateinischen Wort Chorus an Engelschöre, aber auch an die lobsingende Gemeinde, die ihre Gottesdienste mit responsorialen und antiphonalen Gesängen verschönte. Daraus entstanden erste Choralscholen, und im Laufe des Mittelalters dann auch erste mehrstimmige Kompositionen, für deren Aufführung professionelle Sänger vonnöten waren: der Chor.

GESANG ZUM LOB GOTTES

Die Sänger waren gewöhnlich an den Kathedralen geschulte Knaben und Kleriker - und sicher ist: die Besetzungen waren klein. So klein, dass alle Beteiligten aus einem einzigen Chorbuch singen konnten - auch bei Kerzenlicht morgens um 06:00 Uhr. Während der Renaissance herrschten in der geistlichen Polyphonie weiterhin solistische Profiensembles oder kleine Chöre vor, in denen gelegentlich aber auch Instrumente mitwirkten. Säkulare Madrigale oder Chansons dagegen wurden oft von Amateuren, aber jedenfalls von rein solistischen Ensembles aufgeführt.

Seit Beginn des 15. Jahrhunderts entwickelte sich parallel die venezianische Mehrchörigkeit, eine Praxis, bei der oft vier und mehr Chöre an verschiedenen Stellen in einem Kirchenraum standen und sowohl abwechselnd, als auch in prachtvollen Tuttipassagen zusammen musizierten. Die einzelnen Chöre waren dabei meist mit Instrumenten durchmischt, teils sogar gänzlich mit solchen besetzt.

JETZT NEU: WELTLICH UND MIT INSTRUMENTEN

Auch in der ab etwa 1600 aufkommenden Oper gab es Chöre, jedoch immer von Instrumenten begleitet; wie sie - zumindest als Continuo-Gruppe - in barocker Chorliteratur überhaupt allgegenwärtig sind. Auch andere neue Formen, wie Oratorien und Passionen, verschafften den Chören nun glanzvolle Auftritte. Dafür wurden die Besetzungen eher wieder kleiner. Wie viele Sänger und Instrumente da genau agierten, war von Ort zu Ort verschieden und wird von Fachleuten intensiv diskutiert; exemplarisch sei nur auf die hochemotional geführte Diskussion um Besetzungen bei Bach verwiesen.

UND DANN AUCH NOCH MIT FRAUEN!

Ab dem späten 18. Jahrhundert wuchsen die Chorbesetzungen wieder - gelegentlich geradezu ins Absurde. So musizierten bei den Händel-Gedenkkonzerten Ende des Jahrhunderts in London teils bis zu 1.000 Sänger und Instrumentalisten! Die Wende zum modernen Chorzeitalter zu bestimmen, ist schwierig. Sicher, Beethoven war 1824 der erste, der einen Chor in einer Symphonie beschäftigte - ein wichtiges Datum zweifelsohne. Aber bedeutender scheint doch das Jahr 1791, als nämlich die Berliner Sing-Akademie gegründet wurde, als der erste gemischte Chor der Welt, in dem Musikfreunde aller Konfessionen, auch Amateure, sangen - und ja, tatsächlich: auch Frauen!

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 9. August 2015, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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