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Collegium Musicum Frühe Institution bürgerlichen Musizierens

Das gelegentliche oder regelmäßige Musizieren in ambitionierten Laienensembles hat lange Tradition. Heute heißen sie vielleicht Studierendenorchester, Ärzte- oder Liebhaberorchester; in früheren Zeiten "Collegium Musicum".

Collegium Musicum Ultrajectinum | Bildquelle: Utrecht Archive

Bildquelle: Utrecht Archive

Stichwort | 11.07.2010

Collegium musicum

"Wer sich will auf das Freien legen, der hält,
wie wir zuweilen pflegen, ein musicalisch Collegium.
Wenn wir uns an das Pult verfügen und sehen eine Stimme liegen,
so kehren wir sie fleißig rum. Wir sehen nach, ob schwer zu spielen.
So muss man auch erst insgemein den Mädgen auf die Zähne fühlen,
wie sie gesetzt im Herzen sein."

So dichtete 1730 Christian Friedrich Henrici, genannt Picander; Johann Sebastian Bachs Hauslyriker gab damit eine Momentaufnahme von der Musizierpraxis jenes Leipziger Ensembles aus Studenten, Musikliebhabern und Schülern Bachs, das sich Collegium Musicum nannte.

GEMEINSCHAFTLICHES MUSIZIEREN

"Collegium" (Lateinisch): Amtsgenossenschaft, Bruderschaft, Zunft, Kooperation, Verein, Vereinigung

Der Begriff Collegium Musicum, also musikalisches Collegium, bezeichnet in der Fachsprache der Musik seit dem späten 16. Jahrhunderts eine Vereinigung zum Zweck des gemeinsamen Musizierens. Kennzeichnend war zweierlei: die Collegia Musica waren Ensembles des Bürgertums jenseits von Hof und Kirche, und sie setzen sich ausschließlich oder überwiegend aus Amateuren zusammen: aus Studenten, Stadträten, Ärzten, Anwälten und wohlhabenden Kaufleuten. Man traf sich regelmäßig, probierte Stücke aus und gab ab und an auch öffentliche Konzerte. Bachs gesamte Leipziger Orchestermusik wie auch die meisten seiner weltlichen Kantaten entstanden für die Auftritte mit seinem Collegium Musicum in Leipzig.

DIE NEUESTEN WERKE JOHANN SEBASTIAN BACHS

"Das Bachische Collegium Musicum wird morgen als den 5. September im Zimmermannischen Garten vor dem Grimmischen Tore, den hohen Geburtstag des durchlauchtigen Kurprinzen von Sachsen mit einer solennen Musik unterthänigst zelebrieren."

Als Bach im September 1733 seine Huldigungskantate "Lasst uns Sorgen, lasst uns wachen" mit seinem Collegium Musicum in Leipzig aufführte, neigte sich die Geschichte der Ensembles mit dieser Bezeichnung bereits ihrem Ende entgegen.

WIEDERBELEBUNG DES BEGRIFFS IM 20. JAHRHUNDERT

Mitte des 18. Jahrhunderts kam der Begriff Collegium Musicum zunehmend aus der Mode. Erst im 20. Jahrhundert, im Zuge des Interesses an historischer Aufführungspraxis, wurde der Begriff reanimiert. Manche Originalklangensembles, vor allem aber viele Studentenorchester an Universitäten, gaben sich den Namen Collegium Musicum. Darüber hinaus nannten sich so auch professionelle Kammerorchester, die sich nicht auf Alte Musik spezialisierten. In diesem allgemeinen Sinn steht der Begriff Collegium Musicum bis heute für einen Wegbereiter und Repräsentanten des bürgerlichen Konzertwesens.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 11. Juli 2010, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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