BR-KLASSIK

Inhalt

Claudio Monteverdi Eindringlichkeit und Lebendigkeit

Dass er die allererste Oper geschrieben haben soll, ist strenggenommen eine Notlüge - erfunden von der Musikgeschichtsschreibung. Und trotzdem: Den Titel "Opern-Erfinder" hat Claudio Monteverdi sich mit seinem "Orfeo" von 1607 verdient.

Claudio Monteverdi | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Stichwort | 25.04.2020

Claudio Monteverdi

Zugegeben: Wenn man es chronologisch genau nimmt, dann ist Claudio Monteverdis "L‘Orfeo" nicht das erste musikdramatische Werk. Trotzdem gilt er vielen als der Vater der Oper und sein "Orfeo" als das Schlüsselwerk der jungen Gattung. Nie zuvor wurden Madrigale und akkordisch begleiteter Sologesang mit Balletti und instrumentalen Ritornellen so kunstvoll zu einem Gesamtkunstwerk zusammengefügt. Entstanden ist der "Orfeo" während Monteverdis Jahren am Hof der Gonzaga in Mantua.

Weitgereist

Als Sohn eines Arztes war Claudio Monteverdi in behüteten Verhältnissen in Cremona aufgewachsen, wo er bei Marc‘Antonio Ingenieri Musikunterricht erhielt. Seine erste Anstellung führte ihn nach Mantua, wo er sich vom einfachen Viola-Spieler bis in das Amt des Hofkapellmeisters hocharbeitete. Er heiratete, gründete eine Familie. Mantua war zu dieser Zeit zwar nicht der Nabel der Welt, doch spielte die kleine Residenzstadt kulturell in der ersten Liga. Außerdem kam Monteverdi trotzdem in der Welt herum: Er begleitete seinen Fürsten auf einen Feldzug nach Ungarn und – weniger kriegerisch motiviert, sondern vielmehr zu Wellness-Zwecken – ins flämische Spa.

Kapellmeister bei San Marco

22 Jahre steht Monteverdi in den Diensten der Gonzagas, doch beschwerte er sich zuletzt immer häufiger über die Kümmernisse seines Alltags: das feuchte Klima, seine schlechte Bezahlung und die geringe Wertschätzung seiner künstlerischen Leistungen. Im Zuge von Sparmaßnahmen bei Hof wurde ihm schließlich gekündigt, doch hatte er sich ohnehin schon nach alternativen Arbeitgebern umgesehen. Fündig wurde er in Venedig, wo er seine zweite Lebensstellung antrat: Bis zu seinem Tod 1643 prägte er dort das Amt des Kapellmeisters an San Marco und schuf eine Unzahl von Werken für den Gottesdienst.

"Seconda prattica"

Seinen Platz in den Musikgeschichtsbüchern verdankt Monteverdi nicht zuletzt auch seinem unerbittlich ausgetragenen Diskurs mit dem Musikgelehrten Giovanni Artusi. Dieser hatte die Madrigale des Komponisten kritisiert und ihm einen falschen Umgang mit dissonanten Intervallen vorgeworfen. Monteverdi betitelte seine Kompositionsweise kurzerhand als „seconda prattica“, eine neue Art und Weise des Komponierens also, die neben dem überlieferten Stil gleichberechtig sei. Monteverdi  ebnete so den Weg für neue, bis dato ungehörte Klangwelten. Dass er für Neues immer aufgeschlossen blieb, das bewies Monteverdi auch, als er sich auf seine alten Tage hin noch einmal der Gattung der Oper widmete und an die Erfolge seines „Orfeo“ anknüpfte. Überliefert sind uns von seinen zehn Opern nur drei Stücke und dazu eine Vielzahl von Madrigalen, Motetten und Messen. Und die haben über die Jahrhunderte hinweg nichts an der für Monteverdi so typischen Eindringlichkeit und Lebendigkeit verloren. 

Sendungsthema aus "Forum Alte Musik" am 25.04.2020, 22.05 Uhr auf BR-KLASSIK

    AV-Player